Halbfinale im Confed Cup:Der Weltmeister ist eine Nummer zu groß

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Der Traum vom Finale ist ausgeträumt. Zwei Mal lag die deutsche Nationalmannschaft gegen Brasilien zurück, zwei Mal konnte sie ausgleichen. Doch nach Adrianos 3:2-Treffer konnten Ballack&Co. nicht mehr zurückschlagen. Doch trotz der Niederlage zeigt Klinsmanns Team eine starke Leistung.

Die deutsche Nationalmannschaft lieferte sich am Samstagabend vor 42.000 Zuschauern im ausverkauften Nürnberger Frankenstadion einen leidenschaftlichen Kampf mit dem fünfmaligen Weltmeister. Dennoch reichten Kraft und taktisches Geschick der jungen Mannschaft nicht für eine Revanche für das verlorenen WM-Finale 2002.

Michael Ballack und Bernd Schneider bejubeln das 2:2 durch den Kapitän. (Foto: Foto: dpa)

Die nächste Chance für einen Sieg gegen eine große Fußballnation nach fünf Jahren bietet sich jetzt am Dienstag, wenn die DFB-Auswahl gegen Argentinien oder Mexiko um Platz drei des Acht-Nationen-Turniers spielt.

In einer trotz tropischer Temperaturen leidenschaftlichen und schnellen Partie schossen Adriano per Freistoß und Ronaldinho mit einem Elfmeter die Selecao in der ersten Halbzeit jeweils in Führung. Ebenfalls in der ersten Hälfte glichen der Kölner Lukas Podolski mit einem Kopfball und Michael Ballack per Strafstoß aus.

Eine Viertelstunde vor Schluss markierte Adriano mit seinem dritten Turniertor den Siegtreffer für die Brasilianer, die mit vier Bundesligaprofis in der Startformation angetreten waren.

Kein Respekt vor den Superstars

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Klinsmann sein Versprechen ernst meint, dem deutschen Fußball Angriffslust und Temperament zu verpassen: Das Match gegen den Weltmeister lieferte ihn. Von Beginn an attackierten die Deutschen früh und schalteten nach dem Ballgewinn blitzschnell auf Angriff um.

Von Respekt gegenüber der Fußballgroßmacht war nichts zu spüren. Die Energie und die Geistesgegenwart, mit der sich die Klinsmann-Truppe nach den Rückschlägen sofort wieder aufrappelte, war beeindruckend.

Der brasilianische Trainer Carlos Alberto Parreira hatte vor dem Halbfinale viel über die körperliche und mentale Erschöpfung seiner Spieler geklagt. Und tatsächlich ließ die Selecao zwar immer wieder mit feinen Hackentricks und Übersteigern etwas von ihrer eleganten Magie aufblitzen, doch für furiosen Ballzauber wie noch gegen Griechenland reichten die Kräfte sichtbar nicht mehr.

Das galt auch für die "fantastischen Vier": Die Mittelfeldstars Ronaldinho und Kaka sowie das Sturmduo Robinho und Adriano rieben sich in bissig geführten Zweikämpfen mit den deutschen Defensivspielern auf, die sich meist in Überzahl auf die Südamerikaner stürzten.

Ballack erneut dominierend

Das mit besonderer Spannung erwartete Duell der beiden Regisseure Ballack und Ronaldinho endete trotz der Niederlage mit leichten Vorteilen für den Bayern-Profi. Der 28-Jährige war in seinem 56. Länderspiel ein unermüdlicher Antreiber, in der Abwehr genau so präsent wie im Mittelfeld, wo er die Bälle klug hielt und die Angreifer Podolski und Kuranyi immer wieder mit geschickten Zuspielen einsetzte und sich auch selbst gute Schusschancen erarbeitete.

Ronaldinho dagegen spielte weniger auffällig, forderte auch nicht so stark die Bälle von seinen Mitspielern. Allerdings bewies der Star vom FC Barcelona mit einigen Zuckerpässen mehrmals seine Genialität.

Neben Michael Ballack überzeugte besonders Fabian Ernst, bei den Brasilianern verdienten sich Lucio und Adriano Bestnoten. Adriano, der Stürmer von Inter Mailan, wurde auch zum "Man of the Match" gewählt.

Schneider als Außenverteidiger

Im vierten Spiel der Mini-WM hatte Klinsmann die Aufstellung zum vierten Mal umgebaut, diesmal auf fünf Positionen. Größte Überraschung war, dass Mittelfeldspieler Bernd Schneider für Thomas Hitzlsperger auf den linken Außenverteidigerposten versetzt wurde.

Statt sich auf das Ausputzen zu konzentrieren, leitete der Routinier einen Angriff nach dem anderen ein. Im defensiven Mittelfeld machten Torsten Frings und Fabian Ernst die Räume dicht und ließen der brasilianischen Kreativabteilung wenig Entfaltungsmöglichkeiten.

Erster Treffer nach Ecke in Klinsmann-Ära

Das 0:1 durch Adriano fiel daher aus heiterem Himmel. Gegen den abgefälschten Freistoß hatte Keeper Jens Lehmann in der 21. Minute keine Abwehrchance. Doch nur zwei Minuten später gelang der hochverdiente Ausgleich: Youngster Lukas Podolski köpfte eine Ecke von Sebastian Deisler per Kopf ein. Es war der erste Treffer nach einer Ecke in der Klinsmann-Ära.

Der DFB-Coach hatte vor der "einmaligen Begabung der Südamerikaner" gewarnt, urplötzlich zwei Gänge höher zu schalten und ihren Gegner mit "zwei, drei Zügen Schachmatt" zu setzen. Tatsächlich drehte die Selecao gegen Ende der ersten Halbzeit kurz auf - mit durchschlagendem Erfolg: Robert Huth drängte Adriano ungestüm im Strafraum.

Ronaldinho versenkte den Elfmeter in der 43. Minute eiskalt ins linke Eck. Doch nur zwei Minuten später stürzten und sanken nach Flanke von Deisler gleich drei Deutsche vor dem Kasten Didas zu Boden. Den schmeichelhaften Strafstoß verwandelte Ballack mit seinem dritten Turniertor selbstbewusst zum neuerlichen Ausgleich.

In der zweiten Hälfte machte die DFB-Auswahl weiter Druck und ließ keinen Zweifel an ihrem Siegeswillen. Doch die Chancen von Ballack (61. und 64.) Und Deisler per Freistoß in der 67. Minute wurden vergeben.

In der 76. Minute schließlich wurde das leidenschaftliche Offensivspiel eiskalt bestraft. Adriano konnte sich gegen Huth durchsetzen und Lehmann mit einem Flachschuss von der Strafraumgrenze bezwingen. In der Schlussphase schwanden der Klinsmann-Elf etwas die Kräfte, und der Weltmeister vergab sogar noch Chancen auf einen höheren Sieg.

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