Gruppe G:Fest des Nägelkauens

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Die Schweiz hat viel Mühe beim 2:0 gegen Togo - die Afrikaner scheiden aus.

Christoph Biermann

Sie hatten sich Regen gewünscht, Unwetter und Hagel waren angekündigt gewesen, doch dann lachte der Himmel - und die Schweiz litt. "Vielleicht hatte unser Spiel mit dem Sonnenaufgang über dem Stadion zu tun", sagte Köbi Kuhn, der schweizerische Nationaltrainer.

Die Schweizer Fans bejubeln und würdigen den Torschützen Alexander Frei (Foto: Foto: ddp)

Doch es waren wohl andere Gründe als fehlender Niederschlag und nicht wirklich tropische Temperaturen, die dafür sorgten, dass sich seine Mannschaft zum 2:0-Sieg über Togo mehr quälte als man das hätte erwarten können.

"Heimspiel in Dortmund", hatten die fast 40.000 mitgereisten Fans am Anfang noch gejubelt, doch dann war die Fan-Party lange Zeit ein Fest des Nägelkauens. Erst in der vorletzten Minute erzielte Tranquillo Barnetta von Bayer Leverkusen den zweiten Treffer, der die Chancen aufs Erreichen des Achtelfinale dramatisch vergrößerte.

Im letzten Spiel gegen Südkorea reicht dadurch nämlich ein Unentschieden, weil die Schweiz das bessere Torverhältnis als die Asiaten hat.

Doch diese letzte Partie dürfte nicht leicht werden, denn in Dortmund machte es lange Zeit den Eindruck, als ob die Schweizer Spieler überwältig von der Kulisse wären und verunsichert von der Aussicht, die Tabellenführung in ihrer Gruppe zu übernehmen.

Festival der Fejlpässe

"Zeitweise ein mir unerklärliches Festival der Fehlpässe" erlebte Kuhn auf der Trainerbank. Selbst der stämmige Arsenal-Verteidiger Philippe Senderos brauchte eine Halbzeit, um etwas Sicherheit im Spiel zu finden.

Aber nicht nur er rang verzweifelt mit den Nerven, im roten Trikot war es ein Massenphänomen. "Auf dem Platz ist es doch schwieriger gegen Togo zu spielen als man denkt", sagte Barnetta. Aber den größten Gegner hatten die Schweizer in sich selbst.

Zumindest nach dem Seitenwechsel wurde es etwas besser. Einen Sturmlauf hatte Kuhn in der Pause gefordert, sie sollten die Führung unbedingt ausbauen, "denn es war schließlich egal, ob wir 1:0 gewinnen oder noch Unentschieden spielen".

Platz im Mittelfeld ungenutzt

Beides hätte dazu geführt, dass seine Mannschaft gegen Südkorea unter Siegzwang gestanden hätte. Doch auch nach dem Wechsel nahm die Schweiz "das Angebot des Gegners nicht an", wie Kuhn es formulierte. Togo ließ im Mittelfeld viel Platz, mit dem die Schweizer jedoch wenig anfangen konnten.

"Die Schweiz war realistischer im Ausnutzen der Torchancen", sagte Togos Trainer Otto Pfister, und deshalb gewann sie schließlich verdient. Der erste Treffer war zu zwei Dritteln ein Bundesligator, als in der 16. Minute Ludovic Magnin vom VfB Stuttgart flankte und Barnetta den Ball in den Fünf-Meter-Raum spielte.

Dort schob ihn Alexander Frei über die Linie und durfte erstmals im Dortmunder Stadion jubeln. Das könnte er künftig vielleicht häufiger tun, denn die Borussia möchte ihn zur kommenden Saison gerne als Mittelstürmer verpflichten. "Ich wäre jedenfalls sehr stolz, in diesem Stadion zu spielen", sagte Frei.

Togo bereits ausgeschieden

Während die Schweiz nun zum ersten Mal seit 1966 das Achtelfinale einer Weltmeisterschaft erreichen kann, ist WM-Debütant Togo nach der zweiten Niederlage bereits ausgeschieden. Der Trainer beklagte zwei strittige Szenen, in denen es Elfmeter für Togo hätte geben können. Insgesamt war Pfister aber mit seinen Spielern zufrieden.

"Sie haben heute hundert Prozent gegeben, auch wenn die wochenlangen Querelen an die Substanz und nervliche Verfassung gegangen sind", sagte er. Die ganze Situation sei "turbulent und extrem schwierig" gewesen.

Er forderte, dass fortan bei großen Turnieren alle Mitglieder der Delegation ihren Platz kennen müssten. "Sie brauchen eine genau definierte Rolle und müssen dann 24 Stunden dem Team dienen." Zum Prämienstreit wollte Pfister keinen Kommentar mehr abgeben.

Seine Spieler hingegen gaben unterschiedlich Auskunft. Während Alaixys Romao sagte, dass "alles erledigt" sei, sprach sein Mannschaftskamerad Eric Akoto davon, das Thema würde am Abend nach dem Spiel gegen die Schweiz geklärt.

© SZ vom 20.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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