Gruppe A:Trügerische Hoffnung

Lesezeit: 2 min

Arjen Robben traf zwar per Foulelfmeter, erlebte aber ansonsten keinen schönen Abend. (Foto: Vasily Fedosenko/Reuters)

Die Niederländer gewinnen 3:1 in Weißrussland, aber um doch noch zur WM reisen zu dürfen, müssten sie im letzten Gruppenspiel einen Kantersieg gegen Schweden landen - die derzeitige Form lässt das nicht erwarten.

Von Ulrich Hartmann

Der höchste Sieg in der Geschichte der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft war ein 11:0 vor sechs Jahren gegen San Marino. Einen Erfolg von ungefähr diesem Ausmaß hätten die Niederländer auch am Samstagabend in Weißrussland benötigt, um sich weiterhin reelle Chancen ausrechnen zu dürfen, am kommenden Dienstag gegen Schweden vielleicht doch noch den Sprung in die Playoffs und von dort zur Weltmeisterschaft nächstes Jahr in Russland zu schaffen. Aber die Weißrussen sind ein anderes Kaliber als San Marino. Die Niederländer mussten sich mit einem schmeichelhaften 3:1 (1:0)-Sieg begnügen, durch einen von Arjen Robben sechs Minuten vor Schluss verwandelten Foulelfmeter und einen Treffer von Memphis Depay in der Nachspielzeit. Nun brauchen sie ihr Torfestival unbedingt gegen Schweden.

Das Spiel in Borissow nordöstlich der Hauptstadt Minsk hatte noch gar nicht begonnen, als den Niederländern bereits die Kinnlade heruntergeklappt war. Ihre Hoffnung, die mit ihnen akut um den zweiten Gruppenplatz rivalisierenden Schweden könnten in Solna gegen Luxemburg straucheln oder sich zumindest mit dem Toreschießen schwer tun, erfüllte sich ganz und gar nicht. Noch bevor die Niederländer ihr vorletztes Gruppenspiel begannen, hatten die Schweden gegen Luxemburg bereits mit 8:0 gewonnen. Ein Ergebnis wie Blei für die Beine der Niederländer. Und so spielten sie dann auch.

Ein Sieg mit sieben Toren Unterschied muss her

Vor ihrem finalen Qualifikationsspiel am Dienstagabend in der Amsterdam-Arena gegen die Schweden ist nun klar: Die Niederlande müssen mit mindestens sieben Toren Differenz gewinnen, um noch den zweiten Gruppenplatz zu erreichen. Nach Punkten würden sie die Schweden bei einem Sieg zwar einholen und auch im direkten Vergleich wären sie besser, aber anders als in Wettbewerben der Uefa wie etwa der Champions League zählt in der WM-Qualifikation nicht der direkte Vergleich, sondern das Torverhältnis. So deutet im Grunde alles darauf hin, dass die Niederlande nach den EM-Turnieren 1984 und 2016 sowie den WM-Turnieren 1986 und 2002 zum fünften Mal in ihrer jüngeren Verbandsgeschichte ein großes Turnier verpassen.

In der Startelf standen fünf Premier-League-Legionäre (Daryl Janmaat, Virgil van Dijk, Daley Blind, Georgino Wijnaldum, Davy Pröpper), die in Istanbul beschäftigten Stürmer Vincent Janssen und Ryan Babel, der Barça-Schlussmann Jasper Cillessen und Feyenoord-Linksaußen Tonny Vilhena - und zwei Bundesliga-Spieler: Innenverteidiger Karim Rekim von Hertha BSC sowie Linksangreifer Arjen Robben vom FC Bayern. Robben fungierte als Kapitän, aber es war ihm praktisch unmöglich, die seit drei Jahren darbende Elftal ausgerechnet in diesem wichtigen Spiel zu einer ergiebigen Leistung anzutreiben.

Robben verwandelt einen fragwürdigen Elfmeter

Pröpper brachte die feldüberlegenen Niederländer in der 24. Minute mit 1:0 in Führung, weitere Treffer versagten sie sich zunächst aber leichtfertig selbst. Das zehrte an den Nerven. Statt die Führung ausbauen zu können, mussten sie in der 54. Minute den 1:1-Ausgleich durch Maksim Waladsko hinnehmen. Bas Dost und Memphis Depay kamen neu ins Spiel, aber es bedurfte in der 84. Minute eines zweifelhaften Foulelfmeters, um den schon nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg doch noch zu erringen. Nachdem Dost im Gewühl zu Boden gegangen war, verwandelte Robben den Elfmeter. Kurz vor Schluss klatschte ein Schuss der Weißrussen an die Latte. In der zweiten Minute der Nachspielzeit traf Depay per Freistoß zum 3:1. Die klitzekleine Chance auf die WM lebt so zwar weiter, die Aussichten auf einen Kantersieg am Dienstag sind damit freilich trotzdem minimal.

Die verzweifelte Torhatz in Borissow begleiteten auf der Bank der Trainer Dick Advocaat und sein Assistenz Ruud Gullit mit einem intensiven Dialog. Vielleicht besprachen sie aber auch nur, was sie in Zukunft zu tun gedenken, denn eine Zukunft an der Spitze der Nationalelf könnte sich am kommenden Dienstag bereits erledigt haben.

© SZ vom 08.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: