Großer Preis der USA:Weltmeister Rosberg? Bernie hält nichts davon

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Im Qualifying von Austin landet Lewis Hamilton knapp vor seinem deutschen Rivalen - der Formel-1-Chef Ecclestone langweilt.

Von Elmar Brümmer, Austin

So sieht ein Showdown auf Probe aus: Die letzte Minute in der Qualifikation zum Großen Preis der USA ist angebrochen, Lewis Hamilton liegt direkt hinter Nico Rosberg. Der Silberpfeil des Briten wird langsamer, aber diesmal ist es kein technisches Problem, sondern Berechnung. Abstand halten für die optimale Runde. Und die gelingt dem Titelverteidiger: Mit der Pole-Position in Austin führt Hamilton jetzt zumindest im internen Qualifying-Duell von Mercedes wieder mit 9:8 gegen Nico Rosberg, der lediglich 0,216 Sekunden mehr braucht als sein Rivale. Aber der Wiesbadener, der in den beiden letzten Jahren in Austin Samstags-Schnellster war, liegt in der Gesamtwertung noch mit 33 Zählern in Führung. Hamilton muss auch im Rennen an diesem Sonntag (21 Uhr) angesichts von nur noch 100 zu vergebenden Punkten in den letzten vier WM-Läufen alles geben.

"Eine fantastische Runde", jubelte Hamilton über die gelungene Vorstellung auf dem Circuit of the Americas über den Boxenfunk - es ist seine erste Pole-Position auf dieser Piste, Streckenrekord dazu. Die technischen Pannen zuletzt und die Niederlagen gegen Rosberg haben seinen Kampfgeist neu geweckt. Hinter den beiden Silberpfeilen in der ersten Startreihe stehen die beiden Red Bull-Renault von Daniel Ricciardo und Max Verstappen. Ferrari hatte einmal mehr deutlich das Nachsehen, und wieder kam Sebastian Vettel hinter Kimi Räikkönen ins Ziel, als Sechster - knapp vor Nico Hülkenberg im Force India-Mercedes. Das verspricht Spannung für den 18. von 21 WM-Läufen. "Unsere beiden haben sich gegenseitig angetrieben", frohlockt Mercedes-Sportchef Toto Wolff, "nur der Start ist ein bisschen unsere Achillesferse in dieser Saison. Wir hoffen, dass sie es beide gut hinbekommen und es dann auf der Strecke ausfechten."

Ecclestone über Rosberg: "Es gibt nichts über ihn zu schreiben"

Solche Action tut auch Not, findet Bernie Ecclestone. Er sorgt sich mal wieder darum, dass die Autobahnnation am Ende der Saison zum zehnten Mal in diesem Jahrtausend den Formel-1-Weltmeisters stellen könnte. Der 85-Jährige ignoriert zwar alle modernen Vermarktungsmethoden, ist aber, was Zynismus und Sarkasmus angeht, ein perfekter Showmaster. Gut, er benutzt immer die alten Tricks. Michael Schumacher als Dauer-Champion war ihm irgendwann zu langweilig, Sebastian Vettel ein zu schlechter Verkäufer: "Wie einige andere glaubt er, der Job sei damit getan, schnell Auto zu fahren." Und jetzt nimmt sich der alte und neue Formel-1-Geschäftsführer den WM-Spitzenreiter Rosberg vor: "Wenn Nico den Titel gewinnen würde, wäre das gut für ihn und gut für Mercedes, aber es würde dem Sport nicht unbedingt helfen, weil es nichts über ihn zu schreiben gibt", zitiert die Daily Mail den Zampano, "Du brauchst einen wie Lewis."

Vor allem braucht die Formel 1 beim fünften Gastspiel in Austin eine gute Show auf der Strecke, damit die Besucherzahlen wieder an die 120.000 Zuschauer heranreichen wie im Premierenjahr. Die Tribünen am Samstag waren ganz ordentlich gefüllt - auch, weil Popstar Taylor Swift nach der Qualifikation ein Mammut-Konzert zwischen Kurve neun und elf gab. Das allein lockte 25.000 zusätzliche Fans an, und gibt auch den neuen Vermarktungsherren von Liberty Media recht in den Bemühungen, ein breiteres Publikum anzusprechen. Reichlich Sport- und Filmstars, von Lindsey Vonn bis Christoph Waltz, bevölkerten die Boxengasse.

Wegen Verstappen werden die Regeln verschärft

Der deutsche Streckenarchitekt Hermann Tilke leistet mit einem flüssigen Kurs seinen Beitrag zur Attraktivität des Rennens. Nach dem Start geht es in Austin steil bergauf und dann abrupt nach links, eine Schlüsselstelle auf dem auf dem Circuit of the Americas. Hier hat sich im letzten Jahr Lewis Hamilton gegen Nico Rosberg zum vorzeitigen Titelgewinn gerempelt. Auch sonst bieten sich einige Angriffsmöglichkeiten. Mit Blick auf den jugendlichen Verkehrsrowdy Max Verstappen (19), der sich in den letzten Rennen wiederholt durch häufige und rüde Spurwechsel den Zorn der Fahrerkollegen zugezogen hatte, sind am Samstag die Überholregeln verschärft worden.

Vorausgegangen war ein hitziges Fahrerbriefing, bei dem der mundfaule Kimi Räikkönen sogar ein dreiminütiges Plädoyer gehalten haben soll. Daraufhin hat Renndirektor Charlie Whiting verfügt, dass ein Verteidiger bei seinen Blockaden das Auto nicht mehr seitlich bewegen oder mehrfach die Spur wechseln darf, das werde als "abnormal" gewertet und geahndet. Überhaupt stünde nun jegliche "potenziell gefährliche Fahrweise" unter Beobachtung und Strafe. An den Kragen geht es auch jenen zu überrundenden Verkehrshindernissen, die die blauen Flaggen für die Schnelleren ignorieren. Die Funktionäre wollen den Weg für ein möglichst faires Titelrennen freimachen.

© SZ vom 23.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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