Grandioser Sieg gegen die Slowakei:23:1 für Löw

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Nach einer ausgezeichneten ersten Halbzeit besiegt die deutsche Nationalmannschaft die Slowakei 4:1.

19:0 für Deutschland stand es vor diesem Abend von Bratislava, auf diese knackige Formel hatte es Georgiens Trainer Klaus Toppmöller am vergangenen Wochenende gebracht. Mit dieser beeindruckenden Bilanz hatte Joachim Löw seine ersten vier Spiele als Bundestrainer überstanden, aber jeder wusste, dass das ein bisschen schöner klang als es war. Freundlicherweise durfte da ein 13:0 beim Bezirkligisten FC San Martino hinzugerechnet werden, und so ist das Spiel in Bratislava am Mittwochabend in der Tat ein erster echter Härtetest für Löws schöne Zahlen gewesen.

Am Ende des Abend sahen die Zahlen noch schöner aus als je zuvor: Nach dem 4:1 (3:0) beim EM-Qualifikationsspiel in der Slowakei nach Toren von Podolski (2), Ballack und Schweinsteiger steht es jetzt 23:1 für Löw - wenn nicht alles täuscht, muss sich die Konkurrenz wohl langsamdavon ausgehen, dass die WM aus dem WM-Gastgeber tatsächlich ine andere Mannschaft gemacht hat. Nach drei Siegen aus drei Spielen liegen die Deutschen nur deshalb auf dem 2. Tabellenplatz in der Qualifikationsgruppe D, weil Tabellenführer Tschechien ein Spiel mehr aufzuweisen hat.

Wer nach dem besten deutschen Länderspiel in der jüngeren Vergangenheit forscht, landet womöglich beim Münchner WM-Achtelfinale gegen Schweden, als die Deutschen in der ersten Hälfte Fußball spielten wie lange nicht mehr. Es war ein reinrassiger Klinsmann-Fußball damals, die Spieler rasten nach dem Anpfiff los, als hätten sie in der Kabine rohes Fleisch verputzt. Es war einer dieser unwirklichen WM-Siege, bei denen man den Eindruck nicht loswurde, dass hier eine rauschhafte Mannschaft weit über ihre Verhältnisse spielt. Das Beeindruckende an diesem ersten Hälfte von Bratislava war nun, dass die DFB-Elf mindestens so überlegen war wie bei der WM - aber sie war auch überlegt dabei.

Mintal? Vittek?

Es war keine Klinsmann-, es war eine Löw-Offensive: Das Tempo war nicht so übermenschlich hoch wie bei der WM, dennoch war der Wille erkennbar, jeden Ball nach vorne zu spielen. Mit erhobenem Haupt spielten sich die Deutschen direkt die Bälle zu, es war ein anspruchsvolleres Kombinationsspiel als bei der Motivations-WM im Sommer. Es sah alles sehr leicht aus, wozu aber auch die Slowaken beitrugen, die erstaunlich demütig in dieses Heimspiel starteten.

Mintal? Vittek? Sehr wenig war von Nürnbergs gefürchteten Offensivtechnikern zu sehen, und der Spielverlauf machte die Slowaken nicht gerade mutiger. Mut gab dieses Spiel nur den Deutschen, es war ein Mut, der gelegentlich an Übermut grenzte - wie in der 19. Minute, als Lahm den Torwart Lehmann mit einem etwas kurz geratenen Rückpass bedachte, worauf sich die Deutschen mit einer Kurzpassstaffette über fünf, sechs Stationen befreiten. Zu diesem Zeitpunkt stand es längst 1:0, nach einem Spielzug, der in der eigenen Hälfte mit einem Einwurf des Rechtsverteidigers Clemens Fritz begonnen hatte. Aus seinen Händen gelangte der Ball zu Schneider, dessen Steilpass auf der rechten Seite Miroslav Klose fand, und dessen Hereingabe lenkte Lukas Podolski ins Tor (13.). Zwei Nachrichten steckten in diesem Tor: Erstens muss man sich inzwischen fragen, ob der FC Bayern die richtige Idee für Podolski hat, der mit guten Flanken und Pässen auch sein spielerischen Potenzial andeutete - zweitens muss man sich langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass der unkaputtbare Lust-und-Laune-Kicker Schneider auch die nächste WM in Deutschland als Spieler erleben wird, im Jahre 2042 oder 2046.

Selbstbewusstsein ist ein banales und im Fußball ziemlich überstrapaziertes Wort, aber diese DFB-Elf lässt sich ohne Selbstbewusstsein nicht mehr erklären. Offenbar hat sich in diesem Team inzwischen ein Geist verselbständigt, der es auch durch schwere Spiele trägt. Das Spiel in Bratislava war ja vor allem deshalb mit Spannung erwartet worden, weil es erstmals zu erproben galt, wie das WM-Deutschland außerhalb des eigenen Landes Fußball spielt. Es war im Grunde ja das erste Auswärtsspiel der Ära Löw (wenn man mal vom Auswärtsspiel beim Bezirksligisten FC San Marino absieht) - das letzte echte Auswärtsspiel datierte vom März 2006 und war ein blamables 1:4 in Italien. Es war die gute Nachricht für Löw, dass seine Elf auch auswärts willens und in der Lage ist, das Spiel zu dominieren - zumindest in der ersten Hälfte, in der Ballack (25.) und Schweinsteiger (36.) weitere Tore beisteuerten. Ballack traf per Kopf nach Lahm-Flanke, Scnweinsteiger verwandelte aus spitzem Winkel einen Abpraller, nachdem ihm Torwart Contofalsky einen Ballack-Schuss vor die Füße plumpsen ließ.

Das erste Gegentor

Die gute Nachricht für den Rest der Fußball-Welt war, dass Löws Elf trotzdem noch einiges lernen muss: nämlich, wie man mit so einer Führung eine lockere zweite Hälfte hinbekommt. Die Deutschen ließen es nun ruhiger angehen und verloren dabei ihre Sicherheit. In gleichem Maße fanden die Slowaken zurück ins Spiel, erst recht, als Lehmann das erste Gegentor der Löw-Ära zuließ. In der 58. Minute sprang er an einem Freistoß vorbei, Varga köpfte zum 1:3 ein. Vorübergehend geriet der Erfolg in Gefahr, aber dann setzte die Elf den entscheidenden Konter. Mit Schneiders Pass ging Klose davon, seinen Querpass schob Podolski ein, zum 23:1 für Löw (72.).

© SZ vom 12.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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