Grand Prix in Monte Carlo:Achtung, Playboy am Steuer

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Immer cool bleiben: Der Brite Jenson Button macht sich bereit für die Ausfahrt in Monte-Carlo. (Foto: Mark Thompson/Getty Images)

Jenson Button, 37, Pensionär und Rennstallbotschafter, vertritt Fernando Alonso im McLaren-Cockpit. "Ich bin fit", sagt Button. Doch das muss er genau erklären.

Von Philipp Schneider, Monte Carlo

Man muss sich da wohl wirklich keine Sorgen machen, Jenson Button wird das jetzt durchziehen. Er wird sich am Sonntag in einen Rennwagen setzen und dann ein Rennen fahren, es kann ihn nun niemand mehr stoppen, nachdem er diesen Plan abschließend mit allen Instanzen besprochen hat, die ihn davon noch hätten abbringen können. "Ich habe meine Hunde gefragt und sie haben gesagt: Alles klar, wir kommen schon ohne dich zurecht für eine Woche oder so", sagt Button. Und, ach, richtig, auch die Freundin habe dann noch gemeint, er müsse doch bitte schön das machen, was er halt machen muss. "Ich hätte auch Nein sagen können", sagt Button, er grinst jetzt ein bisschen. Man sieht, dass er sich auf die Pointe freut. Nein sagen könne man schließlich immer, fährt er fort, "allerdings", er grinst immer noch, "niemand will einen Rennfahrer haben, der keine Rennen fährt."

Eigentlich hatte man gedacht, Jenson Button, 37, Weltmeister von 2009, aufgewachsen zwischen Apfelplantagen in der Grafschaft Somerset im Südwesten Englands, sei gar kein Rennfahrer mehr. Nur hatten sein Rennstall McLaren und auch Button nie einen Rücktritt verkündet. Als im vergangenen Spätherbst nach dem Rennen in Abu Dhabi klar gewesen war, dass die zwei verfügbaren Cockpits an Fernando Alonso und das Talent Stoffel Vandoorne vergeben werden würden, hatte ihm McLaren nur noch einen Vertrag als Botschafter angeboten. Botschafter klang vielleicht etwas hochtrabend angesichts dessen, dass McLaren ein Rennstall ist und kein Mitglied der Vereinten Nationen. Aber man darf annehmen, dass Button dieses Rennstallbotschafteramt im vergangenen Dreivierteljahr wie alle Aufgaben in seinem Leben mit enormer Beflissenheit und großer Eleganz bewältigt hat. Er sagt: "Ich wäre an diesem Wochenende doch auch so in Monaco gewesen. Anstatt dass ich rumsitze und Champagner trinke, mache ich jetzt das, was ich machen sollte: Meinen Lebensunterhalt damit verdienen, dass ich Rennen fahre."

"Man kann sich mit ihm bestens unterhalten - über Autos und Sex zu dritt"

Im Nachhinein muss man sagen, dass sie da eine blitzgescheite Idee hatten bei McLaren. Irgendwie scheinen sie es geahnt zu haben, dass ihr etatmäßiger Spitzenpilot Fernando Alonso pünktlich zum Saisonhöhepunkt der Formel 1 in Monte Carlo nach Indianapolis entlaufen würde, um dort am 500-Meilen-Rennen teilzunehmen. Sie hatten wohl gespürt, dass der zweimalige Weltmeister keine Lust mehr haben würde, mit seinem gnadenlos unterlegenen Honda-Motor dem Feld nur hinterher zu tuckern. Sie gaben Button einen Botschaftervertrag, und nun setzt er sich tatsächlich anstelle des Spaniers ins Cockpit.

Allerdings gibt es jetzt Fahrerkollegen, die sich sorgen, Button könnte sich womöglich wehtun in dem Grand Prix, den er 2009 schon mal gewonnen hat. In diesem Jahr ist schließlich alles anders in der Formel 1. Es gibt breitere Autos und Reifen, die Rennwagen sind schneller. Das gilt sogar für den lahmen McLaren.

"Das Auto ist völlig anders. Wenn es dasselbe wie 2016 wäre, wäre es okay", ereiferte sich Williams-Pilot Felipe Massa über die spontane Rückkehr des Formel-1-Pensionärs. "Im Simulator kann man nicht die Reifen verstehen." Button hat sich zumindest mal hinein begeben in den Simulator. Dabei sei er "zweimal im Hafenbecken" gelandet, hat er erzählt. Und dann hat Button sehr laut gelacht. Es ist nämlich so: Bei Button weiß man nie so recht, ob er gerade einen Witz macht, oder ob er doch irgendwie versucht, die Realität abzubilden. Flavio Briatore, der ehemalige Teamchef von Benetton, hat mal über Button gesagt, nachdem er ihn 2003 wegen "mangelnder Konzentration" aus dem Team aussortiert hatte: "Man kann sich über zwei Dinge bestens mit Button unterhalten: über Autos und Sex zu dritt." Der Satz verriet mindestens ebenso viel über Briatore wie über Button, der sich in seinen 17 Jahren in der Formel 1 mit entsprechend nimmermüdem Einsatz das Image eines Playboys erarbeitet hat.

Dennoch hat er nun eine interessante Geschichte erzählt, die weder im Auto noch im Schlafzimmer spielt, sondern im Simulator: "Dort, wo es nach der ersten Kurve den Berg hoch geht, bin ich rechts in die Leitplanken eingeschlagen und habe mich wirklich überschlagen. Zum Glück fühlt sich der Einschlag nicht so heftig an wie im richtigen Auto, aber ein paar Kräfte wirken auch dort."

Seit Jahren betreibt der Brite intensiv Triathlon

Auch dafür, dass er die Testfahrten in Bahrain ausgelassen hatte, wofür er ebenfalls kritisiert wurde, hat er sich nun in Monte Carlo entschuldigt. Die Strecke am Persischen Golf sei schließlich völlig anders als die Hafenrundfahrt in Monaco, argumentierte Button, außerdem hätte er dort auch so nur einen halben Tag proben können. "Meine Erkenntnisse wären absolut nutzlos gewesen." So sieht das auch sein Boss Zak Brown, der sagt: "Jenson kennt Monaco, er hat dort schon gewonnen, er ist 17 Jahre Formel 1 gefahren. Es ist ja nicht so, dass einer zurückkommt, der drei Jahre lang nicht im Auto gesessen hat."

Nein, so ist es nicht. Zumal Button am Sonntag auch kaum Probleme mit den enormen Fliehkräften haben wird, die auf den Fahrer eines Rennwagens wirken. Schon seit Jahren betreibt der Brite intensiv Triathlon, inzwischen trainiert er zweimal täglich. "Ich bin fit", sagt Button. In seiner Altersklasse möchte er an den Weltmeisterschaften auf der Ironman-Distanz auf Hawaii teilnehmen, für die er sich bereits qualifiziert hat. Neulich, bei einem Triathlon über die halbe Distanz in Kalifornien, ist ihm das noch nicht gelungen. Er raste auf seinem Rad zu schnell in eine Tempo-40-Zone und wurde disqualifiziert.

Im Qualifying am Samstag schlug sich Button wacker. Er fuhr vor auf Platz neun. Weil allerdings zuvor ein Turbo getauscht wurde in seinem McLaren, wird er am Sonntag ans Ende des Feldes strafversetzt. Völlig entspannt sei er vor dem Rennen, sagt Button. Nachdem er "in den letzten Monaten vollauf beschäftigt war mit Training und damit, Hundekacke aufzusammeln".

© SZ vom 28.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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