golf training:Die Psyche aufwärmen

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Aufgeregt vor dem ersten Schlag des Turniers? Gut so! Nervosität schärft die Sinne. Ein Profi erklärt,wie mit ihr umzugehen ist.

Von Thomas Gögele

Wer kennt das nicht: Sie freuen sich die ganze Woche auf das Turnier am Samstag, und kaum stehen Sie am ersten Abschlag, haben Sie wieder so ein flaues Gefühl im Magen. Auf der Driving Range sind die Bälle nicht geradeaus geflogen, die Probeputts auf dem Übungsgrün sind auch nicht ins Loch gefallen. Und zu allem Überfluss stehen auch noch eine ganze Menge Leute um den ersten Abschlag und schauen zu. Eine typische Situation. Hier meine Tipps, wie Sie mit diesen Problemen besser umgehen können.

Thomas Gögele (Foto: Foto: Pauk und Gögele Golfmarketing\Frey)

Wenn die Bälle auf der Range nicht fliegen

Natürlich ist es unangenehm, wenn man die Bälle vor der Runde auf der Range nicht so gut trifft. Aber letztendlich sind weder gute noch schlechte Schläge beim Aufwärmen eine Garantie für den Verlauf der nächsten fünf Stunden. Theoretisch könnte man davon ausgehen, dass eine Runde, vor der Sie auf der Übungswiese jeden Ball treffen, ganz bestimmt eine gute wird und umgekehrt. Das wäre auch sehr nahe liegend. Man kann aber auch ganz anders argumentieren: Wenn Sie jeden Ball auf der Range treffen, haben Sie eine hohe Erwartungshaltung an die Runde:"Genau so geht's jetzt weiter", denkt man und lässt die Demut gleich mit den guten Schlägen auf der Range. Bei dem ersten mittelmäßigen Schlag kommt man dann ins Grübeln, verliert das Vertrauen, und die Runde ist futsch. Treffen Sie die Bälle vor der Runde nicht so gut, kann der erste halbwegs gute Schlag Ihr Vertrauen stärken, Sie werden im Laufe der Runde immer sicherer und spielen am Ende vielleicht ein gutes Ergebnis. Mir ist es öfters so ergangen. Nehmen Sie das Einschlagen als das, was es ist: Aufwärmen. Sie gewöhnen Ihren Körper an die Golfbewegung und bauen ein Gefühl auf. Was Sie nicht machen sollten: Ihre Schläge bewerten und Schlüsse daraus ziehen. Weder im Guten noch im Schlechten. Genauso verhält es sich beim Putten.

Eine Zeit lang habe ich mit einem Psychologen gearbeitet, der mich auch auf den Turnieren betreut hat. Nach einer Runde kam er zu mir und gratulierte mir zu meiner guten Leistung, besonders zu meinem sehr guten Putten. Er zeigte sich aber erstaunt, dass ich auf den Grüns sehr erfolgreich war, denn wie er beobachtet hatte, war ich vor der Runde auf dem Putting- Grün nicht besonders zielsicher. Wie konnte ich auf dem Platz gut putten, wenn es vor der Runde schlecht war? Kann passieren. Zwar hatte ich vor der Runde alles vorbei geschoben, aber glücklicherweise habe ich gespürt, warum. Das heißt nicht, dass ich überzeugt war, auf der Runde die Putts zu lochen. Ich hatte nur gutes Feedback, mit dem ich auf die Runde gehen konnte. Und so bekam ich nach dem ersten Putt, der ins Loch fiel, langsam immer mehr Vertrauen, das bis zum Ende der Runde anhielt.

Wenn die Nerven nicht mitspielen

Nervosität auf dem ersten Abschlag kenne ich natürlich auch. Aber nicht nur Sie und ich, selbst die Weltbesten haben bei Großereignissen wie den Majors oder dem Ryder Cup am ersten Abschlag richtig Nervenflattern. Für mich war es am schlimmsten bei meinem einzigen Auftritt bei den British Open 1997 in Royal Troon. Sie können sich vorstellen, dass man am ersten Abschlag des ältesten Turniers der Welt furchtbar aufgeregt ist. Trotzdem ist mir der erste Abschlag gelungen.

Nervosität ist ganz normal, und sie ist auch gut. Sie schärft Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Konzentration und sie dokumentiert Ihr Interesse an der Runde. Um besser mit solchen Zuständen wie zum Beispiel Nervosität umzugehen, haben Psychologen verschiedene Strategien entwickelt. Ein ganz entscheidender Punkt ist dabei die so genannte "Pre-Shot- Routine". Also der Handlungsablauf unmittelbar vor dem Schlag. Auch ich hatte und habe natürlich eine solche feste Routine, und Ihnen kann sie auch helfen. Die "Pre-Shot-Routine" ist der Handlungsablauf unmittelbar vor Ihrem Schlag. Trainieren Sie diesen Ablauf ganz präzise, um ihn wirklich zu verinnerlichen. Die Routine beginnt, nachdem Sie den Schläger für die anstehende Aufgabe ausgewählt haben und dauert maximal 30 Sekunden. Sie könnte zum Beispiel so aussehen: Sie definieren die für den Schlag optimale Stelle auf dem Fairway oder dem Grün, stellen sich die Flugbahn des Balles vor, machen einen Probeschwung, stellen sich an den Ball, ein Blick zum Ziel, ein letzter positiver Gedanke, und los geht's. Ihre Position zum Ball und die Schrittfolge sollten innerhalb dieser Routine immer möglichst identisch sein. Wenn Sie dies kontinuierlich trainieren, wird dieser Ablauf immer natürlicher für Sie. Es wird eine vertraute Umgebung, die Ihnen Sicherheit gibt, auch am ersten Abschlag, wenn überall Leute stehen.

Außerdem: Wären Sie nicht nervös, wäre Ihnen die Runde wahrscheinlich egal. Und das wäre doch sehr schade. Letztendlich können Sie den ersten Schlag auch verhauen. Es sagt genau so wenig über den weiteren Verlauf der Runde aus wie die Schläge oder die Putts davor. Es gibt keine Regelmäßigkeiten im Golf. Das kleinste Detail kann Ihre Runde drehen. Im Guten wie im Schlechten. Nehmen Sie's einfach locker und gehen Sie mit Freude an jeden Schlag.

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