golf spielen:Meine Meinung: Reine Nervensache

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Plädoyer fürs Golfen um Geld

Uli Köhler

Es gibt im Leben ja kaum noch Dinge, die nicht irgendwie diskutiert werden, zerredet, bezweifelt. Ganz oben auf der "da-lassich- nichts-drüber-kommen-Liste" ist eine schöne Golfrunde. Schön ist natürlich relativ und mit Entspannen hat das Ganze auch nichts zu tun. Wichtig ist, dass man nicht um die Ehre, sondern um Geld spielt und dass man nicht mit irgendwelchen zufällig im Turnier zugelosten Dauerlamentierern vier Stunden verbringen muss. Geld? Muss es denn wirklich um Geld gehen? Keine Widerrede - es muss. Dafür gibt es sogar Gründe, nur die besten Argumente und rein gar nichts, was dagegen spricht.

(Foto: Foto: Photodisc)

Ich könnte es mir ja einfach machen und die offensichtliche Frage, "Ja um Himmels willen, muss sich denn alles immer nur um den Mammon drehen?" schlicht beantworten: "Warum denn nicht?" Natürlich haben Sie Recht. Es muss nicht alles mit Geld in Beziehung gebracht werden. Genauer gesagt: Alles andere muss sich nicht immer um die Kohle drehen, Golf schon. Das Spiel mit dem kleinen Ball wird der durchschnittliche Akteur nur perfektionieren, wenn er um Geld spielt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dieses Spiel halbwegs sportlich, also mit einem Minimum an Ehrgeiz, betrieben wird. Wer nur Golf spielt, weil er keinen Rucksack hat und zum Ausgleich ein paar Schläger über den Platz trägt, bitte jetzt sofort aufhören weiterzulesen. Ist sinnlos. Das ist, wie wenn einer auf den Mount Everest will, aber nur dieses lächerliche Geradeaus-Laufen, mit diesen Skistöcken in der Hand zustande bringt und trotzdem glaubt, er sei ganz oben.

Um bei einem Turnier zu bestehen, und wenn es nur der Monatsknopf ist, braucht man nicht zwingend einen Schwung, aber Nerven. Ich spiele oft mit dem Bernd. Um Geld natürlich. Der Bernd hat perfekte Nerven, und wie er selbst, zugibt zwei verschiedene Arten zu schwingen im Repertoire. Wobei der Ausdruck Schwung vielleicht etwas hochgegriffen erscheint. Golflehrer würden eher dazu neigen, es "als Bewegungsablauf, bei dem man den Ball auch treffen kann" zu beschreiben. Mit diesem Bewegungsablauf, bei dem der Ball irgendwie im Wege liegt, spielt er allerdings die Kugel immer kerzengerade. Der Schwung ist also nur teilweise für eine erfolgreiche Runde verantwortlich. Spielen Sie um Geld, und Sie werden Ihre Nerven trainieren. Spielen Sie dabei genau um so viel Geld, dass Sie sich ärgern, wenn Sie verlieren. Spielen Sie niemals um so viel, dass Sie ihren Bausparvertrag auflösen müssen. Golf braucht Spannung. Will man keine Spannung, so nehme der geneigte Leser einen Kochlöffel und haue auf einen Kartoffelknödel.

Selbst auf der PGA Tour wird in den Trainingsrunden gezockt. Jack Nicklaus spielte immer 20 Dollar Nassau (erste neun: 20 Dollar, zweite neun: 20 Dollar, gesamt noch mal 20). Alex Cejka und Frederik Jacobson sind ein bewährtes Trainingsgespann, wenn es um die kleinen Wetten geht. John Daly, wenn es um die großen Wetten geht. Auf dem Putting Green wetten die Weltstars, um die Konzentration hochzuhalten, und selbst Phil Mickelson zockt, wenn man ihn mitspielen lässt. Der hat in Spielerkreisen nämlich den Spitznamen "Genius". Nicht, weil er so gut mit der Kugel umgehen kann, sondern weil er alles besser weiß und damit allen auf den Keks geht. Außerdem vermuten einige, dass er eine Lach-Spange trägt, weil er immer so grinsen muss, wenn die Kameras an sind. Aber das nur am Rande.

Spielen Sie also um Drinks, ums Abendessen, um Ihre Frau (soweit sie den eventuellen Verlust verschmerzen können). Sie werden als geübter Zocker Nerven wie Drahtseile bekommen und beim nächsten Turnier nicht hyperventilieren, wenn Sie ein Birdie gespielt haben, und Sie werden nicht Ihre Schläger im Teich versenken, nur weil Sie dort bereits einen Ball versteckt haben. Was aller Geldeinsatz allerdings nicht wettmacht, ist die fehlende Gerechtigkeit. Zocken Sie nie, wenn Sie an Gerechtigkeit im Golf glauben.

Wenn ich mit dem Bernd spiele, entwickle ich eine ungeheuere Sehnsucht nach diesem berühmten Sprichwort, das besagt, "dass sich im Leben immer alles ausgleicht". Im Zuge dieser Sehnsucht bin ich ein großer Freund von Tommy Bolt geworden, dem legendären Tourspieler aus den USA. ("Wichtig ist, den Schläger immer nach vorne zu werfen, damit man nicht auch noch zurück laufen muss.") Zocke ich nämlich mit dem Bernd, wirft der Golf-Gott seine Bälle selbst aus dem tiefsten Wald wieder heraus und bei mir lippt der fünfte Putt hintereinander aus. Als Tommy Bolt Gleiches auf der US Tour widerfuhr, schwang er seine Fäuste gen Himmel und rief: "Why dont you come down here and fight like a man?" ("Warum kommst du nicht runter und kämpfst wie ein Mann?") Ich liebe Tommy Bolt. Er war auch ein großer Zocker.

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