golf spielen:Innere Driving Range

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Die weite Welt mentaler Hilfsangebote ist um eine Facette reicher: QiGolf

Je länger man golft, desto sicherer wird man - vielleicht auch im Spiel, sicher aber in der Erkenntnis: Golf ist viel zu komplex für das menschliche Gehirn. Und so lechzen Golfer nach Hilfe gegen Konzentrationsschwäche, Verbissenheit, Erfolgsdruck, Ungeduld. Einschlägige Angebote gibt es zuhauf. Seelen- und Schwungheiler setzen auf NLP, Selbstsuggestion oder Yoga, auf Autogenes Training, Kindheitsanalyse und Hypnose, auf Psychoanalyse und sogar "Tiefenentspannung in geheimen Räumen". Das allerneueste Hilfsangebot: QiGolf. Das ist die Anwendung der 2.000 Jahre alten chinesischen Atem- und Meditationstherapie QiGong (ähnlich TaiQi) auf den Golfsport.

QiGong, TaiQi und Co zeigen neue Wege zum besseren Golfen. (Foto: Foto: Reuters)

Auf zum QiGolf! Golfpark Margarethenhof, oberhalb des Tegernsees. Schon vor dem Frühstück sitzen wir bei einer fernöstlichen Tee-Zeremonie, gehen andächtig im Kreis, verbeugen uns immer wieder voreinander und versuchen, "die Wonnen des Wachsens" zu finden. Wir hören kluge Erkenntnisse wie: "Der Westen wird von Eile beherrscht. Der Osten beherrscht die Zeit." Zwischendurch gibt es kleine Vorträge, Gedankenexperimente und witzige Denksportaufgaben. Räucherstäbchen sorgen für milde Düfte zu milder Musik. Wir animieren unsere westlich steifen Knochen zu QiGong-Bewegungen. Dann geht es um Energiefelder, Energiefluss, Kontemplation. Um Gelassenheit, Zentrierung, die innere Mitte und den Unterschied zwischen Konzentration, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung. Um Fehler, die es zu machen gilt, um daran zu wachsen. Entwickelt haben das Programm die kursleitenden Eheleute Veronika (51) und Hannes (69) Boventer. Sie ist Qi- Gong-Lehrerin, er war Touristikchef der Lufthansa und gibt seit 30 Jahren Kurse in Charisma-Training. Die beiden sehen QiGolf als Fortsetzung des Buches "Zen und die Kunst des Bogenschießens". Beim halben Dutzend Teilnehmer muss manche Skepsis überwunden sein. Vally, Bankkauffrau, ist von ihrem Pro geschickt worden, "weil ich mich manchmal nicht konzentrieren kann". Meditation hat die 66-Jährige, Handicap 33, noch nie gemacht. "Ich komme aus einem sehr nüchternen Beruf und war immer nur für die Familie da." Reiner, 49, Management- Ausbilder, kennt Meditationen ("Meine Frau macht so was") und fühlte sich mit Handicap 12 "vom Golferischen an der Grenze". Golfpro Achim, 39, findet:"QiGolf geht tiefer und weiter als die vielen anderen Mentaltrainings."

Er hat's kapiert!

Während der Kurswoche hatten sich QiGong und Golf verzahnt, die QiGong-Bewegungen der Teilnehmer wurden fließender. Manch fernöstliche Körperübung ähnelt einem Golfschwung. "Der entscheidende Schritt", so Hannes Boventer, sei "die Umsetzung der Übungen in Imagination". Also haben am letzten Tag alle einen Ball vor sich gelegt, Schrift nach oben. Die Konzentration vor dem Schlag soll mit der Erinnerung an die Übungen verschmelzen, damit "sich alles in imaginäre Vorgänge umwandelt". Ein Teilnehmer staunt: "Es funktioniert, wie ein Schalter." Ein anderer: "Wie Driving Range inside". "Nur", sagt Hannes Boventer, "für langfristige Erfolge muss man weiter daran arbeiten. Eigeninitiative ist gefordert".

Vally spielte bald das erste Turnier. Und? "Nee, es klappte nicht wirklich besser." Anders Manager Reiner. Der hatte schon beim Kurs "ein Schlüsselerlebnis. Ich brauche wirklich einen Umweg, Bilder. Und da war plötzlich das Bild vom Mühlrad." Beim Schwung an ein Mühlrad denken, so rund, so wunderbar gleichmäßig. Der Pro habe zu ihm gesagt: "Unglaublich. Er hat's kapiert. Er kann es plötzlich". Und der Autor? Schlägt auf der ersten Runde nach dem Kurs aus 193 Metern um zwölf Zentimeter am ersten Hole in One seines Lebens vorbei. Zwölf Zentimeter zu wenig zentriert: Golf ist doch zu komplex.

Kontakt QiGolf: www.dr-boventer.de Tel.: 08046-369. Neben Kursen in Kleingruppen sind auch Einzeltrainings möglich.

© Bernd Müllender - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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