golf spielen:Illusion in Grün

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Zeit für eine erste Annäherung - aber bitte nicht vor allen Leuten

Im Frühling, heißt es ja, soll man sich neuen Herausforderungen stellen, im Frühling verliebt man sich in der Regel ja auch neu, warum also nicht in eine Sportart, warum nicht ins Golfspiel, ja, warum eigentlich nicht? Die Annäherung an diesen wunderbaren Sport vollzieht man, als ersten Schritt, nicht auf einem prachtvollen Grün, wo jeder zusehen kann, sondern in einer Halle - wie man sich ja mit einer neuen Frau auch nicht gleich in die Prärie hinauswagt, sondern ein stilles Restaurant vorzieht. Nähe entfaltet sich gern in geschlossenen Räumen, schon deshalb ist es gut, dass es diese so genannte Golf-Indorhalle gibt, Bestandteil der Münchner Golfschule von Holger Fluß, in der Benediktbeurer Straße.

Golfen in der Indoor-Halle (Foto: Foto: Corbis, Muehlberger)

In Sichtweite des Asam-Schlössls also liegt ein von außen fabrikartig anmutender Zweckbau, in dessen Bauch sich elf Abschlagplätze befinden, ein Putting Green und ein Bunker. Bis zum Bunker haben wir uns gar nicht vorgewagt, mit dem Abschlag schließlich fängt es an, das Golfspiel, und in der Indoorhalle heißt das: mit Schwung den kleinen Ball in ein Fangnetz schmettern. Hinter den Netzen aber hängen Reklametafeln, eine davon beschrieben mit dem Slogan einer Autofirma. "Kennen Sie das gute Gefühl, unterschätzt zu werden?" Der Slogan erwies sich als psychologisch belastend. Wir versuchten erste Abschläge, schlugen große Löcher in die Luft, verbogen uns, als verfügten wir über eine Wirbelsäule aus Gummi. Der junge Golflehrer klopfte uns anerkennend auf die Schulter und rief uns zu, was jeder gute Lehrer jedem Schüler zuruft, der sich in einer Disziplin versucht, in der es auf fachgerechte Handhabung des Körpers irgendwie ankommt: Nicht so verkrampft, nur nicht so verkrampft, rief der Lehrer - aber unsere Bemühungen sahen wohl im Ganzen ziemlich lächerlich aus, denn ein paar andere Golfer in der Halle glucksten und grinsten und bei der Gelegenheit konnten wir uns sehr wohl die Frage stellen, ob das Gefühl, unterschätzt zu werden, tatsächlich immer und überall so gut ist.

Aber egal, die Golflehrer in der Halle tun alles, damit es besser wird, vielleicht müssen sie Illusionisten sein, um einem Anfänger das Gefühl geben zu können, irgendwann werde es besser. Die größte Illusion in dieser Halle aber ist der Golfsimulator. Der Ort, an dem ein Raum alles Begrenzende verliert und sich erstreckt ins Unendliche, bis zur berühmten Anlage von Pebble Beach zum Beispiel. Deren Grüns liegen vor einem auf einer Leinwand, die das Herzstück eines Käfigs ist, in den man steigt, um den Ball in die vor einem ausgebreitete Herrlichkeit zu kloppen. Das Gerät, eine Art begehbare PlayStation, ist aufgemotzt mit allerlei Sensoren, Projektoren und Touchscreens, die es möglich machen, dass man den geschlagenen Ball tatsächlich fliegen sieht auf der Leinwand, auch dessen Schatten ist deutlich im Bild. Der Geruch von frisch gemähtem Gras scheint einem in die Nase zu wehen, die Illusion ist vollkommen. Ohne sich zu überanstrengen, durchmisst schon der Anfänger, dem der Begriff Platzreife noch ein Fremdwort ist, gelassen die schönsten Plätze der Welt. Allerdings: Er ist brutal im Urteil, der Computer, er hat ja kein Herz. "Your ball has landed out of bounds" - dieser ernüchternde Schriftzug leuchtete uns von der Mattscheibe unablässig heim. Die anderen Gäste grinsten sparsam, es sah mitleidig und spöttisch aus, ihr Grinsen, aber doch mit einem eindeutigen Hang ins Mitleidige. Was die Sache nicht erträglicher macht.

Wir setzten uns an die kleine Bar und schauten den anderen beim Spielen zu. Dort ploppten die Bälle ins Fangnetz, hier stieg eine echte mittelalte Frau in den Käfig und zauberte den Ball auf Zentimeter ans Cyber-Loch heran. Ihre Hose war schneeweiß, der Rasen war Illusion, aber grün; die Luft war wirklich, dafür nicht zu stickig. Eigentlich keine schlechte Idee, so eine Golfhalle. Aber, versprochen, beim nächsten Mal zieht es uns schon hinaus ins Grüne.

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