golf spielen:Ein Spiel für Kerle

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Warum Golf auf jeden Fall ein richtiger Sport ist

Ernst Fischer

Vielleicht sollte man ja nur noch mit Golfern seine Freizeit verbringen. Auch in der kälteren Jahreszeit. Neulich beim Kartenspielen, allein unter Nichtgolfern, tauchte wieder einmal die Frage auf, ob Golf überhaupt ein Sport sei. Doch eher Spazierengehen mit Balli-Balli-Spielen? Eigentlich hatte ich keine Lust, auf so viel Ignoranz einzugehen, aber da wahrscheinlich immer wieder Golf-Kameraden und -Kameradinnen solchen Provokationen ausgesetzt sind, will ich mich doch mit dem Vorfall beschäftigen, auch ein wenig als Argumentationshilfe.

Der "echte Golf-Kerl" (Foto: Illustration: Rita Berg)

Vor allem ein Tennisspieler in der Runde hatte sich hervorgetan. Ausgerechnet so einer. Der läuft doch vom Platz bei den ersten Regentropfen, während ein Golfspieler weiter seine Bahnen zieht, bei Regen von vorn und sogar bei Schnee. Und seien wir ehrlich, es ist doch viel leichter, einen Ball zu schlagen, der schnell angeflogen kommt, als einen, der still vor einem ruht. Was kann sich der Tennisspieler schon groß Gedanken machen, wie er ihn zurückschlagen soll, er hat ja gar keine Zeit dazu. Beim Golf liegt der Ball einfach und fies da. Ganz schön anstrengend, bevor die Anstrengung des eigentlichen Schlages erfolgt. Erst die Wahl des richtigen Schlägers, dann die mentale Vorbereitung, vor dem geistigen Auge geht der Spieler den Schwung durch, die Flugbahn bis zum Ziel, der Körper des Athleten will koordiniert und justiert sein, die Erinnerung an die letzte Golfstunde kommt, die Angst, einen missglückten Schlag zu fabrizieren steigt sekündlich ...

Oder nehmen wir Reiten, da macht doch das meiste das Pferd, wenn ich nicht irre. Der Reiter sitzt bequem im Sattel und lässt das Pferd laufen oder springen. Ohne Pferd käme so ein Reiter doch nie über das Hindernis. Selbst den Vergleich mit dem Autorennsport, mit der Formel 1, muss Golf nicht scheuen. Hier ist es das Auto, das über Sieg und Niederlage entscheidet. Der wunderbare Schumi, was wäre aus seiner Karriere geworden, wenn sie ihm keinen Ferrari gegeben hätten, sondern, sagen wir, einen Minardi? Und unsereiner zieht die Karre höchstselbst über Stock und Stein!

Golf sei doch nur eine Art Glücksspiel, auch so ein Argument hört man gern. Da hat einer im Fernsehen ein Hole-in-one gesehen oder wie ein 15-Meter-Putt ins Loch fiel. Tja Leute, Zufall ist das nicht. Der Ball sollte ins Loch. Darauf zielt das ganze Spiel. Golf ist zweifellos Sport, Gott sei Dank mit einem hohen Anteil Spiel. Und wer ist der bekannteste und best - verdienende Sportler der Welt (Betonung auf Sportler)? Unsere Nummer eins: Tiger Woods, einer zum Vorzeigen, ein Modellathlet. Gern wird von notorischen Golf- Kritikern an dieser Stelle John Daly ins Feld geführt. Der zugegeben leicht übergewichtige Amerikaner konnte mit Bierdose und brennender Zigarette in der Hand immer wieder mal ein Turnier gewinnen. Und das soll richtiger Sport sein, heißt es dann. Ja! Ausnahmen bestätigen die Regel. Und Fußballer rauchen und saufen halt nicht auf dem Platz.

Golf ist ein Sport, der nicht entstellt (Boxen, Ringen), der nicht zum Invaliden macht (Fußball, Handball), wofür es kein Doping braucht (Radfahren, Leichtathletik), für den man nicht besonders groß (Basketball, Volleyball) oder besonders klein (Galoppsport, Gewichtheben) sein muss. Er ist technisch anspruchsvoll und fordert mental. Und da die Spielfläche im Golf nicht eben, kaum begrenzt und nicht überdacht ist, sondern sich in freier, oft wilder Natur befindet, kommt sogar noch ein Schuss Abenteuer ins Spiel. Nicht wenige sind auf der Suche nach ihrem Ball im hohen Rough fast verloren gegangen, andere hatten unerwartete Begegnungen - mit Bären in Kanada, Löwen in Afrika, Kobras in Indien oder FKK-Anhängerinnen in Norddeutschland.

Trotzdem sei das kein Sport, sondern eine Beschäftigung für Memmen, beharrte einer meiner Kartenfreunde. Er habe schon zwei Mal erlebt, wie ein erwachsener Golfspieler, den Tränen nahe, über sein Spiel auf der Runde gejammert habe. Nun, Kameraden, über diesen Punkt sollten wir nachdenken. Wir müssen psychisch noch stabiler werden. Damit es nicht ewig diese Missverständnisse um unseren Sport gibt. Also Kerle, fangen wir doch gleich in der neuen Saison damit an.

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