golf spielen:Ein Herz aus Golf

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250 Jahre Royal & Ancient Golfclub of St. Andrews: Eine Geschichte von Liebe, Tradition und Kommerz

Das ist irgendwie ein ziemlich besonderer Moment." Jener, der diesen Satz ein wenig nachdenklich in sein Mikrofon spricht, ist Arnold Palmer mit seinen 74 Jahren. Die fast tausend Herren, allesamt Mitglieder des Royal & Ancient Golfclub of St. Andrews, die da unterhalb seines Rednerpultes sitzen, haben seine Karriere über Jahrzehnte verfolgt. Irgendwie, so scheint es, war Arnold Palmer immer da, hat die Entwicklung des Profisports von einer Insider-Veranstaltung zu einem milliardenschweren Unternehmen mitgemacht. Aber an einem Tag wie diesem steht Palmer am Mikrofon und bilanziert nicht seine Laufbahn, sondern jene des Royal & Ancient Golfclub of St. Andrews. Die reicht weit, weit zurück, ein Vierteljahrtausend genau genommen, in Zeiten, in denen die British Open noch gar kein Thema war. Und da wird klar, dass Palmer mit seinen zwei British-Open-Siegen nur ein winziger Teil einer 250-jährigen Geschichte ist.

Bild für die Ewigkeit: der Old Course, St. Andrews (Foto: Foto: DPA)

Grund genug also für den einflussreichsten Golfclub der Welt, seinen Geburtstag zu feiern: in einem riesigen Zelt direkt neben dem Clubhaus, erstem Abschlag und 18. Grün, in dem fast sechs Wochen lang Dinner und Empfänge abgehalten werden, sowie am Ende ein großer Ball. Da treffen sich Mitglieder aus Rio de Janeiro und Lima, aus Detroit und Chicago, aus Köln und München, aus London und eben auch aus St. Andrews. Es ist die zweifellos gemischteste Mitgliedschaft, auf die es ein Golfclub nur bringen kann. Sie besteht aus amerikanischen Multimillionären und schottischen Landwirten, aus dem Herzog von York, Prinz Edward, den sie im vergangenen Jahr anlässlich des Jubiläums zum Captain des Clubs gemacht haben, aus British-Open-Siegern wie dem Australier Peter Thomson oder Arnold Palmer. Die Neigung zum Golfspiel ist es, die sie alle verbindet. Nur so lässt sich vielleicht verstehen, weshalb sie beim Abschlussball der 250-Jahr- Feiern höchst merkwürdige schottische Tänze miteinander aufs Parkett legen, die nur Menschen in Kilts beherrschen, die hier aufgewachsen sind oder dem Club seit mindestens 50 Jahren angehören.

"Das Herz des R&A sind Mitglieder, die das Spiel lieben und bereit sind, sich zugunsten des Spiels zu engagieren", erklärt Peter Dawon als Secretary des R&A den Motor hinter einem Club, der die Geschehnisse des Golfsports in vielerlei Hinsicht dirigiert. Die Ausrichtung der British Open ist nur die augenfälligste davon. Gemacht hat sich das Turnier, das 1860 zum ersten Mal in Prestwick abgehalten wurde, zu einem millionenschweren Unternehmen, das dem R&A einige andere Aktivitäten ermöglicht. Mehr als 19,5 Millionen Pfund an Spendengeldern, die komplett aus British-Open-Erlösen stammen, sind allein seit 1990 in Golfprojekte in allen Teilen der Welt geflossen, egal ob in Zentralafrika, Südamerika oder Asien. Daneben sind es die Golfregeln, die der R&A beherrscht, seitdem sie 1744 von der Honourary Company of Edinburgh Golfers formuliert wurden. Zusammen mit der United States Golf Association, die für Nordamerika und Kanada die Regularien gestaltet, formuliert man die Gesetze, die in der Folge jeden Golfer am Wasserhindernis, im Bunker oder am Abschlag irritieren. Die Regeln bezüglich des Aussehens der Ausrüstung aber sind es, die den R&A selbst vor die größte Herausforderung stellen. Die Begrenzung von Schlägerkopfgrößen, Spinraten und Putterformen ist zu einem stetigen Wettlauf mit den Ausrüstungsherstellern geworden. Schließlich nimmt der Club mit seinen 1.750 Mitgliedern es hier mit einer Industrie auf, die sich den jüngsten Verkaufserfolg eines Riesendrivers nur ungern von einer Regeländerung kaputtmachen lässt, die in einem 200 Jahre alten, grauen, steinernem Clubhaus in einem schottischen Städtchen namens St. Andrews festgelegt wurde.

Die Fülle der Aktivitäten ist letztlich Beweis dafür, dass dieses weltbekannte Clubhaus nur eine Hülle ist für eine Unzahl von Aufgaben des R&A, die in der Folge den Golfsport beeinflussen. Da scheint es für die R&A-Mitglieder denn auch nach wie vor von untergeordneter Bedeutung, dass sie keinen eigenen Golfplatz besitzen. Der Old Course nämlich, neben dem sie ihr Jubiläums-Festzelt aufgeschlagen haben, ist entgegen der landläufigen Meinung keineswegs der Heimatplatz des R&A, sondern eine öffentliche, städtische Anlage, die jedermann zugänglich ist - und eben auch den Mitgliedern des R&A.

"Wir haben oft darüber nachgedacht, ob wir einen eigenen Golfplatz bauen sollen", sinniert Dawson. "Aber es macht für uns einfach keinen Sinn, weil viele der Mitglieder oft nur für eine Woche im Jahr nach St. Andrews kommen, um hier zu spielen." In Wochen wie diesen steigen die Multimillionäre und die Verbandsfunktionäre, die Rechtsanwälte und die Landwirte meist in irgendeinem kleinen Bed & Breakfast in St. Andrews für 30 Pfund die Nacht ab. Sie schnappen sich morgens ihr Golfbag, gehen zu Fuß zum Clubhaus am Old Course und genießen den Blick auf die kleinen Hügel und Wellen auf Bahn eins und 18, auf den Strand rechter Hand und die Dünen entlang des Platzes. Das Clubhaus neben dem ersten Abschlag - das Bild dieses Platzes ist seit ewigen Zeiten das gleiche und wird es wohl für immer bleiben.

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