golf spielen:Der Ölscheich am ersten Abschlag

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Oder: Warum der Kaiser am Ende doch recht hat

Haben Sie am ersten Abschlag schon mal einen Ölscheich getroffen? Einen, der Sie fragt, ob Sie mit ihm auf die Runde gehen wollen? Der Sie am fünften Loch zu einer Runde in den Emirates Golf Club in Dubai einlädt (den, mit dem schönen Clubhaus und dem schwierigen Par 5 am Wasser)? Der sich am siebten Loch schließlich erkundigt, was Sie denn geschäftlich so tun? Und der Ihnen am zwölften, ausgerechnet nach einem Socket, einen schönen Auftrag anbietet? Sie spielen dann wie auf der siebten Wolke, treffen alle restlichen Drives mitten aufs Fairway, lochen sogar auf dem siebzehnten Grün - über die zwei Wellen - mit nur zwei Putts ein. Zurück im Clubhaus, bei einem kleinen Drink, machen Sie die Sache dann fest. Sie unterschreiben mit dem Ölscheich einen Letter of Intent. Und freuen sich schon auf die nächste Runde. Die wird dann mit einem amerikanischen Milliardär sein, der in Deutschland gerade auf Einkaufstour nach neuen Geschäftspartnern ist. Und alle halbe Jahre treffen Sie am ersten Abschlag rein zufällig einen Anlageberater, der Ihnen über achtzehn Löcher sagt, wo Sie das verdiente, überschüssige Geld vernünftig investieren können.

Franz Beckenbauer - Golfer und Geschäftsmann. (Foto: Foto: AP)

Ölscheichs spielen natürlich nicht sonntags um acht.

Sie haben das in den letzten zwei Jahren schon wenigstens dreimal erlebt? Dann gehören Sie zum guten Durchschnitt der deutschen Geschäftsleute. Erst wenn es mehr als zehn Mal pro Saison vorkommt, sieht Sie Franz Beckenbauer von der Werbetafel freundlicher und fast wie einen Kollegen an. Aber mal im Ernst. Ich gebe zu, dass ich zu denen gehöre, die das noch nicht erlebt haben. Der Pro hat mir gesagt, das läge an meinem Schwung, den ich dringend verbessern müsste. Meine Frau meinte, ich müsse ganz einfach mehr spielen. Dann würde mein Spiel besser und dann hätte ich auch mehr Chancen, einen Ölscheich zu treffen. Denn Ölscheichs spielen natürlich nicht sonntags um acht, sondern donnerstags um halb drei, wenn normale Geschäftsleute, wie sich das gehört, eben Geschäfte machen. Und als ich dann alle Termine sausen ließ und wirklich donnerstags um viertel nach zwei auf dem Golfplatz erschien, da war am ersten Abschlag gerade Seniorentag.

Könnte es daran liegen, dass Golf gar nicht so viel mit Geschäft zu tun hat? Ich vermute das in der Tat. Das Urteil des geschäftsfördernden Golfsports ist ein Vorurteil. Es hilft den Clubs, Mitglieder zu gewinnen. Es bringt den Proshops Umsatz. Und es ist sicher auch für die Taylor-Mades und Pings dieser Welt nicht von Nachteil. Mit der Realität hat es aber wenig zu tun. Ich habe jedenfalls noch von wenigen Geschäften gehört, die auf dem Golfplatz geschlossen wurden. Und wenn Sie zwei Herren auf der Bank am sechsten Abschlag in intensives Gespräch vertieft sehen, dann geht es eher um die Blondine, die gerade am Fünften abschlägt und die man natürlich allein der Etikette wegen vorbeilassen will.

Der Kaiser hat doch gar nicht so unrecht.

Golf ist für das Geschäft untauglich, weil man sich beim Golfen wie beim Geschäft konzentrieren muss und beides zusammen eben schlecht geht. Entweder Golf oder Geschäft. Basta, würde unser Kanzler sagen. Aber das ist dann doch etwas zu kurz gesprungen. Es gibt kein Vorurteil, das so ganz aus der Luft gegriffen ist. Wo ein Grün ist, muss auch ein Loch sein. Beim Golfen macht man zwar kein Geschäft, es hilft aber:

Erstens, weil man beim Golfen häufig Menschen trifft, die, wie man selbst, auch Geschäfte machen wollen und manchmal passen die Dinge eben zusammen.

Zweitens, weil Golfclubs ein wunderschönes Netzwerk potenzieller Kunden sind. Haben Sie sich nicht schon einmal gewundert, warum so viele Rechtsanwälte, Agenturchefs, Autoverkäufer oder Ärzte Golf spielen?

Drittens, weil man viel erfährt, wie die Konjunktur läuft, was sich wo tut und wer was erfolgreich oder weniger erfolgreich gemacht hat. Und viertens, weil man Leute näher kennen lernt und sie besser einschätzen kann. Beobachten Sie mal, wie Ihr Mitspieler "besser legt", wie ein Luftschwung am Ende nur ein Probeschwung war oder wie er unerwartet einen Ball findet, der mitten im tiefen Rough gelandet ist. Solche Kenntnisse können für das Geschäft Gold wert sein.

Sehen Sie, der Kaiser hat doch gar nicht so unrecht, wenn er Golf und Geschäft verbindet.

© Martin Hüfner - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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