golf reisen:Big Ws

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West Hill, Worplesdon und Woking: ein Weekendtripp zu Londons Heideplätzen

Manchmal ist die Welt ganz einfach ungerecht. Surrey, die Region südwestlich von London, ist ein prima Beispiel dafür. Dort findet sich perfektes Golfland in Hülle und Fülle - so viel, dass man sich fragt, warum nicht zumindest ein Stückchen davon daheim vor der eigenen Haustür liegt. Das Positive daran ist immerhin, dass Surrey keine zwei Stunden per Flieger entfernt liegt, dass Billig- Airlines London von Deutschland aus in Mengen anfliegen - und somit ein perfektes verlängertes Golf-Wochenende ohne großen zeitlichen und bei erträglichem finanziellem Aufwand möglich wird. Golferisch betrachtet führt der Flug in eine andere Welt.Weil die "Big Ws", wie man die Plätze West Hill,Woking,Worplesdon,Wentworth und Walton Heath nennt, den deutschen Besucher zumindest teilweise Bekanntschaft schließen lassen mit einer Art von Golfspiel wie sie hier zu Lande völlig unüblich ist.

Der West Hill Golf Club (Foto: Foto: Inglis)

Wentworth und Walton Heath, beides erstklassige Anlagen, lassen wir an dieser Stelle allerdings schon deshalb vor, weil beide Anlagen extrem privat sind, vor allem aber horrende Greenfees verlangen. West Hill, Woking und Worpleson sind da ganz anders gestrickt. Mitten in der Londoner Vorortszenerie gelegen, umgeben von Ampelanlagen und Hauptverkehrsstraßen, stoßen die Grenzen der drei Clubs beinahe aneinander. Der Blick fällt auf nicht übermäßig imposante Clubhäuser mit einer gemütlichen Bar, deren Stühle und Bänke allerdings kein etablierter deutscher Club für akzeptabel erachten würde. Der Teppichboden in der Garderobe ist reichlich abgenutzt, zur Driving Range trabt man bitteschön mit den eigenen Übungsbällen, die man im Anschluss auch wieder aufzusammeln hat. Der Pro sitzt seit Jahrzehnten im gleichen Kabuff und die handfesten Lambswool-Pullover halten offenbar auch stürmischeren Tagen stand. Daneben, am Putting-Grün von West Hill aber, sehen wir einen kleinen Jungen, der ziemlich kunstvoll die Bälle chippt und die dumpfe Ahnung aufkommen lässt, dass man Golf spielen kann in diesem Club.

18 Löcher später hat sich die Vermutung stark verdichtet: Man tut gut daran, hier sein Bestes zu geben, weil der Score sonst ungeahnte Höhen annimmt.West Hills Löcher nämlich, die schwersten der drei Ws, ziehen sich auf optisch bezaubernde, insgesamt aber sehr trickreiche Art und Weise durch Heideland, das von dichtem Baumbestand gesäumt wird. Die Heide, ab und an kombiniert mit Ginster, findet sich durchaus auch in Form von größeren Ansammlungen inmitten der Fairways wieder, an deren Ende sich nicht allzu große, aber äußerst schnelle Grüns mit unzähligen Breaks befinden.

Das Gelände ist in Worplesdon, dem bekanntesten der drei Ws, ebenso leicht hügelig wie in West Hill und Woking. Es schafft perfekte Ausblicke vom Tee auf Heide und Ginster, kleine Bachläufe und leicht erhöhte gelegene Grüns. Die Par 3s sind auf allen drei Plätzen mal scheinbar winzig klein und kurz, mal mit deutlich mehr als 150 Metern durchaus stramm. Es macht die Sache nicht unbedingt einfacher, dass die Bäume so ausgewachsen sind, dass sie ständig im Spiel sind. Das Erfreuliche an all' diesen Schwierigkeiten ist, dass sie sich auf erstklassigen Golflöchern abspielen, die niemals langweilig werden; Der Platzzustand ist gut, die Grüns sind schnell und die Briten hier schlagen ein recht flottes Tempo an, dem man sich besser anpassen sollte, weil eine Runde über vier Stunden als langsam gilt. Man sollte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass es auch in Surrey oft kräftig windet, was dann zu diesem typisch britischen Golferlebnis führt, das man im Anschluss bei einem Glas Tee mit Rum auf den Ledersesseln an der Bar verarbeitet. Wie gesagt - das Ganze ist nur zwei Stunden von zu Hause entfernt - aber eine völlig andere Welt.

© Petra Himmel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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