Golf in Augusta:Seine Spielwiese

Lesezeit: 2 min

Ersetzt Schlagkraft durch Erfahrung und Strategie: Bernhard Langer, bereits 1985 Masters-Sieger. (Foto: Charlie Riedel/dpa)

Er isst viel Obst, trainiert in Maßen und hat am meisten Erfahrung von allen: Der 59-jährige Bernhard Langer bleibt fit und ist in Augusta wieder der Favorit für den Seniorentitel.

Von Frieder Pfeiffer, Augusta/München

Martin Kaymer hat sich vor dem ersten Major des Jahres einen Experten zur Seite geholt. "Er weiß alles über den Platz", sagte er vor dem Abflug nach Augusta. "Ich kann da sehr viel lernen." Es ist nicht so, dass Kaymer das Masters als Spieler noch nie erlebt hätte, im Gegenteil: Der 32-Jährige ist zum zehnten Mal dabei. Dennoch denkt er nicht daran, auf die Expertise seines Vorbilds zu verzichten. Also ging er vor dem Turnier im Augusta National Golf Club wie jedes Jahr ein paar Löcher mit Bernhard Langer. (Es nutzte am Donnerstag wenig: Kaymer startete mit einer schwachen 78er Runde.

) Langer, dessen blonder Haarschopf ebenso langlebig zu sein scheint wie dessen Körper, ist ausgewiesener Masters-Fachmann, nicht nur wegen seiner beiden Majorsiege hier, 1985 und 1993. Für Langer ist es der 34. Start in Augusta, er wird in diesem Jahr 60, ein Alter, in dem sich mancher Sportkollege nicht mal mehr an seine Erfolge erinnert. Doch bis heute spielt er um den Titel mit und lässt so wenig locker wie ein Talent im ersten Profijahr.

Die Gegner sind herausgefordert: "Seine Art treibt uns alle an."

Für Kaymer ist der Kurs die "härteste Prüfung des Jahres". Für Langer ist der Platz, der mit seinen welligen Grüns akribische Vorbereitung belohnt, die perfekte Spielwiese. "Platzstrategie beherrscht er wie kein anderer", sagt Konkurrent Olin Brown. Und Tom Lehman, einer der wenigen verbliebenen Altersgenossen, die mit ihm mithalten können, schwärmt: "Seine Art treibt uns alle an. Sind wir bereit, ebenso fokussiert zu sein?"

Schon in den 1980ern legte sich Langer nach der Runde eine Matte ins Hotelzimmer, während die Kollegen auch mittelmäßige und sehr mittelmäßige Runden begossen. Er achtete auf seine Ernährung und trimmte seinen Schwung auf nachhaltig. Noch heute trainiert er täglich - wenn auch nur noch selten die typische Golfbewegung. "Technisch war ich nie besser", verriet er einmal. Mit Ende 50 redet Langer vom "besten Golf seiner Karriere".

Dass das beim Masters dennoch nicht immer für ganz vorne reicht, liegt an der Kraft. "Ich spüre meinen Körper morgens nun schon häufiger", sagt er. Zudem sei "die Länge der Schläge viel wichtiger geworden. Das ist sehr schade." Trotzdem gelingen bei seinen wenigen Starts unter den Besten einzelne Ausreißer - natürlich beim Masters. Dort mischte er zuletzt zweimal vorne mit, 2014 sogar als Achter. 2016 distanzierte er Jason Day, die damalige Nummer eins, im direkten Vergleich, worauf dieser "ziemlich beeindruckt" davon war, dass da einer "nach 40 Jahren immer noch dieselbe Motivation hat".

Das Masters ist Langers Herzensangelegenheit, ein paar Autostunden von seiner Heimat in Florida entfernt empfindet er die Anfahrt jedes Mal als "nach Hause kommen". Das glamouröseste Event des Golfjahres ist für einen der bodenständigsten Spieler der Tour das "schönste und sensationellste Turnier der Welt".

Und es ist für Langer eine Abwechslung vom Alltag der Champions Tour, der Turnierserie der Ü50, wo er auch als bald über 60-Jähriger wenig Gegenwehr spürt. Auf der Senioren-Tour holte er im vergangenen Herbst den dritten Saisontitel in Serie. Seine insgesamt sechs Siege sind Rekord, ebenso die sieben in der Geldrangliste. Nur ein Mal verdiente er seit 2008 nicht das meiste Preisgeld - 2011 war er wochenlang mit einer Daumenverletzung ausgefallen.

Zum Ende des vergangenen Jahres plagten ihn noch das Knie, aber das hat der Körper weggesteckt - nun führt er wieder die Saisonwertung an. Er passt inzwischen noch besser auf, das geliebte Fußballspielen lässt er sein. So ist er auch diesmal ein realistischer Tipp auf einen Top-25-Platz. Dorthin schaffte es Kaymer bis heute nicht. Er sagt: "Für Augusta brauchst du den Kopf eines 13-Jährigen und den Körper eines Erwachsenen." Bernhard Langer würde ihm da wohl widersprechen. Er fährt ganz gut mit seiner Mischung aus Kopf und Körper. Zusammen sind sie fast 120 Jahre alt.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: