Golf:Ein Mann kämpft

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Alex Cejka ist alles andere als ein übellauniger Mensch. Es muss schon eine ganze Menge passieren, damit der 34-Jährige den Spaß am Golfen und das Gleichgewicht verliert. Dieses Jahr hat Cejka zum "Seuchenjahr" erklärt. Und das bezieht sich nicht nur auf den Sport.

Thomas Lötz

Für Alex Cejka ist diese Saison in mehrfacher Hinsicht die mit Abstand schwerste seit langer, langer Zeit. Er selbst hat schon vom "Tiefpunkt meiner Karriere" gesprochen, dieses Jahr, so Cejka, mache ihn fertig.

"Ich fühle mich nicht wohl", sagt Alex Cejka. Kurz vor der "Open" hatte er seine beiden Söhne zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder sehen dürfen. Seit zwei Jahren schwelt ein Rosenkrieg zwischen ihm und seiner Ex-Frau. (Foto: Foto: reuters)

Auf der US PGA Tour bangt der Profi um den Erhalt seiner Spielberechtigung für die kommende Saison. Bei insgesamt 22 Starts kam Cejka 2005 zehnmal nicht ins Preisgeld. Negativer Höhepunkt des bisherigen Saisonverlaufs: Mitte April wird der gebürtige Marienbader mit deutschem Pass beim MCI Heritage in Hilton Head Island (US-Bundesstaat South Carolina) wegen Spielens eines von der US PGA nicht zugelassenen Balls disqualifiziert, danach verpasst er bis Ende Mai stattliche fünf Cuts in Serie.

Anfang Juni will es zwischenzeitlich so scheinen, als solle sich alles doch noch zum Guten wenden. Im Juni cuttet Cejka viermal nahtlos in Folge, beim Memorial wird er 39., bei der Booz Allen Classic belegt er Rang 21. Und auch bei der Barclays Classic (51.) und der Cialis Western Open (21.) findet sich Cejka im Preisgeld wieder.

Debakel in St.Andrews

Dann steht Mitte Juli die British Open an, mit einem Cejka, der augenscheinlich wieder zurück in der Spur ist. Sein Management verkündete etwas voreilig, dass Cejka der einzige deutsche Teilnehmer im schottischen St. Andrews sein werde. Tatsächlich schlagen am Donnerstag zur ersten Runde auf dem "Old Course" der über die regionale Last-Minute-Qualifikation spät noch ins Feld gekommene Tino Schuster aus Stuttgart und der aufgrund einer Verletzung des Japaners Shingo Katayama nachgerückte Bernhard Langer ab.

Während Langer als Fünfter und der Challenge-Tour-Spieler Schuster, letzterer nach einer spektakulären Auftaktrunde, das einzige Major auf europäischem Boden zu Ende spielen, verabschiedet Cejka sich nach gerade einmal 36 von 72 zu absolvierenden Löchern.

Um einen Schlag hat er den Cut verpasst, ein Schicksal, das ihm im Laufe dieser Saison noch einige Male widerfahren wird. Und es ist in St. Andrews, dass Cejka gegenüber Journalisten erstmals auch über seine privaten Probleme und deren Einfluss auf sein Spiel spricht. "Ich fühle mich nicht wohl", sagt er. Kurz vor der "Open" hatte er seine beiden Söhne zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder sehen dürfen.

Sechs Wochen später, am 31. August, wird vor einem Prager Gericht die Scheidung Cejkas von seiner Ehefrau Mirka Cejkova offiziell vollzogen.

Das "sexieste Paar Tschechiens" im Scheidungskrieg

Wie schon bei den European-Tour-Events in Hamburg und München, seinem "Heimatturnier", ist Cejka auch bei diesem Termin nicht persönlich zugegen, er kuriert in den USA eine Verletzung aus und lässt sich von seinem Anwalt Michael Pacovsky vertreten. Was auf den ersten Blick scheinen will wie ein Schlussstrich unter ein zuletzt unglücklich verlaufenes Privatleben, ist tatsächlich nur ein weiteres Kapitel in einem seit zwei Jahren schwelenden Rosenkrieg.

"Das Private hat schon Auswirkungen auf den Gemütszustand eines Sportlers", räumt Cejka gegenüber PLOCK! ein. "Man ist beim Sport dann manches Mal nicht richtig bei der Sache. Jeder, glaube ich, geht nach einer Scheidung durch ein Tief, gerade, wenn Kinder mit im Spiel sind."

Öffentlich wurden die privaten Differenzen zwischen Cejka und seiner Ehefrau im Jahr 2003 durch Artikel in tschechischen Boulevardmedien. Kurz zuvor waren die beiden vom Medienhaus Stratosfera noch zum "sexiesten Paar Tschechiens" gekürt worden, und Mirka Cejkova war ihrem Mann in die USA gefolgt, wo dieser die Spielberechtigung für die US PGA Tour erlangt hatte.

Ihre erfolgreiche Karriere als TV-Moderatorin hatte sie dafür an den Nagel gehängt. Doch abseits der Heimat liefen die Dinge nicht gut für Alex Cejka und Mirka Cejkova - das Ehepaar trennte sich. Er habe ohnehin niemals angenommen, dass seine Frau ihn in die Staaten begleiten werde, erklärte Cejka damals. Und auf Nachfrage bestätigte er, dass die US-amerikanische Golfspielerin Debbie Munoz seine neue Herzensdame sei.

Streit um die Kinder

Aber auch Cejkova blieb nach ihrer Rückkehr in die tschechische Heimat nicht allzu lang allein. Erneut fand die 43-Jährige einen jüngeren Mann, ihren neuen Lebensgefährten Marek Vít. Als Cejka seine Familie im Juli vergangenen Jahres in deren Villa im Prager Vorort Horomerice besuchte, lernte der Golfprofi seinen 33-Jährigen "Nachfolger" kennen.

Möglicherweise war Cejka Vít zumindest namentlich schon einmal begegnet, denn Vít war seit geraumer Zeit mit diversen illegalen Finanzgeschäften in Verbindung gebracht worden. Kurz vor Beginn der Weihnachtsferien 2004 wurde Marek Vít in der Villa, die Alex Cejka seiner Frau überlassen hatte, verhaftet. Er sitzt eine Gefängnisstrafe von acht Jahren ab, seither lebt Mirka Cejkova wieder allein mit ihren beiden Söhnen in dem großen Haus in Horomerice.

Im Januar dieses Jahres wurde in Prag dann auch die Frage nach dem Sorgerecht schlussendlich beantwortet. Cejka verlor das Gerichtsverfahren, in dem er immer wieder vorgebracht hatte, dass er seine zwei Jungs mehr als 18 Monate lang nicht habe sehen können.

Ständig habe seine Frau Ausreden gefunden, ein Treffen der Söhne mit ihrem leiblichen Vater zu verhindern. Bereits im Juli 2004 war die Höhe der Unterhaltszahlungen festgelegt worden: 8 Millionen Tschechische Kronen jährlich, umgerechnet etwa 270.000 Euro, sicherte das Gericht Mirka Cejkova und ihren Kindern, dem siebenjährigen Alexander und seinem drei Jahre jüngeren Bruder Felix, zu.

Bester Golfer Tschechiens

Eine der höchsten Unterhaltszahlungen, die jemals vor einem tschechischen Gericht erstritten worden sind. Doch damit nicht genug. Denn weiterhin fordert Mirka Cejkova von ihrem Ex-Mann 3 Millionen Kronen (etwa 100.000 Euro) als Kompensation für sich selbst.

Im vergangenen Jahr bereits hatte Cejkas Anwalt bekannt gegeben, dass Mirka Cejkova die Hälfte des gemeinsamen Eigentums zugesprochen bekomme. Allein der Verkehrswert des Hauses in Horomerice beträgt geschätzt 1 Million Euro, darüber hinaus ist in tschechischen Medien die Rede von einer weiteren halben Million Euro. Nach Angaben von Cejkas Anwalt erhält Cejkova zudem bereits mehrere Zehntausend Kronen pro Monat von ihrem Ex-Mann, was Cejkova indes vehement bestreitet.

Umfragen in Tschechien sprechen eine deutliche Sprache: Mehr als 70 Prozent der Befragten geben an, dass sie Cejkova für eine Opportunistin halten, die die Unterhaltszahlungen für andere Zwecke nutze. Die Stimme des Volkes ist klar auf Alex Cejkas Seite. Für viele Tschechen ist und bleibt er der beste Golfspieler ihres Landes. Dass er längst einen deutschen Pass besitzt und seinen Wohnsitz in die USA nach Bullhead City verlegt hat, anderthalb Autostunden von seiner "Lieblingsstadt Las Vegas" entfernt, spielt dabei augenscheinlich keine Rolle.

Ohne Bezug auf Cejka zu nehmen, hat Deutschlands Vorzeigegolfer Bernhard Langer kürzlich in einem Interview mit der Welt am Sonntag gesagt: "Ich glaube, dass es extrem schwer ist, seine beste Leistung zu bringen, wenn es im Privatleben nicht läuft. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass Scheidungen Karrieren sogar beendet haben." Die Spieler, so Langer weiter, hätten die privaten Probleme auf dem Platz einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommen. "Mein Tief", sagt Cejka heute, "habe ich überwunden, und meine Golferkarriere wird weitergehen. Ich setze jedenfalls alles daran, dass ich bald wieder an die Leistungen der letzten Jahre anknüpfen kann."

Alex Cejka bangt um seine Karriere. Der Star-Rookie von 2003 hatte lange Zeit private Probleme. Sein Spiel litt darunter. (Foto: Foto: PLOCK!)

Dabei schien sich zu Beginn dieser Saison anzudeuten, dass Cejka durchaus mit den Besten der Besten mithalten kann. Bei der hoch dotierten und erstklassig besetzten Tour Championship im März belegte er einen ausgezeichneten zwölften Rang.

Nur Nummer 135 der US-Geldrangliste

Doch dies sollte seine beste Saisonplatzierung bleiben, und die dabei verdienten 156.800 US-Dollar Preisgeld machen bis heute das Gros jener 394.147 US-Dollar aus (Stand 9. September 2005), die der Profi in diesem Jahr auf der US-Tour insgesamt eingespielt hat.

Damit ist Cejka derzeit gerade mal die Nummer 135 der US-Geldrangliste. Um aber auch im kommenden Jahr die "Aufenthaltsberechtigung" auf der leistungsstärksten und preisgeldintensivsten Profitour der Welt genießen zu dürfen, muss Cejka am Saisonende Rang 125 in der "Money List" belegen.

Knapp 100.000 US-Dollar fehlen ihm noch, um dieses Ziel zu verwirklichen. Ein Turniersieg würde ihm die Qualifikation für die Saison 2006 automatisch sichern, doch davon scheint Cejka derzeit weit entfernt.

Als hätte er nicht schon genug mit seinem Formtief um die Ohren, plagt sich der 34-Jährige seit dem letzten Major der Saison, der US PGA Championship - auch hier verpasste er den Cut um nur einen Schlag -, mit schmerzhaften Rückenproblemen herum. Zugezogen hatte er sich die Verletzung bei einem Sturz, zunächst glaubte er, er habe sich lediglich das Handgelenk verstaucht, doch die Sache war schlimmer. Cejka musste pausieren, lange pausieren. Jetzt gehen ihm die Turniere aus, gerade acht Events bleiben ihm noch, um das gesteckte Ziel zu erreichen.

Doch der Mann kämpft. In den USA lässt er sich quasi ohne Unterlass im unteren rechten Lendenwirbelbereich behandeln. Eine tägliche Tortur zwischen Reha, Massagen und Stretching soll die Schmerzen hinwegfegen. Training mit Schläger und Ball - ausgeschlossen. Er muss endlich wieder auf die Tour zurück, muss spielen, muss Cuts machen, Preisgeld verdienen, um am Ende der Saison mindestens diesen gottverdammten 125. Rang in der "Money List" zu belegen.

Und wie Cejka kämpft. Sein in München ansässiges Management verkündet im August, der Spieler werde eine längere Wettkampfpause einlegen müssen, vor dem 22. September bei der Valero Open in Texas sei an keinen Start zu denken.

Spitzname "Ironman"

Doch Cejka kann und will nicht warten. Er ist hart gegen sich selbst, bringt seinen Körper irgendwie wieder auf Vordermann. Dabei erinnert sein unbändiger Wille stark an das unglaubliche Durchhaltevermögen in seiner Rookiesaison auf der US PGA Tour. Da erhielt er von seinen dortigen Kollegen den Spitznamen "Ironman". Mit großem Respekt vor der abgelieferten eisenharten Leistung: Kaum einer spielte 2003 so viele Turniere auf der US-Tour wie Cejka, der die Saison als zweitbester Rookie abschloss.

"Der Rücken scheint wieder in Ordnung zu sein", erklärt Cejka PLOCK! lapidar, ehe er zwei Wochen vor seinem geplanten Comeback zur Bell Canadian Open nach Vancouver abreist. Seine Ärzte hätten ihm grünes Licht gegeben, behauptet er, leicht trainieren habe er auch schon wieder können - zu glauben ist dieser schnelle Genesungsprozess kaum.

Viel eher will es so scheinen, als ob Alex Cejka auch dieser Tage wieder ein großes Risiko eingeht, es wäre nicht das erste Mal in seinem Leben. Vielleicht spielt er sogar mit seiner Gesundheit. "Ich werde alles daransetzen, in den verbleibenden Turnieren meinen Arbeitsplatz, sprich die Tourkarte für nächstes Jahr, zu sichern. Es wird nicht leicht, aber wer mich kennt, weiß, dass ich ein Kämpfer bin und nicht so leicht aufgeben werde."

Der Alex Cejka dieses Jahres ist ein Getriebener. Ein Profi mit Tunnelblick. Ein Mann ohne Optionen. Ein Kämpfer. Und einer, dem man für den Rest der Saison nur alles Glück der Golfwelt wünschen kann.

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