Glosse:Risse in der NBA

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Es hält, ausnahmsweise! Tyson Chandler (links) testet die Widerstandsfähigkeit von Enes Kanters Trikot. (Foto: AFP)

Sportbekleidung ist heutzutage ein Teil der Hochtechnologie. In der Basketball-Topliga sorgt eine Serie von gerissenen Trikots für Verwunderung, Belustigung und wilde Theorien.

Von Jürgen Schmieder

Wir müssen, bevor wir über Basketball reden, ganz kurz klären, was bei Wrestlemania VII passiert ist: Der amerikanische Proficatcher Hulk Hogan besiegte während des Golfkrieges im Jahr 1991 den Irak-Sympathisanten Sergeant Slaughter. Der Ausgang war selbstverständlich vorher abgesprochen und den Zuschauern aufgrund der monatelangen Hinführung schon bekannt. Die Show war dennoch grandios - auch deshalb, weil sich Hogan vor dem Gefecht sein Hemdchen vom Leib gerissen hatte, das ungefähr so reißfest war wie einlagiges Toilettenpapier.

Sportbekleidung ist heutzutage ein Teil der Hochtechnologie, auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas gibt es eine komplette Halle für die Entwicklungen in diesem Bereich, die Muskeln kühlen, Gelenke schonen, Lungenvolumen erhöhen - und natürlich über Sensoren die Leistung messen sollen. Wer all die Sachen trägt, sieht aus wie eine Mischung aus Astronaut, Gladiator und Studio-54-Tänzer.

Das führt direkt zum Basketball und in die amerikanische Profiliga NBA, in der zum Beispiel Russell Westbrook, Basketballer der Oklahoma City Thunder, jeden Abend auf dem Weg zum Stadion aussieht wie eine Mischung aus Astronaut, Gladiator und Studio-54-Tänzer. Die Saison läuft seit einigen Wochen, und weil die Resultate der meisten Spiele so vorhersehbar sind wie der Ausgang des Kampfes zwischen Hulk Hogan und Sgt. Slaughter, debattieren die Leute derzeit über die Qualität der Trikots, die ungefähr so reißfest sind wie einlagiges Toilettenpapier.

Kevin Love riss sich sein Cleveland-Cavaliers-Trikot vom Leib, als wäre er Hulk Hogan. Draymond Green sah nach einer Rangelei mit Bradley Beal aus wie Bruce Banner während der Verwandlung zum Superhelden Hulk. Das zerrissene Trikot von LeBron James wird als Symbol für die schreckliche Saison der Cavaliers gewertet.

Hersteller Nike, der in den kommenden acht Jahren insgesamt eine Milliarde Dollar dafür bezahlt, die Akteure mit Leibchen zu versorgen, hat mittlerweile eine Überprüfung der Leibchen angekündigt und damit auch die Bedenken von Verschwörungstheoretikern zerstreut, denen zufolge es ziemlich verdächtig gewesen sei, dass nur die Hemden besonders populärer Akteure reißen und damit Interesse geweckt werden soll für eine Liga, die seit dieser Saison Werbeflächen auf den Trikots erlaubt.

Damit ist eine noch wüstere Theorie ganz besonders böser Menschen entkräftet. Die behaupten, dass die Partien der Dallas Mavericks (mit Dirk Nowitzki) und Atlanta Hawks (mit Dennis Schröder) derart unansehnlich seien, dass noch nicht einmal ein zerrissenes Trikot das Interesse der Fans erhöhen könnte. Die Mavericks haben in der Nacht zu Mittwoch gewonnen. Gegen die Washington Wizards. Das war freilich so verblüffend, als hätte Sgt. Slaughter bei Wrestlemania VII gegen Hulk Hogan triumphiert.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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