Glanzloser FC Bayern:Der kleinste gemeinsame Nenner

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Der FC Bayern München muss nach einer mäßigen Leistung mit dem 2:2 bei Ajax Amsterdam zufrieden sein.

Rappelvoll wars in der AmsterdamArena, jeder Sitz war besetzt, und Roy Makaay hatte deswegen einige Mühe, die Wünsche seiner Freunde und Verwandten zu erfüllen, die ihm bei seiner segensreichen Arbeit zusehen wollten. Mehr als 20 Karten musste Makaay beschaffen, denn es war - abgesehen von den Länderspielen - seine erste Partie in der Heimat, seit er vor acht Jahren das Land verlassen hat.

Seinen Ehrengästen hat Makaay etwas bieten können, er schoss mit einem schönen Linksschuss das frühe 1:0 für seinen Klub. Die Freunde des FC Bayern aber kamen zu kurz. Die bereits fürs Achtelfinale qualifizierten Münchner begannen zwar stark, ließen dann aber stark nach, und auch die offenkundig heftige Halbzeitansprache ihres Trainers konnte nicht verhindern, dass sie diesen Kurs noch eine ganze Weile fortsetzten.

Erst nachdem Ajax Amsterdam zwischenzeitlich das 2:1 gelungen war, besannen sie sich wieder auf die Anweisungen ihrer Vorgesetzten. Ballack sorgte für das 2:2, es bestand Gelegenheit für freundschaftliches Handeschütteln nach einem Spiel, das nur deshalb in die Geschichte eingeht, weil es - nach 14 Begegnungen - der erste Punktgewinn für eine deutsche Mannschaft bei Ajax ist.

Ein unzufriedener Hoeneß

Unmittelbare Folgen ergeben sich nicht aus dem Resultat, Gruppenerster konnte man ohnehin nicht mehr werden. Unangenehm sind vielleicht aber die atmosphärischen Störungen, die sich aus dem streckenweise arg lässigen Austritt ergeben. Um Überheblichkeit zu verhindern, hatte die Vereinsführung versprochen, die Siegprämie der Uefa (500000 Schweizer Franken) in die Teamkasse umzuleiten - diese freundliche Geste erwies sich aber nicht als zwingender Anreiz. Schon zur Halbzeit sah man deswegen einen ärgerlichen Uli Hoeneß am Spielfeldrand. "Ich bin mit der Mannschaft überhaupt nicht zufrieden", sagte der Manager, "wenn man hier 1:0 führt, dann muss man mehr daraus machen."

Dabei hatten die Bayern, anders als man das durch ähnliche Anlässe von ihnen gewohnt ist, konzentriert und entschlossen begonnen. Entsprechend den Überzeugungen ihres Trainers ("Wir sind hier nicht auf Betriebsausflug. Es geht ums Image und ums Geld") traten die Bayern mit der bestmöglichen Besetzung an. Den angeschlagenen Lúcio ersetzte Martin Demichelis, anstelle von Hasan Salihamidzic durfte Tobias Rau ran.

Diese Möglichkeit bietet sich selten, weshalb der mit großen Erwartungen nach München gewechselte Linksverteidiger auch keineswegs glücklich ist mit seinem Fußballerdasein. Diesmal lieferte er eine ordentliche Partie und darf den Posten wohl auch am Samstag gegen den VfB Stuttgart ausfüllen. Außer Rau tat Magath auch Sebastian Deisler einen Gefallen. Er durfte auf seiner Lieblingsposition hinter den beiden Spitzen spielen.

Doch allzu lang konnte er sich an der Spielmacherrolle nicht erfreuen. Kein Wunder, wie Hoeneß meinte: "Die Anderen laufen ja kein Stück." Nach Makaays Tor auf Flanke von Sammy Kuffour gab es noch einen halbwegs gefährlichen Kopfball von Claudio Pizarro, danach begannen die Münchner ihr Schonprogramm.

Zaghaft näherten sich die anfangs schwer beeindruckten Amsterdamer dem Tor von Oliver Kahn, der zunächst noch mit einer famosen Reaktion den Ausgleich verhinderte (Schuss von Verteidiger Trabelsi), in der 39. Minute aber ohnmächtig verfolgen musste, wie die Kugel sachte in seinem Tor landete. Demichelis hatte den Schuss des Tschechen Galasek unrettbar abgefälscht.

Man hatte nun erwartet, dass die Münchner geläutert aus der Kabine gekommen wären, getreu den Erwartungen von Manager Hoeneß ("Wenn du hier Dampf und Druck machst, dann fallen die Tore automatisch"), aber stattdessen traten sie noch lustloser gegen den Ball und liefen noch ein Stückchen langsamer.

Wie auf Knopfdruck

Ajax gewann zwangsläufig die Oberhand, und war es in der 58. Minute noch abseits, als De Jong einen Kopfball zunächst an die Latte und dann ins Tor beförderte, so wurde Kahns Albtraum fünf Minuten später Wirklichkeit. Kuffour leistete mit einem ausgesprochen dämlichen Ballverlust die Vorarbeit, der Rumäne Mitea spazierte davon und schoss zum 2:1 ins Eck.

Danach fiel den Münchnern offenbar ein, dass sie drauf und dran waren, sich zu blamieren. Mit drei Niederlagen in die nächste Runde? Das wäre schon ziemlich peinlich gewesen, und so kamen die Bayern auf einmal wieder in Schwung. Wie auf Knopfdruck. Eine Flanke von Zé Roberto nutzte Michael Ballack zu einem sehenswerten Kopfball in den Winkel, der die Erwartungen der Verantwortlichen und das Resultat auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenführte.

© Süddeutsche Zeitung vom 9.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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