Geschichten aus der Regionalliga:Hinter dem Zaun

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Unweich gebettet: Nikolaos Salassidis vom VfR-Garching schlägt im Heimspiel gegen die finanziell wesentlich besser gestellten Amateure vom FC Augsburg auf dem Rasen auf. (Foto: Claus Schunk)

Der VfR Garching erwägt aus Geldnot den Rückzug aus der vierthöchsten Spielklasse - womöglich führt sein Weg bis hinunter in die Kreisliga. Das Szenario ist auch ein Signal, wie es um den Amteurfußball im Raum München bestellt ist.

Von Christoph Leischwitz

Der angesetzte Termin für die Pressekonferenz ist der 19. April, das ist noch lange hin. "Eigentlich wollten wir sie schon diese Woche machen", erklärt Trainer Daniel Weber. Geht aber nicht. "Jetzt ist Dortmund und Bayern, am Donnerstag spielen wir, dann ist Ostern, am Ostermontag haben wir ein Heimspiel, und dann ist gleich wieder Bayern." Am Mittwoch ist dann endlich mal Zeit. Wenn die Großen Fußball spielen, das sind Amateursportler gewöhnt, braucht man gar nicht erst zu versuchen, Aufmerksamkeit zu erringen.

Doch selten hat die bloße Einladung eines Regionalligisten so viel Aufmerksamkeit bekommen. Allein die Betreffzeile macht klar: Es geht um die Zukunft des Vereins. "VfR Garching 2017/18 - Regionalliga oder Kreisliga?", war dort zu lesen.

Die Finanznot ist nicht vom Himmel gefallen, der VfR hat schon öfter darauf aufmerksam gemacht. "Wenn das so weitergeht, sieht es nicht gut aus", sagte Trainer Weber schon im Oktober. Doch die Aufrufe verhallten ungehört, die Sponsorenlage ist weiter schlecht. Mittlerweile ist eine Unterdeckung von 35 000 Euro für die aktuelle Saison aufgelaufen. Für die höchste Amateurklasse ist das eigentlich keine große Sache. Die aktuellen Löcher könne man schon auch stopfen, sagt Abteilungsleiter Franz Hölzl. Aber eben nicht die künftigen. "Und da geht es dann eben auch um die anderen Abteilungen", deren Zukunft nicht auch noch gefährdet werden soll.

Deshalb hat man in der Fußballabteilung entschieden: Wenn bis Anfang Mai der Etat für die nächste Saison nicht signifikant erhöht werden kann, wird man die Mannschaft aus der Regionalliga nehmen. Das wäre ein herber Schlag für den VfR, zugleich aber auch ein Signal an den Großraum München, wo mehrere Vereine in die Regionalliga streben. Die meisten von ihnen haben ähnliche Probleme: Wenige Zuschauer und ganz offensichtlich wenige Möglichkeiten, neue Geldgeber zu finden, die nötig sind, weil die Regionalliga schlicht mehr kostet als die Bayernliga.

Rund vier Stunden vor der Einladung des VfR hatte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) eine Pressemitteilung verschickt. Darin stand, dass insgesamt elf Bayernligisten ihre Unterlagen für die Regionalliga abgegeben hätten. "Das ist ein neuer Bewerber-Rekord aus der Bayernliga und ein klares Statement: Die Regionalliga Bayern ist attraktiv und vor allem auch für kleinere Vereine wirtschaftlich machbar", wird Spielleiter Josef Janker zitiert.

Wirtschaftliche Machbarkeit - diese können Vereine allerdings nur für einen kurzen Zeitraum überblicken. Ein möglicher Konkurrent (oder Nachfolger) der Garchinger ist der FC Unterföhring, zurzeit in der Bayernliga Süd klar auf Aufstiegskurs. "Das Problem betrifft uns alle", sagt Präsident Franz Faber mit Blick auf die Vereine der Region. Sollte der FCU aufsteigen, werde er bestenfalls für zwei Jahre die Finanzierung sichern können. Er spricht von einem "Dreieck" aus Zuschauern, der örtlichen Wirtschaft und dem Rathaus: "Die müssen alle mitziehen. Wenn einer schwächelt, ist das Ganze nicht machbar." Mit anderen Worten: Man muss sich schlicht daran gewöhnen, dass der Ligaverbleib nicht mehr alleine sportlich entschieden wird.

Es ist natürlich nicht so, als ob sie es beim VfR nicht versucht hätten, viele Klinken sind erfolglos geputzt. Doch manchmal, sagt Hölzl, lägen auch "Steine im Weg". Etwa bei der Idee, den Stadionzaun als Werbefläche zu nutzen - diese Werbung wäre von der Autobahn aus zu sehen. Bislang bekam man keine Genehmigung.

Immerhin hat man nun schon eine Woche vor der Pressekonferenz eine Diskussion angestoßen. Theoretisch könnte sie dazu führen, dass der VfR dann einen neuen Sponsor präsentiert. Nur glaubt daran kaum jemand.

© SZ vom 12.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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