Gastgeber Frankreich:Fluch von Lille

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Nächster Heimsieg: Bei der WM in Frankreich sind die Gastgeber das Maß der Dinge - auch gegen Island gewinnen Les Bleus deutlich. (Foto: Philippe Huguen/AFP)

Frankreichs Handballer stehen nach dem 31:25-Erfolg gegen Island im WM-Viertelfinale. Vor einer Weltrekordkulisse gelingt dem Team, was zahlreiche andere französische Mannschaften zuvor nicht geschafft haben.

Von Fabian Swidrak, Lille/München

Mit seinem rechten Arm deutete Thierry Omeyer auf die Tribüne und bewegte seine Hand dabei leicht auf und ab. Gerade hatte der Hallensprecher noch einmal gesagt, wie viele Zuschauer gekommen waren, und es sah fast so aus, als würde Omeyer nachzählen, um sicher zu gehen, dass er sich nicht verhört hatte. 28 010 Menschen umringten den Torhüter der französischen Handball-Nationalmannschaft und seine Mitspieler in diesem Moment. Die meisten von ihnen hatten sich von ihren Sitzen erhoben, sie bejubelten ihr Team für einen weiteren Sieg auf dem Weg zum großen Ziel: dem WM-Triumph im eigenen Land.

Niederlage im Davis Cup, Aus bei der Basketball-EM

31:25 (14:13) gewannen die französischen Handballer am Samstagabend in Lille ihr erstes K.o.-Spiel gegen Island und zogen damit als zweites Team nach Norwegen (34:24 gegen Mazedonien) ins Viertelfinale ein. Mit ihrem Sieg überwanden die Franzosen auch einen Fluch, der sich aus ihrer Sicht in den vergangenen Jahren über den Austragungsort dieser Achtelfinalpartie gelegt hatte, das Stade Pierre-Mauroy im Osten der nordfranzösischen Stadt Lille.

Das 2012 eröffnete Fußballstadion, in dem Erstligaklub OSC Lille seine Heimspiele austrägt, lässt sich aufgrund seines verschließbaren Dachs leicht in eine Multifunktionshalle umbauen. 2014 fand dort das Finale des Davis Cups (Tennis) statt. Frankreich verlor gegen die Schweiz. Ein Jahr später schieden die Franzosen im Pierre-Mauroy bei der Basketball-Europameisterschaft gegen den späteren Titelträger Spanien aus. Und auch bei der Fußball-EM im vergangenen Jahr kam Frankreich bei seinem Auftritt in Lille, dem letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz, nicht über ein 0:0 hinaus.

Im Halbfinale könnten die Franzosen auf Deutschland treffen

Nun also versuchten die Handballer ihr Glück vor einer Weltrekordkulisse. Noch nie sahen so viele Menschen ein Spiel bei einer Handball-Weltmeisterschaft wie am Samstag in Lille. Bislang hielt diese Bestmarke Kairo, wo 1999 im Endspiel Russland und Schweden vor 25 000 Zuschauern aufeinandertrafen. Und in der Tat: Auch die französischen Handballer taten sich gegen Island zunächst schwer. Nach fünf Minuten führten die Gäste mit 3:0. Bis Michael Guigou Frankreich mit 9:8 erstmals in Führung brachte, vergingen geschlagene 20 Minuten. Bis zur Halbzeitpause gelang es den Franzosen nicht, sich entscheidend von den aufopferungsvoll kämpfenden Isländern abzusetzen. Erst nach dem Seitenwechsel baute der Gastgeber seine Führung stetig bis auf 23:16 aus, einen Vorsprung, den die Franzosen bis zum Schluss nicht mehr aus der Hand gaben.

Nun soll ausgerechnet Lille zum Ausgangspunkt einer Reise werden, deren Ende die Franzosen für kommende Woche Sonntag eingeplant haben. Dann will die goldene Generation um Nikola Karabatic und Torhüter Thierry Omeyer in Paris den vierten WM-Titel seit 2009 gewinnen. Auf dem Weg dorthin könnten die Franzosen auch auf Deutschland treffen, vorausgesetzt beide Teams erreichen das Halbfinale. Im Viertelfinale trifft Frankreich nun zunächst auf den Sieger der Partie Weißrussland gegen Schweden. Austragungsort der Partie: das Stade Pierre-Mauroy in Lille.

© SZ vom 22.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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