Garmischer Schanze gesprengt:Die "Alte Dame" musste weichen

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Die Garmisch-Partenkirchener Skisprungschanze war so in die Jahre gekommen, dass eine abermalige Modernisierung zu teuer gewesen wäre. Daher wurde sie nun gesprengt, um einem Neubau Platz zu machen.

Christian Sebald

Am Ende ging alles blitzschnell: Ein Knall, am Fuß des Turms stieg eine grau-schwarze Wolke hoch, aus der gelb-orange Funken sprühten. Da stürzte die alte Skisprungschanze von Garmisch-Partenkirchen schon in sich zusammen und versank in einer erdig braunen Staubwolke.

Unten im Skistadion, wo Tausende das Spektakel beobachteten, waren viele verdutzt, wie schnell die "Alte Dame", wie die Einheimischen den 125 Tonnen schweren Stahlkoloss riefen, niederging.

Sprengmeister Martin Hopfe, ein stämmiger Ingenieur mit schlohweißem Haar unter dem Schutzhelm, war sichtlich erleichtert über die Maßarbeit: "Das hätte nicht besser klappen können."

Wahrzeichen von Garmisch-Partenkirchen

Jahrzehntelang war die "Alte Dame" das Wahrzeichen von Garmisch Partenkirchen. Nun musste die Schanze weichen, damit der Markt und der Skiclub (SC) Partenkirchen eine neue errichten können.

Denn mit ihren 57 Jahren war die Stahlkonstruktion so in die Jahre gekommen, dass eine abermalige Modernisierung zu teuer und aufwändig gewesen wäre.

Da Garmisch-Partenkirchen aber mit seinem traditionellen Neujahrsspringen und als einer der vier Austragungsorte der Vierschanzentournee ohne eine moderne Schanze undenkbar ist, muss jetzt ein zehn Millionen Euro teurer Neubau her.

Einzigartig

Die neue Schanze wird weltweit einzigartig sein, kommt sie doch ohne Turm aus. Ihr kühner, weit nach hinten ragenden Anlaufbogen, so die Architekten, wird vielmehr das Sinnbild für die Dynamik des Skispringens sein.

Dabei war auch die "Alte Dame" einzigartig. Und das nicht nur wegen ihrer Stahlkonstruktion. Dieter Thoma zum Beispiel, der in den 90-er Jahren viele Triumphe auf ihr gefeiert hat, erinnerte sich kurz vor der Sprengung ein wenig sentimental daran, dass es "jedes Mal, wenn ich sie hinuntergerauscht bin, kurz vor dem Absprungtisch zwei Schläge gegeben hat". Dann habe er "höllisch aufpassen müssen, denn sonst hat man sofort an Höhe und an Weite verloren".

Inge Wörndle, 91 Jahre alt und Legende unter den Stadionsprechern in Garmisch-Partenkirchen, ließ hingegen keine Wehmut aufkommen. Zwar war der Schiedsrichterturm, der ebenfalls gesprengt wurde, "fast mein zweites Wohnzimmer", sagte sie. "Aber das ist der Lauf der Zeit: Auf Alt kommt Neu. Ich freue mich auf die neue Anlage."

Eiltempo

Die muss nun im Eiltempo errichtet werden. Soll sie doch rechtzeitig zum Neujahrsspringen 2008 fertig werden. Bis dahin sind es nur noch gut acht Monate.

Doch auch in diesem Punkt ist die "Alte Dame" einzigartig. Als sie 1950 errichtet wurde, begannen die Arbeiten erst am 19. Mai. Aber pünktlich zum Neujahrsspringen war sie fertig.

Nun müssen erst einmal ihre Überreste zersägt und beseitigt werden. Sie wandern in den Schrotthandel, zum Preis von 200 Euro die Tonne.

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