G14:Krieg in der Familie

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Scharfe Rhetorik, verschärfte Prozesslust: Der Kampf der Großklubs mit Fifa und Uefa um die Verteilung der Fußball-Milliarden eskaliert.

Klaus Hoeltzenbein

Zuletzt ist Joseph S. Blatter immer tiefer in sein Arsenal der Kampf-Rhetorik hinabgestiegen. Am Anfang wurden nur "die Messer gewetzt", dann fiel "eine Bombe", und nun ist die Situation eskaliert, da Blatter zu Wochenbeginn verkündete: "Wenn sie wollen, können sie einen Weltkrieg haben."

Die Champions League als geschlossene Gesellschaft? Fifa-Chef Joseph Blatter findet die Idee der G14 garnicht gut. (Foto: Foto: AFP)

Da ist ihm die Rhetorik doch aus dem Ruder und gegen die eigenen Interessen gelaufen, denn Weltkriege finden zwischen Mächten statt, und das ist genau jener Status, den Blatter den Aufständischen, einer Gruppe mit dem Kürzel G14, niemals zuerkennen will.

Womöglich kramt er aus seinem Arsenal bald den Begriff "terroristische Vereinigung" hervor, der passt besser, da die G14 eine Verbindung im Rechtsrahmen des von Blatter befehligten Fußball-Weltverbandes Fifa ist.

"Blatter ist ein glänzender PR-Mann. Er versucht, wenn man in seiner Sprache bleiben will, die Geschütze gegen die reichen Klubs zu richten", sagt Karl-Heinz Rummenigge, verbunden mit der Frage: "Welcher Klub ist denn überhaupt noch reich, welcher arbeitet profitabel?"

PR-Desaster gegen PR-Mann

Der FC Bayern, dessen Vorstandschef Rummenigge ist, zählt zu den wenigen schuldenfreien Vereinen, und deshalb richtet sich so mancher Speer aus Blatters Arsenal auch gegen den deutschen Meister. Zumal die Münchner weiterhin eine starke Stimme in der G14 sind, auch wenn sich sportliche Limitierungen jüngst beim Achtelfinal-K.o in der Champions League gegen den AC Mailand offenbarten.

Die G14 ist die Interessenvertretung von mittlerweile 18 europäischen Spitzenklubs (inklusive der Gründungsmitglieder Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen), und diese Gruppe hat in ihrem weit verästelten Konflikt mit der Fifa und Europas Fußball-Verband Uefa, der schon mehrere Gerichte beschäftigt, soeben gegen den PR-Mann Blatter ein PR-Desaster erlebt.

Das Desaster wurde Mitte März eingeleitet durch ein "G14 Vision Europe" betiteltes Thesenpapier, das die Londoner Tageszeitung Guardian veröffentlichte. Ein von den Vereinen gesteuertes Rechtsgebilde könne künftig die noch unter Uefa-Hoheit stehende Champions League organisieren, hieß es.

"Sich nur die Rosinen herauszupicken, geht doch nicht."

Zudem konnte herausgelesen werden, es solle eine geschlossene Liga nach US-Vorbild entwickelt werden, verbunden mit der Abschaffung der Qualifikation und damit des sportlichen Risikos für die Spitzenklubs. Steiler konnte die Vorlage nicht sein, die kurz darauf auf dem Uefa-Kongress in Budapest direkt verwandelt und in eine einstimmige Resolution umgesetzt wurde: "Die Uefa stellt sich keinem in den Weg, der die Fußball-Familie verlassen will, weil er unsere sportlichen Werte nicht teilt... Sich nur die Rosinen herauszupicken, geht doch nicht."

Bayern-Chef Rummenigge würde das Papier wohl am liebsten im hauseigenen Schredder versenken, denn selbst wenn es nur eine Maximalforderung war, die da formuliert wurde, ist der Imageschaden gewaltig.

Die G14-Klubs stehen wieder als Gierschlunde und Separatisten da, was das Erreichen ihrer politischen Ziele erschwert, von denen Rummenigge nur für den FC Bayern zwei als vorrangig bezeichnet: a) die Wiedereinführung einer Zwischenrunde in der Champions League und b) die Klärung der Frage, ob die Nationalspieler von den Vereinen für Länderspiele und die großen Turniere kostenfrei zur Verfügung gestellt werden müssen, wie es die Fifa-Regularien verlangen.

Über das erste Ziel herrscht Verwunderung, denn die Abschaffung der Zwischenrunde (gab es in den Spielzeiten 1999/2000 bis 2002/2003) war wegen grassierender Langeweile auch von den Bayern begrüßt worden.

Nun werde die Forderung von der G14 einstimmig erhoben, sagt Rummenigge, er wolle das auch jetzt nicht begründen - seine Kalkulation aber dürfte einfach sein: Hätten die Bayern statt des verlorenen Achtelfinales mit Milan eine Zwischenrunde in einer Vierer-Gruppe ausgetragen, hätten sie vier Millionenspiele mehr garantiert gehabt.

Ziel Nummer zwei wird in erster Linie in Charleroi/Belgien angestrebt, vor dem dortigen Handelsgericht klagt der lokale Erstligist Sporting auf Schadenersatz für den monatelangen Ausfall des marokkanischen Nationalspielers Abdelmajid Oulmers, der sich im November 2004 im Länderspiel gegen Burkina Faso eine Knieverletzung zuzog.

In dieser Klage, in der es um 615995 Euro geht, hat die G14 einen Präzedenzfall erkannt und sich ihr angeschlossen. Die Gruppe fordert rückwirkend 860 Millionen Euro, so viel hätten die G14-Klubs in den letzten zehn Jahren verloren durch Nationalspieler, die verletzt von Länderspielen zurückkehrten. Wahrscheinlich wird der Fall beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg landen.

"Das klären die Juristen"

Seit Jahren, sagt Rummenigge, habe auch er in Gesprächen mit Blatter versucht, eine Lösung zu erreichen. Der einzige Fifa-Vorschlag für die WM im Sommer laute: Fünf Prozent der Siegprämien sollten in einen Fonds gehen, aus dem dann bei Verletzungen entschädigt werden könne.

Indiskutabel, sagt Rummenigge: "Ich rege mich darüber nicht mehr auf, das klären die Juristen." Es wäre nur der erste Schritt, denn die G14 will auch, dass sich Fifa und Uefa künftig für die Zeit ihrer großen Turniere an den Gehältern der Profis beteiligen. "Wir sind doch die einzigen Verlierer", argumentiert Rummenigge, "alle kassieren, alle freuen sich, nur die Vereine zahlen noch die Versicherungsprämien und hoffen, dass sie die Spieler im besten Falle müde zurück bekommen und nicht verletzt."

Es geht nicht um Millionen, es geht in diesem Konflikt um die Verteilung von Macht und Milliarden. Schon kursierte die Behauptung, die G14 würde einen Streik erwägen und ihre Nationalspieler von der WM fernhalten, falls die Fifa nicht einlenkt. "Quatsch", sagt Rummenigge, "solche Fehlinformationen werden immer wieder gestreut", sie sind Teil der Propaganda. Mit Spannung darf erwartet werden, was Joseph S. Blatter und seine Gegner in ihren Arsenalen noch alles finden.

© SZ vom 30.03.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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