Fußballskandal:Juve raus - Milan bleibt drin

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Juventus Turin, Lazio Rom und der AC Florenz müssen in die Serie B absteigen. Juve wurden außerdem die letzten beiden Titel aberkannt. Der AC Mailand bleibt hingegen von einem Zwangsabstieg verschont, darf aber in der kommenden Saison nicht in der Champions League starten.

Drakonische Strafen für Juventus Turin, AC Florenz und Lazio Rom - Gnade und Titel für den AC Mailand: Fünf Tage nach dem WM-Triumph der Squadra Azzurra folgte zumindest für drei der vier in den italienischen Manipulationsskandal verwickelten Klubs das böse Erwachen.

Rekordtitelträger Juventus Turin, Lazio Rom und der AC Florenz wurden zum Zwangsabstieg in die Serie B verurteilt. "Juve" wurden zudem die Meistertitel der Jahre 2005 und 2006 aberkannt.

Der ebenfalls maßgeblich in die Affäre verstrickte Ex-Meister AC Mailand bleibt hingegen von einem Zwangsabstieg verschont. Dem ursprünglich zweitplatzierten Klub von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi wurden für die vergangene Saison aber rückwirkend 44 Punkte abgezogen, so dass die Mailänder nicht in der Champions League spielen dürfen.

Milan Meister 2005

Zudem geht Milan mit 15 Minuspunkten in die bevorstehende Serie-A-Spielzeit. Ironie: Dem Klub wird nachträglich allerdings der Titel 2005 (damals Vizemeister hinter Juve) zugesprochen, Meister 2006 ist Pokalsieger Inter Mailand, der die vergangene Saison als Dritter hinter Juventus und Milan abgeschlossen hatte.

Rekordtitelträger Juventus muss die kommende Saison mit einem Abzug von 30 Punkten absolvieren, Ex-Meister Lazio bekam sieben Minuspunkte aufgebrummt, und Florenz startet mit einer Belastung von zwölf Minuspunkten.

Die von Sportrichter Cesare Ruperto ausgesprochenen Urteile wegen Manipulationen von Meisterschaftsspielen fielen damit aber immer noch milder aus als von Staatsanwalt Stefano Palazzi gefordert. Der hatte unter anderem für Juventus einen Zwangsabstieg in die Serie C sowie für den AC Mailand den Gang in die Serie B vorgesehen.

Darüberhinaus wurden zahlreiche Funktionäre von Juventus, Lazio und Florenz mit Berufsverboten zwischen einem und viereinhalb Jahren belegt. Der zurückgetretene Verbandspräsident Franco Carraro erhielt eine Sperre von vier Jahren und sechs Monaten.

Von den acht Schiedsrichtern, gegen die im Zuge der Affäre Ermittlungen liefen, wurden fünf freigesprochen. Der für die WM urspünglich vorgesehene Massimo De Santis wurde hingegen mit einer Sperre von vier Jahren und fünf Monaten belegt.

Juve-Präsident Giovanni Cobolli kündigte noch am Abend an, gegen das Urteil Einspruch einlegen zu wollen.

Auch die anderen Klubs haben in der kommenden Woche noch die Möglichkeit zur Berufung. Dieser Prozess sollte schnell abgewickelt werden, denn bis zum 25. Juli muss der Europäischen Fußball-Union (Uefa) die endgültige Liste aller Starter in den internationalen Wettbewerben vorliegen. Nach derzeitigem Stand würden damit Inter Mailand, AS Rom, Chievo Verona und US Palermo für Italien in der Champions League starten.

Schon vor der offiziellen Urteilsverkündung waren am Freitagmorgen Details über das Strafmaß bekannt geworden, als die Tageszeitung Gazzetta dello Sport bereits über die später verhängten Strafen berichtet hatte.

Für die vier Klubs, die allesamt an Manipulationen von Meisterschaftsspielen in den vergangenen beiden Spielzeiten beteiligt gewesen sein sollen, hat zumindest das lange Warten ein Ende. Nun können die Planungen vorangetrieben werden. 13 von 23 Fußball-Weltmeistern stehen bei den vier Skandalklubs unter Vertrag.

Die Liste der betroffenen Profis ließt sich wie ein Who-is-Who des europäischen Spitzenfußballs: Die Franzosen Lilian Thuram, Patrick Vieira, David Trezeguet sowie unter anderem die Weltmeister Fabio Cannavaro, Gianluigi Buffon, Gianluca Zambrotta, Mauro Camoranesi und Luca Toni werden sich nun wohl neue Klubs suchen.

Del Piero bleibt Juve treu

Wohl nur der alternde Mittelfeldstar Alessandro Del Piero wird Juve in die Niederungen des italienischen Fußballs begleiten. Die europäischen Spitzenklubs reiben sich die Hände. An Zambrotta und Cannavaro ist Real Madrid interessiert, Manchester United hat seine Fühler bereits nach Buffon und Camoranesi ausgestreckt.

Dass der AC Mailand von einem Zwangsabstieg verschont blieb, soll mit der wenig wasserdichten Beweislage zusammenhängen. Der Medienfeldzug von Milan-Boss Silvio Berlusconi, der in den vergangenen Wochen fast täglich die Unschuld seines Klubs beteuert und im Falle eines Zwangsabstiegs über sein Medienunternehmen Mediaset sogar eine Schadensersatzklage angedroht hatte, soll bei der Urteilsverkündung keine Rolle gespielt haben.

Neben Ex-Ministerpräsident Berlusconi hatten sich vor allem nach dem WM-Triumph zahlreiche Politiker, unter anderem Justizminister Clemente Mastella, für eine Amnestie beziehungsweise relativ harmlose Strafen eingesetzt.

Der kommissarische Präsident des italienischen Fußball-Verbandes (FIGC), Guido Rossi, verlangte dagegen vehement eine konsequente Bestrafung. Gegen die Amnestie sprachen sich auch der italienische Regierungschef Romano Prodi und Sportministerin Giovanna Melandri aus.

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