Fußball-WM 2006:Schily: Keine Chance für Krawallmacher

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Mit den Randalen beim Länderspiel in Slowenien haben Hooligans den Ruf der deutschen Fußballfans schwer angekratzt. Innenminister Schily garantiert dennoch die Sicherheit bei der nächsten WM: "Die Polizei wird 2006 dafür sorgen, dass diese Schlägertrupps das schönste Fußball-Fest der Welt nicht kaputtmachen."

Vor, während und nach dem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft in Slowenien hatten ausgerechnet deutsche Krawallmacher den Ruf eines freundlichen Deutschlands 15 Monate vor der Weltmeisterschaft ramponiert.

Die Polizei in Celje nahm über 50 deutsche Radaubrüder fest. (Foto: Foto: ddp)

"Situation unterschätzt"

Die traurige Bilanz: Mehr als 50 Festnahmen, zwei verletzte Polizisten, kaputte Stühle, rassistische Schmäh-Rufe und Leuchtraketen im Stadion, ein verwüstetes Hotel, zerbrochene Ladenfenster und zerstörte Autos in der Stadt: Eine Horde deutscher Randalierer konnte im kleinen und beschaulichen Celje erschreckend mühelos wüten.

"Diese Randalierer sind ein Schandfleck. Aber sie stehen nicht für Deutschland", sagte Bundesinnenminister Otto Schily in einem Interview mit der Bild-Zeitung. Die deutschen Fans seien friedlich und fußballbegeistert. Und genau so werde die WM 2006 verlaufen.

Beim DFB herrschte Entrüstung: "Da hat eindeutig das Zusammenspiel zwischen den deutschen und den slowenischen Sicherheitskräften nicht funktioniert. Das darf nicht passieren. Jeder einzelne der deutschen Hooligans war bekannt. Die Situation wurde unterschätzt", sagte WM-OK-Chef Beckenbauer nach der Partie geschockt.

"Das ist eine ganz, ganz traurige Angelegenheit, da schämt man sich", betonte Gerhard Mayer-Vorfelder. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der sich sogleich offiziell für die Vorfälle entschuldigte, geriet sogar selbst in Gefahr. Als er nach dem Spiel das Pressezentrum neben dem Stadion verließ, wurde er von ein paar Randalierern so heftig bedrängt, dass Ordnungskräfte eingreifen mussten.

"Ich schäme mich sehr"

"Als Gastgeber der WM wirft das ein schlechtes Licht auf uns", ergänzte Bundestrainer Jürgen Klinsmann: "Schade, dass einige Krawallmacher das Länderspiel als Plattform für so sinnlose und gefährliche Aktionen nutzen konnten."

Fassungslos kommentierte auch der DFB-Sicherheitsbeauftragte Alfred Sengle die Vorgänge rund um die kleine Petrol-Arena. "Ich schäme mich sehr", erklärte er, verwies allerdings darauf, dass der DFB vor der Partie alles in seiner Macht stehende getan habe, um Vorfälle dieser Art zu verhindern.

DFB-Mediendirektor Harald Stenger sagte, man habe die Slowenen darauf hingewiesen, dass sich 200 bis 250 "so genannter Problemfälle" aus Deutschland auf den Weg Richtung Celje gemacht hätten. "Aber wir haben keine rechtliche und tatsächliche Handhabe, um diese Leute von der Einreise abzuhalten", verdeutlichte Sengle die Problematik.

Über 50 Rowdys verhaftet

Bereits vor der Partie war es in der Innenstadt zu ersten Ausschreitungen gekommen. Zunächst zwischen zwei rivalisierenden deutschen Gruppen, dann zwischen den Randalierern und der Polizei von Celje. Zwei Polizisten und ein Deutscher wurden dabei leicht verletzt. Insgesamt 38 Personen verhafteten die Sicherheitskräfte noch vor der Partie, im Stadion weitere zwölf.

Nach der Partie mussten erneut mehrere Rowdys nach Schlägereien mit der Polizei in Handschellen abgeführt werden. "Ich weiß nicht, was das für Menschen sind", erboste sich Nationaltorhüter Oliver Kahn.

Der DFB hatte für das Spiel 750 Karten abgesetzt, weil aber auch an der Abendkasse noch Tickets erhältlich waren, befanden sich nach Schätzung von Sengle schließlich insgesamt rund 1400 Deutsche im Stadion. Viele der an den Kassenhäuschen erworbenen Karten waren offenkundig von den Randalierern gekauft worden.

Teile des Stadions geräumt

Unmittelbar nach dem Beginn der Partie schossen die Krawallmacher aus dem deutschen Block erst mehrere Leuchtraketen aufs Spielfeld, anschließend rissen sie Stühle auf der Tribüne aus der Verankerung.

Erst nach etwa 20 Spielminuten bekamen die Ordnungskräfte im Stadion die Situation in den Griff: Teile des deutschen Blocks auf der Tribüne wurden geräumt. "Es war so weit, dass einige deutsche Zuschauer Angst vor den eigenen Fans haben mussten", sagte Sengle.

Der DFB-Sicherheitsbeauftragte hatte die slowenischen Behörden nach den Ausschreitungen im Stadtzentrum sogar noch darum gebeten, die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Stadion zu verstärken, "um die Lage zu deeskalieren".

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