Fußball: Protest gegen DFL:Aufstand der Amateure

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Weil die Bundesliga ab der neuen Saison sonntags auch um 15.30 Uhr spielt, eskaliert der Streit zwischen Amateur- und Profifußball.

Ulrich Hartmann

Am Montag hat Manfred Wichmann eine erlösende Mitteilung erhalten. Der Vorsitzende des Fußballkreises Gelsenkirchen war seit längerem schon hin- und hergerissen zwischen Rebellion und Ordnung, aber jetzt ist er froh, mit dem Rückrundenauftakt am Sonntag, den 1.März, keinen Ärger mehr zu haben. Die von einem Boykott der Amateurfußballer bedrohten Spiele in den Fußballkreisen Gelsenkirchen und Unna/Hamm werden auf Weisung des Fußballverbands Westfalen abgesagt und neu terminiert. Damit sollen Wettbewerbsverzerrungen, Punktabzüge und Geldstrafen verhindert werden.

Ab der Saison 2009/10 spielen Franck Ribéry & Co. auch sonntags um 15.30 Uhr - die Amateurvereine ärgert das. (Foto: Foto: Getty)

Der Fußballkreis Gelsenkirchen gilt als Keimzelle des Protests der Amateure gegen das künftige 15.30-Uhr-Sonntagsspiel in der Bundesliga. Statt Fußball zu spielen, wollten Gelsenkirchener Hobbykicker am 1. März auf der Sportanlage Löchterheide im Stadtteil Buer den Spielbetrieb boykottieren und gegen das frühzeitigere Bundesliga-Sonntagsspiel demonstrieren. Durch die Absage des Spieltags boykottieren die Amateure nun zwar ihren Spielbetrieb nicht mehr, demonstrieren werden sie dennoch.

"Mit Schalke, Bochum und Dortmund spielen hier im Revier drei Erstligisten auf engstem Raum", sagt Wichmann, "nirgendwo sonst in Deutschland sind Amateurspiele am Sonntag derart von der neuen Bundesliga-Anstoßzeit beeinträchtigt." Auch der Kreis-Vorsitzende macht mit beim Protest. Dass durch die Absage ein Chaos im Spielbetrieb seines Kreises verhindert wird, kommt ihm aber gelegen.

Die Fußballer des SSV Buer spielen in der Landesliga. Zu einem Heimspiel sonntags um 15 Uhr kommen normalerweise 200 Zuschauer ins Stadion. Sie zahlen fünf Euro Eintritt, viele kaufen Bratwurst und Bier. Für den Verein sind diese Zuschauer eine wichtige Einnahmequelle. "Wenn um 17 Uhr Schalke in der Arena spielt, kommen zu uns nur noch 60 Zuschauer", sagt der SSV-Vorsitzende Norbert Bauer, "da kann jeder selbst ausrechnen, was das finanziell bedeutet."

Bauer hat wie viele Spieler selbst eine Dauerkarte für Schalke. Wenn die Königsblauen spielen, ist kurz nach Schlusspfiff in Buer nichts mehr los. Bauer befürchtet, wenn Schalke um 15.30 Uhr spielt, wird nicht mal mehr während des Spiels etwas los sein. "Mit dem 17-Uhr-Spiel am Sonntag hat man uns Amateurfußballern schon die Wurst vom Brot genommen", sagt er, "mit dem 15.30-Uhr-Spiel nimmt man uns auch noch das Brot!"

"Wir schieben Frust"

Bauer ist ein Initiator des Protests. Er ahnt, dass er mit seinem Arbeitskreis gegen das 15.30-Uhr-Sonntagsspiel keine Chance hat gegen die Deutsche Fußball-Liga (DFL), aber er will trotzdem auf die Gefahren für den Amateurfußball hinweisen. "Ich weiß, Geld regiert die Welt", sagt er, "aber wir sind erbost darüber, dass der Deutsche Fußball-Bund das einfach mit sich machen lässt."

Von der kommenden Saison an wird sonntags ein Bundesligaspiel um 15.30 und eines um 17.30 Uhr angepfiffen. Es gibt zwar einen Grundlagenvertrag zwischen der DFL und dem DFB mit dem Paragraphen 10 "zum Schutz des Amateurfußballs" - der Vertrag wird allerdings gerade modifiziert. Bauer ist sich sicher, dass es in der neuen Version ab Juli im ersten Absatz des §10 nicht mehr heißen wird, dass "zum Schutz des Amateurfußballs sonntags bis 17.30 Uhr möglichst keine Spiele der Bundesliga anzusetzen" seien.

"Wir schieben Frust", sagt Bauer, und diesen Frust will er DFB-Präsident Theo Zwanziger persönlich überbringen, wenn er ihn am Mittwoch kommender Woche beim Frauen-Länderspiel in Bielefeld zwischen Deutschland und China treffen darf. "Wir nehmen die Kritik ernst und suchen den Dialog mit den Vereinen", sagt Zwanziger, "wir möchten die Diskussion aber auch versachlichen, weil viele Aspekte sehr emotional dargestellt werden."

Bauer findet, es sei nun schon viel erreicht. Die Problematik sei öffentlich präsent, er erhalte Mails aus ganz Deutschland und dürfe mit Zwanziger persönlich sprechen. Dass durch die Spieltagsabsage am 1. März faktisch kein Boykott mehr möglich ist, hält er für verschmerzbar. "Wir wollten kein Chaos schaffen", sagt er, "wir wollten uns Gehör verschaffen, und das ist gelungen." Bauer hofft auf "mehr als tausend Demonstranten" am 1. März. Mitstreiter Reiner Grundmann vom Gelsenkirchener Klub SCSchaffrath hingegen ist enttäuscht von der Absage der Spiele. "Damit" findet er, "wurde uns der Wind aus den Segeln genommen."

© SZ vom 18.02.2009/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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