Fußball-Interview:"Arroganz gehört beim FC Bayern zur Strategie"

Lesezeit: 10 min

Unternehmensberater Roland Berger über Uli Hoeneß, Sponsoring in Dopingzeiten und einen Leichenschmaus in Barcelona.

Ludger Schulze und Kurt Röttgen

Roland Berger, 69, wurde als Sohn aus Bayern stammender Eltern in Berlin geboren. Sein Vater, Generaldirektor eines Nahrungsmittelkonzerns, trat 1938 aus der NSDAP aus und wurde in den letzten beiden Kriegsjahren im KZ Dachau interniert - Berger bezeichnet ihn als ein großes Vorbild. Nach der hauptsächlich in Bayern absolvierten Schulzeit studierte er Betriebswirtschaftslehre und schloss 1962 als Jahrgangsbester an der Uni München ab. Schon 1958 hatte er eine Wäscherei gegründet, die er nach dem Examen für 600.000 Mark verkaufte. Fünf Jahre lang arbeitete er für eine Mailänder Unternehmensberatung, ehe er 1967 eine eigene Unternehmensberatung gründete, die zunächst vor allem für den Reiseveranstalter Touropa und Konzerne wie Hoechst oder Dr. Oetker arbeitete und ein Bündnis mit der Deutschen Bank einging. Inzwischen ist die Roland-Berger-Gruppe, an der Berger selbst noch zehn Prozent hält, mit einem Umsatz von 550 Millionen Euro und 1750 Mitarbeitern im Jahr 2006 hinter McKinsey die zweitgrößte der Branche in Europa. Berger berät überdies zahlreiche Politiker.

Roland Berger, 69, Unternehmensberater und Freund des Fußballs. (Foto: Foto: dpa)

Sein Büro im 32. Stock der Münchner HighLight Towers dürfte zu den schönsten im Lande gehören, nicht nur wegen des grandiosen Blicks, sondern auch wegen der Kunstwerke an den Wänden, zu denen ein hinter seinem Schreibtisch hängender Baselitz zählt. Auch als Aufsichtsratsvorsitzender der gleichnamigen Gruppe hat Roland Berger einen dichten Terminkalender. Das Interview begann mit 20 Minuten Verspätung, dauerte aber exakt die vereinbarten eineinhalb Stunden. Bevor Berger zu einem Gespräch mit einem deutschen Minister eilte, verriet er noch die seiner Meinung nach Verantwortlichen für den Aufschwung der deutschen Wirtschaft: "Die Unternehmer, die Gewerkschaften mit ihrer maßvollen Lohnpolitik, die Bundeskanzler Schröder und Merkel - in dieser Reihenfolge."

SZ: Herr Berger, Uli Hoeneß tönt: "Die Konkurrenz wird uns in der neuen Saison mit dem Fernglas suchen." Ein typischer Fall von Bayern-Arroganz oder der selbstbewusste Auftritt des wieder erstarkten Branchenführers?

Roland Berger: Das gehört zu Uli Hoeneß' Geschäft, um den FC Bayern zu profilieren, ihn bei seinen Anhängern tiefer zu verankern. Die Botschaft lautet: Dies ist unser Aufbruch, und der Verein kommt deswegen nicht in wirtschaftliche Probleme. Diese gewisse Arroganz anderen Klubs gegenüber ist beim FC Bayern ja eine durchaus bewusste und begründete Imagestrategie.

SZ: Mit vorhersehbaren Folgen. Weil die Bayern in Boulevard-Medien als unschlagbar gehandelt werden, befürchtet Karl-Heinz Rummenigge eine Hass-Stimmung bei Auswärtsspielen.

Berger: Der FC Bayern hat sich mit neuen Spielern sehr gut aufgestellt. Insofern gehe ich davon aus, dass er das Potential hat, den Rest der Liga abzuhängen. Auch wenn es für Ottmar Hitzfeld nicht einfach sein wird, aus diesen Stars ein innerlich zusammengehöriges und damit effizientes Team zu formen. Deshalb könnte der Abstand zu den anderen Klubs geringer ausfallen, als es die Reputation der neuen Spieler vermuten lässt.

SZ: Rund 70 Millionen Euro haben die Bayern in neue Spieler investiert, fast so viel wie die anderen 17 Bundesligaklubs zusammen. Und sie haben immer noch mehr als 100 Millionen Euro auf dem Festgeldkonto, während die Klubs der 1. und 2. Liga insgesamt 662,5 Millionen Euro Verbindlichkeiten aufweisen. Was machen die Münchner besser?

Berger: Das geht zurück auf Uli Hoeneß' Antritt als Manager im Jahr 1979. In meinen Augen ist er die Symbolfigur für den Aufbruch des traditionellen deutschen Fußballs ins internationale Geschäft und für die Professionalisierung von Vereinsmanagement. Hoeneß hat als Erster verstanden, dass die Zeiten sich ändern, dass ein Fußballklub wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden muss. Und dass dessen Wert zwar primär in der sportlichen Leistung liegt, aber eben auch in der Unterhaltungsqualität.

SZ: Vor Monaten wirkte Hoeneß ziemlich angeschlagen. Dass Franz Beckenbauers Hauspostille Bild süffisant fragte, ob der Bayern-Manager mit seinen 55 Jahren nicht schon zu alt für den Job sei, hatte ihn offensichtlich verletzt.

Berger: Man merkt Uli Hoeneß deutlich an, dass er Zögerlichkeiten und Enttäuschungen aus der letzten Saison überwunden hat. Er zeigt noch einmal: Kinder, ich bin wieder der Alte, und solange ich diesen Job mache, will ich den FC Bayern international ganz vorne sehen!

SZ: Mitunter erinnert die Bayern-Führung an die legendär zerstrittene SPD-Troika Brandt, Wehner, Schmidt. So geht Beckenbauer in seiner Bild-Kolumne keineswegs immer freundlich mit Hoeneß oder Rummenigge um. Sind Ihnen Fälle aus dem Geschäftsleben geläufig, wo der Vorsitzende des Aufsichtsrats dem Firmenvorstand in Zeitungsartikeln die Meinung geigt?

Berger: Das wäre sicher sehr ungewöhnlich und würde den gängigen und bewährten Führungsprinzipien eines Unternehmens widersprechen. Doch Beckenbauer hat eine Sonderstellung, nicht nur im Fußball, sondern im deutschen Sport generell. Man sieht ihn nicht mehr nur als Präsidenten von Bayern München. Und er hatte sein Leben lang das Glück, dass ihm Fehler immer wieder verziehen werden. Ich glaube auch nicht, dass er dem FC Bayern mit seinen Kolumnen wirklich schadet.

SZ: Weiche Faktoren wie Selbstbewusstsein, Optimismus und Vertrauen in Wachstum tragen nach Erkenntnissen Ihres Unternehmens stark zum derzeitigen Wirtschaftsaufschwung bei. Macht Hoeneß es also richtig, wenn er wieder die Abteilung Attacke übernimmt?

Berger: Ich denke schon. Ein Klub wie der FC Bayern kann nur durch Angriffsfußball und durch ein starkes, manchmal vielleicht überzogen wirkendes Selbstvertrauen wieder dahinkommen, wo er hin muss: an die Spitze, national wie international. Beim Fußball ist es ähnlich wie in der Wirtschaft, die Hälfte des Erfolgs ist Psychologie...

SZ: ... und dazu zählt, die Konkurrenz auch verbal anzugreifen? So wie Hoeneß in der Halbzeit des Ligapokalspiels gegen Werder, als er seinem Kollegen Klaus Allofs die Schuld an den Schmähungen Miroslav Kloses durch Bremer Fans gab.

Berger: Ja. Aggressivität zu zeigen gehört zum Geschäft.

SZ: Nicht alle Mitarbeiter sind so belastbar, wie Chefs sie gerne hätten. Und Fußballer gelten als besonders sensibel. Sehen Sie die Gefahr, dass Bayerns neues Star-Ensemble an dem von Beckenbauer, Hoeneß und Rummenigge forcierten Erfolgsdruck scheitern könnte?

Roland Berger: "Man merkt Uli Hoeneß deutlich an, dass er Zögerlichkeiten und Enttäuschungen aus der letzten Saison überwunden hat." (Foto: Foto: dpa)

Berger: Die Frage stellt sich weniger. Ich sehe, dass zunächst der Wettbewerbsdruck auf die einzelnen Spieler zunimmt. Wenn Podolski und unser "Schweini" nicht als erste Wahl gesehen werden, nagt das sicher an ihrem Selbstbewusstsein. Aber das ist kaum zu vermeiden, wenn 20 Stars miteinander im Wettbewerb stehen: Sie müssen erstens überhaupt aufspielen dürfen; zweitens im Spiel möglichst als Bester in Erscheinung treten, auch in den Medien; drittens objektiv etwas leisten, damit Selbstbewusstsein entsteht. Dabei trotzdem den Teamgeist zu erhalten, darin besteht die Kunst, die ein Fußballtrainer beherrschen muss. Ich denke, Ottmar Hitzfeld stellt in dieser Hinsicht eine gute Wahl dar. Er ist nicht nur ein guter Taktiker, sondern durch seine Seniorität und seine Art, mit Menschen umzugehen, auch ein guter Psychologe.

SZ: Was kann Hitzfeld jetzt besser als vor drei Jahren, als ihn die Bayern feuerten, weil sie unzufrieden mit ihm waren?

Berger: In der Wirtschaft sollten Menschen nicht länger als zehn Jahre eine Firma führen, tunlichst kürzer. Es fällt den meisten dann nichts Neues mehr ein, man kennt sich zu gut, man verschleißt sich. Diesen Mechanismen unterliegen auch Fußballtrainer, oft in noch kürzeren Abständen. Hitzfeld hat nach der Trennung erst mal eine Auszeit genommen, was ich sehr klug fand, und sich nicht gleich ins nächste Abenteuer gestürzt. Das hat ihn ruhiger, ausgeglichener gemacht. Wie ich ihn kenne, hat er in der Zeit viel gelesen, viel nachgedacht und dazugelernt. Die Änderungen, die Jürgen Klinsmann in den deutschen Fußball getragen hat, hat Hitzfeld sicher wahrgenommen.

SZ: Neben Udo Lattek ist Hitzfeld der erfolgreichste deutsche Fußballtrainer. Was kann er von Klinsmann lernen?

Berger: Unter Klinsmann spielte die Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im vorigen Jahr schnellen Offensivfußball. Jeder Einzelne wirkte körperlich bis zur letzten Muskelfaser fit und war psychologisch auf maximale Leistung ausgerichtet, ohne das Team zu vergessen. Ich gehe fest davon aus, dass Hitzfeld diese positiven Elemente und die entsprechenden Methoden aus Klinsmanns Arbeit auch beim FC Bayern umsetzt.

SZ: Welche Bedeutung hat das forsche Auftreten der Münchner auf dem Transfermarkt für die Attraktivität der Liga?

Berger: International gefragte Spitzenspieler wie Franck Ribéry ...

SZ: ... der auch von Real Madrid umworben wurde...

Berger: ... haben gezögert, in die Bundesliga zu kommen. Sie argumentierten, das sei nicht die Top-Liga, in der man die für den Marktwert wichtige Aufmerksamkeit der weltweiten Medien erhält. Sie könne sich auch in der finanziellen Ausstattung nicht mit Italien, Spanien oder England vergleichen. Dass es dem FC Bayern trotzdem gelungen ist, Ribéry oder Luca Toni nach Deutschland zu holen, wertet die gesamte Bundesliga auf.

SZ: Die offensive Einkaufspolitik gefällt nicht jedem. Zur Debatte um den Facharbeitermangel sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder dem Handelsblatt, er möchte nicht, dass es in der Wirtschaft zugehe wie bei vielen deutschen Fußballklubs: "Daheim wenig ausbilden und die guten Spieler im Ausland einkaufen."

Berger: Ich halte diese Äußerung für wenig durchdacht und eher populistisch. Viele Fußballklubs investieren eine Menge Geld in Jugendarbeit und Ausbildungsstätten. Wie die deutsche Wirtschaft befindet sich auch der Fußball im internationalen Wettbewerb. Und wie sich die Deutsche Bank mit Josef Ackermann einen Chef aus der Schweiz holt, der offensichtlich im Moment einer der weltbesten Banker ist, so tut es auch den deutschen Fußballvereinen gut, sich international zu verstärken.

SZ: Auf den lukrativen Merchandising-Märkten in China, Japan und dem Mittleren Osten sind Real Madrid oder Manchester United dem FC Bayern ohnehin um einiges voraus.

Berger: Man gewinnt auf dem Weltmarkt nur, wenn man Zugang zur internationalen Elite der Leistungsträger hat. Das gilt über den Fußball hinaus für die gesamte Gesellschaft.

SZ: Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen des Fußball-Standortes Deutschland?

Berger: Die Deutschen lieben Fußball. Wir können uns auch dafür begeistern, wenn wir nicht Weltmeister werden. Dazu sind wir relativ tolerant, nicht wirklich fanatisch. Natürlich gibt es Ausnahmen, die aber soziologisch und in einigen Gegenden vielleicht auch wirtschaftlich bedingt sind. Die Zuschauer verhalten sich überwiegend fair, auch die Spieler neigen kaum zu faulen Tricks. Das heißt, am Ende siegt die Leistung.

SZ: Die ganz großen Stars wie Kaká, Ronaldinho, Messi erscheinen für die Bundesliga allerdings unerschwinglich.

Berger: Trotz aller anerkennenswerten Bemühungen der Deutschen Fußball Liga gründet ihre eigentliche Schwäche in der finanziellen Ausstattung der Klubs.

SZ: Ein Berlusconi oder Abramowitsch ist nicht in Sicht. Woher soll das Geld kommen?

Berger: Wir haben noch zu wenig Vermarktungs-Knowhow, das Management der Klubs ist oft nicht professionell genug. Steigerungspotential sehe ich bei Fernseh- und Sponsorengeldern. 500 Millionen Euro im Jahr sollte den TV-Anstalten die Bundesliga schon wert sein.

SZ: Sie zahlen 440 Millionen. Gut 20 Millionen Euro jährlich lässt sich Telekom die Trikotwerbung beim FC Bayern kosten. Und das in Zeiten, in denen "uns die Kugeln um die Ohren fliegen", wie Konzernchef René Obermann richtig erkannte: flüchtende Kunden, frustriertes Personal, länger arbeiten für weniger Geld. Und dazu noch der ganze Doping-Schlamassel im Radsport. Hätte die Telekom nicht mehr davon, das Geld in den eigenen Betrieb als in Fußball-Millionäre zu investieren?

Berger: Es ist Aufgabe jedes Managements, seinen Mitarbeitern klarzumachen, dass ihnen das Unternehmen nur Beschäftigung garantieren kann, wenn es mehr Umsatz erwirtschaftet und bessere Erlöse erzielt. Sponsoring ist eine Form der Werbung, der Kundenansprache, die diese Ziele besonders fördert. Ein Konzern wie die Telekom braucht den FC Bayern München nicht, um seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Doch Leistung und Leistungswille der Partner lassen sich durchaus positiv mit der eigenen Marke verknüpfen.

SZ: VW-Chef Martin Winterkorn ist darum bemüht, den ramponierten Ruf seines Unternehmens auch mit Hilfe der 90-prozentigen Firmentochter VfL Wolfsburg aufzupolieren. Er hat den kompetenten Felix Magath engagiert, mit viel Geld und Macht versehen und plant akribisch den Erfolg. Denken Sie, die Menschen vergessen die Schmuddelgeschichten über Bordellbesuche auf Betriebskosten eher, wenn Wolfsburg besser Fußball spielt?

Berger: Eins steht jedenfalls fest: Sport - welcher auch immer - ist sehr beliebt. Sogar Disziplinen, die sich wie der Radsport durch unsportliches Verhalten selbst in die negativen Schlagzeilen bringen, werden im Kern positiv gesehen. Durch die intensive Verbindung mit dem Volkssport Fußball gewinnt ein Unternehmen auf jeden Fall Sympathien. Zwar ist Sportsponsoring nicht dazu da, Verfehlungen zu kompensieren. Aber sportlicher Erfolg wird, zumindest regional, von negativen Berichten ablenken und Sympathien eintragen.

SZ: Zur Ausstattung der Fußballstadien gehören inzwischen VIP-Logen, in denen Firmen Großkunden bewirten...

Berger: ... und geschäftliche Themen bereden. Auch die signifikant besseren Stadien machen das Umfeld Fußball für Sponsoren interessanter. Wir besitzen eine Menge guter Voraussetzungen, damit der ökonomische Faktor Fußball, der für unsere Volkswirtschaft kaum zu überschätzen ist, eine größere Rolle spielen kann. Bizarr ist allerdings, wenn ein Sponsor wie Herr Claassen von EnBW dann gerichtlich für einige Kartengutscheine belangt wird.

SZ: Die Karlsruher Staatsanwaltschaft klagt den Chef des drittgrößten deutschen Energieversorgers wegen Vorteilsgewährung an. Er hatte mit der Weihnachtspost 2005 an sieben Politiker, darunter Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, Gutscheine für kostenlose WM-Tickets verschickt.

Berger: In meinen Augen ist es schlicht absurd, eine Vorteilsgewährung darin zu sehen, wenn ein Unternehmen einen Politiker zu einem Fußballspiel einlädt. Noch dazu zu einem Spiel, dass die eigene Firma mit erheblichen Geldbeträgen zugunsten des Sports und damit des Allgemeinwohls sponsert.

SZ: So leicht sind Politiker dann doch nicht zu kaufen?

Berger: Ganz sicher nicht. Wenn ein Firmenchef einen Ministerpräsidenten in sein Ferienhaus einlädt, muss der ihm 50 Euro in die Hand drücken, um nachweisen zu können, dass er den Preis einer benachbarten Pension bezahlt hat. Ich finde das absurd in einem Land, das die Besten für seine Politik benötigt.

SZ: Eine Studie der Universität Mannheim kommt zum kaum überraschenden Resultat: Auch in der Markenstärke, bei zunehmender Kommerzialisierung wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg, sind die Münchner führend in der Bundesliga. Aber eindeutig beliebter ist Werder Bremen. Warum?

Berger: Der FC Bayern hat es nie darauf angelegt, beliebt zu sein, sondern elitär und herausragend, und das auch zu zeigen. Wenn es sein muss, eben mit marketingmäßig durchdacht vorgetragener Arroganz. Beliebtheit gehört nicht zu den Primäreigenschaften, die der Klub kommunizieren möchte. In Bremen ist es genau umgekehrt. Man musste sich immer zurückhaltend geben, nach dem Motto: Wir bringen es mit Fleiß, Disziplin, Bescheidenheit auch nach oben.

SZ: Eine Haltung, die vor allem der langjährige Bremer Trainer Otto Rehhagel verkörperte. Sein Scheitern beim kurzzeitigen Gastspiel in München war wohl unvermeidbar.

Berger: Die hanseatische Art, sich durch solide Arbeit und Bescheidenheit im Auftritt zu profilieren, unterscheidet sich deutlich vom Showcharakter Münchens. Wenn ein Verein mit so wenig Mitteln so erfolgreich wird wie Werder Bremen, dann fällt es leicht, sich mit ihm zu identifizieren. Das schafft Beliebtheit.

SZ: Das Publikum auf den besseren Plätzen unterscheidet sich vom engagierten Fan meist durch größere Zurückhaltung. Wie ist das bei Ihnen: Sind Sie im Stadion emotional dabei oder ein mehr distanzierter Betrachter?

Berger: Wenn ein Tor für meine Mannschaft fällt, springe ich auf und rufe "Tor". Und wenn's schiefgeht, ärgere ich mich und schimpfe, auch schon mal auf den Trainer. Wie vor acht Jahren in Barcelona, als Hitzfeld durch das Auswechseln von Spielern das Champions-League-Finale gegen Manchester United in der Nachspielzeit verloren hat. In diesem Moment empfand ich den von mir sonst hoch geschätzten Hitzfeld als Staatsfeind Nummer eins.

SZ: Sie leiden nach Niederlagen?

Berger: In Barcelona hat es sich angefühlt, als wäre ein Angehöriger gestorben. Das Dinner nach dem verlorenen Finale ähnelte einem Leichenschmaus.

© SZ vom 4.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: