Fußball-Bundesliga:Nicht mehr als das Gerippe

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Der FC Bayern trainiert dezimiert und warnt vor einem schlechten Saisonstart. Auch die Stammplätze sind bisher so gut wie nicht verteilt.

Marc Baumann

Der bullige junge Mann war nicht zu übersehen. Keine 30 Meter entfernt vom Vormittagstraining des FC Bayern stand der beeindruckend muskulöse dunkelhäutige Torwart auf dem Nebenplatz in Rottach-Egern. Überraschend gelenkig hechtete er den Bällen seines Torwarttrainers hinterher.

Ohne unhöflich sein zu wollen, aber zum hier beheimateten FC Rottach-Egern konnten die beiden nicht gehören, Kreisklasse-Fußballer sehen anders aus. Tatsächlich waren Profis am Werk: Denn nicht nur der deutsche Meister bereitet sich in dem kleinen Städtchen am Tegernsee auf die kommende Saison vor, gleichzeitig und in Blickweite trainiert der englische Erstligist und Uefa-Cup-Teilnehmer Blackburn Rovers.

Die Bayern wohnen wie jedes Jahr im Hotel Bachmair Alpina, die Briten im Hotel Bachmair am See, den Sportplatz teilt man sich. Eine durchaus interessante Konstellation.

Nahezu wöchentlich klagen ja die Bayern-Vorstände Rummenigge ("Die Bundesliga braucht mehr internationale Stars") und Hoeneß über den Bedeutungsverlust der Bundesliga im internationalen Fußball.

An diesem Vormittag brauchten die zahlreichen Zuschauer am Sportplatz in Rottach-Egern nur ihren Kopf hin- und herzudrehen, für den direkten Vergleich zwischen deutschem und englischem Fußball, zwischen Haupt- und Nebenplatz. Es war nur eine Momentaufnahme, aber zwei Unterschiede diskutierte der Bayernanhang: Die Engländer waren allesamt Kraftpakete, und ihre Trainingseinheit schien deutlich intensiver.

Die Zeichen der Zeit: Tempofußball und Fitness

Anders, als man das etwa von Mallorca kennt, kamen die Briten mit der prallen Sonnen gut zurecht. Auf engstem Raum ließ sie ihr Trainer, der ehemalige Bayernstürmer Mark Hughes, das Kurzpass-Spiel üben. Der FC Bayern vergnügte sich derweil vergleichsweise angenehm mit einer Art Handball über den halben Rasenplatz.

Nun gehört Felix Magath zu den deutschen Trainern, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Auch er setzt auf Tempofußball und körperliche Fitness. Doch selbst das härteste Training würde Felix Magath derzeit wenig bringen: Ihm fehlt ganz einfach der wichtigste Teil seiner Mannschaft.

Dabei bleibt bis zum Saisonstart gegen Dortmund kaum mehr Zeit neben der viertägigen PR-Reise nach Japan und dem Ligapokal. Die Fußballprofis, die mit Magath von Montag bis Donnerstag am Tegernsee wohnen, sind nicht mehr als das Gerippe des FC Bayern 2006/2007.

Einzig Daniel van Buyten dürfte seinen Stammplatz sicher haben. Der Rest darf sich bislang nur Hoffnungen machen, um nur die wichtigsten zu nennen: Demichelis, Makaay, Karimi, Scholl, Salihamidzic und Hargreaves - wobei Hargreaves seinen Stellenwert durch die WM deutlich gesteigert sieht. Magath kann jedenfalls kaum ernsthaft planen, solange Lahm, Schweinsteiger, Podolski und Sagnol noch im WM-Urlaub weilen. "Mal sehen in welcher Form sie aus dem Urlaub zurückkehren, das ist ja von Spieler zu Spieler verschieden", sagte er lapidar.

Lucio zumindest "wurde bereits in München gesichtet", wie Pressechef Markus Hörwick amüsiert anmerkte, der Brasilianer sollte am späteren Montag am Tegernsee eintreffen.

Die Vorbereitung ohne Nationalspieler zu beginnen, ist Magath von der EM 2004 und dem Konföderationenpokal 2005 gewöhnt, doch so viele Ausfälle wie in diesem Sommer sind auch für ihn eine Herausforderung.

Erst zwölf Tage vor dem Bundesligaauftakt wird Magath seinen vollständigen Kader vor sich stehen haben. Er bittet bereits um Verständnis, dass der FC Bayern "vielleicht noch den August braucht, um sich als Mannschaft wieder zu finden". Das wird man in der Bundesliga gerne hören.

Außer den WM-Spätfolgen belasten Magath auch die Verletzungen von Valérien Ismaël, Claudio Pizarro und ganz aktuell Christian Lell. Bitter ist die schwere Verletzung des aus Köln zurückgekehrten Lell, die Abwesenheit von Sagnol war seine große Chance auf einen Einsatz zum Ligastart.

Ruud van Nistelrooy geistert weiter durch die Medien

Der ebenfalls verletzte Ismaël könnte hingegen von einer taktischen Neuerung von Felix Magath profitieren: Der Trainer spielt in Gedanken offenbar mit einer 3-5-2-Aufstellung, wie er am Montag ins Gespräch einstreute, die "3" stünde dann für Lucio, van Buyten und eben Ismaël, Sagnol und Lahm würden das Mittelfeld verstärken.

Spannender noch ist die Frage, wie der Sturm besetzt sein wird, der Name Ruud van Nistelrooy geistert bereits so lange durch die Schlagzeilen, dass er tatsächlich kommen könnte.

Uli Hoeneß trägt sein Möglichstes zur allgemeinen Verwirrung bei: Am Sonntag noch sprach er von einer Wahrscheinlichkeit von "fünf Prozent", den Holländer verpflichten zu können, am Montag klang er deutlich optimistischer und verkündete eine Entscheidung "in den nächsten acht bis zehn Tagen".

© SZ vom 25.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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