Führungskrise bei 1860:Fauler Frieden

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Die Einigung der zerstrittenen Lager ist eine taktische Verschnaufpause. Der Fußball-Zweitligist 1860 München kann nicht zur Ruhe kommen, so lange Geschäftsführer Ziffzer Spaltungspolitik betreibt.

Ein Kommentar von Gerald Kleffmann

Nun haben sich Präsidium und Geschäftsführung des TSV 1860 getroffen, und wie das ist, wenn sich zerstrittene Meinungsführer austauschen, lässt sich darauf wetten, dass am Ende offiziell verlautbart wird: alle Missverständnisse ausgeräumt. Ja, auch dieses Mal wurde dieses Märchen erzählt, keiner will sich die Blöße geben, einem konstruktiven Miteinander im Weg zu stehen. Das Spiel, anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben, beherrschen alle Beteiligten ganz gut, zurzeit heißt das Motto eben: taktische Verschnaufpause, sich neu sortieren - ehe die Spannungen untereinander weitergehen.

Die Idylle vor der Arena trügt. Bei 1860 München streiten wieder einmal die Funktionäre. (Foto: Foto: ddp)

Dass sie das tun werden, steht außer Frage. Der Frieden, der am Freitag geschlossen wurde, ist faul. Zu viel ist vorgefallen, als dass Präsident Albrecht von Linde und Finanzchef Stefan Ziffzer einander vertrauen würden. Oder hätte Cliff Barnes je loyal zu JR Ewing gestanden? Höhepunkt des Duells war der vorgetäuschte Rücktritt Ziffzers - den von Linde allen Ernstes annahm. Immerhin wurden die Sichtweisen beider transparent: Ziffzer scheint sich so mächtig zu fühlen, dass er sich Spielchen leistet, für die Angestellte normalerweise Probleme bekommen.

Oder wollte er nur vom Thema ablenken, das von Linde eröffnet hatte (,,Sanierung funktioniert nicht richtig'')? Der Präsident wiederum würde wohl jede Chance nutzen, um den Widersacher loszuwerden. Die Rücktrittsposse wäre diese Chance gewesen. Doch es gibt Handlungszwänge fürs Präsidium - der Moment verstrich ohne angemessene Folgen.

1860 kann sich eine Trennung von Ziffzer finanziell nicht leisten. Zum einen bestehen anscheinend gewisse Abhängigkeiten. Müsste Ziffzer gehen, würde wohl ein Kredit der Nordfinanz zurückgezogen werden. Diese Drohkulisse taucht regelmäßig auf. Traurig ist das, belegt sie doch, dass Sechzig sein Schicksal nicht selbst im Griff hat.

Zum anderen scheint Ziffzers Arbeitsvertrag unanfechtbar zu sein. Gefragt, ob er eine Entlassung fürchte, antwortete Ziffzer, es klang fast spöttisch: ,,Wenn (....) der Vertrag Handlungsspielräume gibt, dann ist das die Entscheidung der Gremien.'' Da weiß sich wohl einer vertraglich bestens abgesichert.

Ihm ist das nicht mal anzulasten, das alte Präsidium hatte Ziffzer geholt. Obwohl 1860 fast pleite war, erhielt er zudem einen Vertrag bis 2010. Nun müssen das neue Präsidium und der neue Aufsichtsrat mit dem rätselhaften Geschäftsführer klarkommen. Eine Basis für eine gute Zukunft ist dieser Zwang nicht.

1860 jedenfalls wird weiterhin sein Potential als Marke nicht ausschöpfen, solange eine Führungskraft die Lager spaltet, die sie nicht spalten dürfte. Oder hat man je krawallige Zeilen über Karl Hopfner vom FCB gelesen oder gerätselt, ob der ein besonnener, fähiger Finanzmann sei?

© SZ vom 11.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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