Freiburg siegt gegen Gladbach:Wehgetan

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Doppeltorschütze für Freiburg: Maximilian Philipp. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Seltsam passive Champions-League-Teilnehmer aus Gladbach werden von Aufsteiger Freiburg vorgeführt. Und nun wartet auch noch Pep Guardiola.

Von  Christoph Ruf, Freiburg

Das Freiburger Stadion weist zahlreiche bauliche Besonderheiten auf. Neben einer Interviewzone, die kleiner sein dürfte als die Besenkammer in der Münchner Arena, wäre die Tatsache zu nennen, dass der gegnerische Teambus direkt vor dem Kabinenausgang parkt. Damit befindet er sich nur wenige Meter neben dem Aufgang zur Haupttribüne, Tausende Fans können also die Spieler nach Autogrammen, Trikots oder Handynummern ("Manu, ich will ein Kind von dir!") fragen.

Für Mönchengladbachs Spieler war diese Nähe zum eigenen Anhang nicht unbedingt von Vorteil. Nicht, dass sie sich hinter den nur leicht abgedunkelten Scheiben des Busses anders verhalten hätten als andere Bundesligaspieler. Doch nach diesem ein wenig blamablen 1:3 (1:0) in Freiburg war es nur eine Frage der Zeit, ehe der Anblick der auf ihre Handys starrenden Akteure die ersten sarkastischen Kommentare hervorrief. "Die bewegen sich da drin auch nicht weniger als auf dem Platz", gehörte noch zu den zärtlicheren Unmutsbekundungen (Kinderwünsche waren hingegen nicht zu vernehmen).

Tatsächlich hatte Freiburgs Nils Petersen Recht, als er mit seiner Spielanalyse Salz in die Wunden des Gegners streute. "Wir haben Gladbach als Mannschaft immer wieder wehgetan", sagte der Stürmer: "Das muss man auch in dieser Liga. Aber das hat ihnen nicht gefallen."

Damit hatte der Elfmeter-Torschütze zum 3:1 aus Gladbacher Sicht ebenso wenig Schmeichelhaftes parat wie Doppeltorschütze Maximilian Philipp, der betonte, er sei sich "von Beginn des Spiels an sicher gewesen, dass wir heute gewinnen". So kam es dann auch, weil der Aufsteiger jene Tugenden zeigte, die Trainer André Schubert später seiner Mannschaft absprach: "Die Analyse fällt heute aus, weil die Basics gefehlt haben." Darüber, ob diese Hauptsatz-Nebensatz-Konstruktion im Ganzen logisch ist, könnte man diskutieren.

Unstrittigerweise liefen die Freiburger allerdings glatte sieben Kilometer mehr als ihre Gegner, zogen sich nach Ballverlusten schnell zurück und ließen den sonst als kombinationssicher bekannten Gästen mit dieser Spielweise gar nicht erst die benötigten Räume. Dass allein die fußballerischen Grundtugenden - bei allem für einen Aufsteiger ordentlichen spielerischen Können - an diesem Tag ein probates Mittel waren, um die Borussia auszuhebeln, dürfte für ernste Worte bei der nächsten Teamsitzung in Gladbach sorgen.

In Freiburg blieb es jedenfalls beim schönen Treffer von Thorgan Hazard (35.) und damit, wenigstens das, bei einer spektakulär guten Chancenverwertung. Insgesamt kamen ja überhaupt nur zwei Gladbacher Schüsse aufs Tor. Merkwürdig, wie ein Team, das in der Champions-League-Qualifikation gegen Young Boys Bern (insgesamt neun Tore) und im ersten Liga-Spiel gegen Leverkusen (2:1) viel Lob bekommen hatte, solch einen dramatischen Leistungsabfall hinbekommen kann.

"Das eine Spiel hat mit dem anderen nichts zu tun", sagt Trainer André Schubert

Freiburg hätte sogar noch höher gewinnen können. Doch Yann Sommer, der bei einem Florian-Niederlechner-Schuss an den Pfosten Glück hatte, dass ihm seine überschaubare Größe nicht zum Verhängnis wurde, hielt zwei, drei Mal gut.

"Wir haben Leidenschaft und Kampfbereitschaft vermissen lassen", stellte Schubert fest: "Wir waren immer einen Schritt langsamer als der Gegner." Es war auch nicht zu übersehen gewesen, dass da eine Mannschaft nicht mit aller Energie versuchte, eine Führung, die hätte beruhigen können, über die Zeit zu retten. Oder gar ein Tor nachzulegen gegen eine Elf, die sich bei ihrem 1:2 verlorenen Saisondebüt bei Hertha BSC Berlin als anfällig in der Defensive erwiesen hatte. Doch das offensive Trio um Lars Stindl, Hazard und Raffael kam so gut wie nie in die gefährliche Zone. Und die Mittelfeldleute rückten viel zu zaghaft nach, um eine Freiburger Elf in Gefahr zu bringen, die geschickt die Räume verdichtete. Als Freiburg nach dem 1:1 mit aller Macht auf den Sieg drängte, hatte wohl niemand im Stadion den Eindruck, dass die Borussia ernsthaft etwas dagegensetzte. Auch das bedarf der Aufarbeitung.

"Das eine Spiel hat ja mit dem anderen nichts zu tun", stellte Schubert dazu fest. Gefragt worden war er, ob ihm der Auftritt im heißen Schwarzwaldstadion denn keine Sorgen im Hinblick auf das Champions-League-Spiel am Dienstag bei Manchester City bereite. Wie schon erwähnt: Nicht alles folgte bei diesem seltsamen Gladbacher Ausflug jener Logik, die man sonst so kennt.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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