Frauen-Fußball:Aus dem Tritt geraten

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DFB-Elf verliert vor dem WM-Viertelfinale Jones und Bresonik

München - Der Schock saß tief. Gerade hatte die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft auch ihr drittes Spiel bei der WM in den USA gewonnen. 6:1 (4:0) stand es nach 90 Minuten gegen WM-Debütant Argentinien im RFK Memorial Stadium in Washington, Deutschland hatte die Gruppe C wunschgemäß auf dem ersten Tabellenplatz beendet. Der Erfolg war so deutlich wie geplant, auch die eingewechselten Stürmerinnen Conny Pohlers (89.) und Martina Müller (90.) hatten mit je einem Tor ihr Soll erfüllt. Doch Zahlen und Statistiken interessierten in dieser Nacht niemanden aus der deutschen Delegation. Alle warteten im Hotel auf Nachricht aus dem Krankenhaus, und als Verteidigerin Steffi Jones gegen 23 Uhr auf Krücken zurückkam und den Verdacht auf Kreuzbandriss bestätigte, blieben die Mienen trotz des hohen Sieges ernst.

Steffi Jones, souveräne Abwehrchefin und zuverlässigste WM-Spielerin von Bundestrainerin Tina Theune-Meyer, hatte sich in der 59. Minute das rechte Knie verdreht und war mit dicker Bandage vom Feld geführt worden. Nach dem Spiel stand fest: Die 30-jährige Frankfurterin scheidet mit einem Kreuzbandriss für diese WM aus. Sie ist bereits mit Verteidigerin Linda Bresonik, die sich eine Muskelverletzung zugezogen hatte, für die notwendige Operation nach Deutschland zurückgeflogen. "Das ist ein schwerer Schlag für uns", sagte Bundestrainerin Theune-Meyer, "Steffi ist eine unserer Führungsspielerinnen, die ein hervorragendes Turnier spielte. Sie wird uns sehr fehlen."

Schon vor der Partie gegen Argentinien stand Deutschland als Viertelfinalteilnehmer fest. Auch über einen Sieg gegen die körperlich und taktisch unterlegenen Südamerikanerinnen und damit über den Gruppensieg herrschte kein Zweifel. "Wir werden gewinnen", hatte Jones gesagt, "die Frage ist nur - wie hoch?" Dass ausgerechnet sie einen hohen Preis zahlen musste im letzten Vorrundenspiel, trifft die DFB-Elf besonders. Denn mit Abwehrchefin Jones ging dem Spiel der Deutschen die defensive Ordnung verloren. "Jede muss sich jetzt etwas mehr reinhängen" forderte Bundestrainerin Theune-Meyer, "dafür haben wir schließlich einige gestandene Frauen im Team." Voraussichtlich soll Nia Künzer, 23, vom 1. FFC Frankfurt den Platz der Profifußballerin und mehrfachen Europameisterin einnehmen.

In der ersten Halbzeit zeigte die DFB-Elf noch, dass sie sich Selbstvertrauen für die K.O.-Spiele holen wollte. Nach 28 Sekunden schoss Birgit Prinz das erste Mal aufs argentinische Tor, nach 2:52 Minuten setzte Maren Meinert den Ball volley zum 1:0 ins Tor. Bettina Wiegmann (24., Foulelfmeter an Prinz), Prinz mit ihrem vierten WM-Tor (32.) und nochmal Meinert (43.) zurrten die Verhältnisse auf dem Platz noch vor der Pause fest. Mit der Herausnahme der Flügelspielerinnen Stefanie Gottschlich und Kerstin Garefrekes fehlten der Offensive der Deutschen nach der Pause jedoch Genauigkeit und Verständnis. Nach Jones' Ausscheiden wackelte auch die Abwehr. Nach missglückter Faustabwehr von Torhüterin Silke Rottenberg gelang Argentinien das 1:4 und damit der erste WM-Treffer überhaupt (71.).

Am Donnerstag, 2. Oktober (1.30 Uhr/Eurosport), geht es nun für Deutschland gegen Russland oder China um den Einzug ins Halbfinale und um die Qualifikation für Olympia 2004. Nur die beiden besten europäischen Teams dürfen nach Athen, und noch kämpfen in den Viertelfinals auch Norwegen (gegen Titelverteidiger USA) und voraussichtlich Schweden (gegen Brasilien) um die Plätze. "Wir haben genug Klasse, um endlich den Titel zu holen", sagte Stürmerin Prinz trotzig. Das werden sie nun beweisen müssen.

Kathrin Steinbichler

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