Franz Beckenbauer:"Tendenz: Es wird ein Ausländer"

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Auch drei Wochen nach dem Rücktritt von Rudi Völler als DFB-Teamchef hält das Rätselraten um den neuen Bundestrainer an. Allerdings kristallisiert sich immer mehr heraus, dass ein Ausländer den Posten übernehmen soll.

"Die Tendenz heute ist: Es wird ein Ausländer", sagte Franz Beckenbauer als "Chef" der vierköpfigen Trainerfindungskommission (TFK) des DFB der Bild-Zeitung. Das wäre ein Novum in der 104-jährigen Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Das Gremium mit Beckenbauer, DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, Verbands-Generalsekretär Horst R. Schmidt und Ligachef Werner Hackmann hatte am Dienstag rund drei Stunden in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main getagt, war anschließend aber zu keiner Stellungnahme bereit. Bild-Kolumnist Beckenbauer verriet dann aber in seiner Hauspostille: "Wir haben uns auf einen Arbeitsplan verständigt. Möglich, dass schon Mittwoch oder Donnerstag erste Resultate vermeldet werden können."

Durch diese Aussagen nährte der WM-OK-Präsident die Spekulationen um den Niederländer Guus Hiddink, der angeblich nach den Absagen von Ottmar Hitzfeld und Otto Rehhagel der Top-Favorit auch die Nachfolge von Rudi Völler sein soll. "Den könnte ich mir gut vorstellen", so Beckenbauer. Der 57-jährige Hiddink steht allerdings beim PSV Eindhoven als Trainer und Sportdirektor noch bis 2007 unter Vertrag. Auch der dänische Nationaltrainer Morten Olsen bleibt in der Verlosung.

Matthäus weiter im Gespräch

"Es ist immer schön, wenn Fußballgrößen wie Franz Beckenbauer so über einen sprechen", sagte Hiddink der Tageszeitung Die Welt und wischte zudem jegliche Zweifel vom Tisch, dass es zu einem Problem werden könnte, wenn ausgerechnet ein Coach aus den Niederlanden den Erzrivalen Deutschland betreuen würde: "Warum nicht, jetzt sind alle Länder europäisch." Auf die Frage, ob er schon Kontakt zu Beckenbauer gehabt habe, meinte der Erfolgstrainer vieldeutig: "Kein Kommentar."

Auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bleibt laut Beckenbauer aber im Rennen. "Wir sind froh über Kandidaten, die zu haben sind." Matthäus selbst führte in seiner SportBild-Kolumne an, dass die Einwände gegen seine Person aufgrund seines Alters schlichtweg falsch seien: "Da möchte ich nur bemerken, dass Franz Beckenbauer 39 war, als er 1984 den Posten des Teamchefs übernahm, Und Rudi Völler war vor vier Jahren 40. Ich wäre also, würden sich die Herren des DFB für mich entscheiden, mit 43 Jahren mit Abstand der Älteste von uns dreien."

Das Alter darf nach Meinung von Matthäus ohnehin nur eine untergeordnete Rolle spielen: "Ob einer 40 oder 60 Jahre alt ist, das muss in diesem Falle Nebensache bleiben. Wichtig ist, dass der Neue die Spieler begeistert. Dass er ihnen vermittelt, dass es etwas Besonderes ist, den Adler auf der Brust zu tragen. Dass dies einem Orden gleichkommt."

Obwohl Matthäus offensichtlich sehnsüchtig auf einen Anruf von DFB-Cheffahnder Beckenbauer wartet, stellte dieser grundsätzlch fest: "Es ist eine Misere - wo kriegst du im Juli einen Trainer her?" Seinen Humor hat der Bayern-Präsident allerdings trotz der jüngsten Nackenschläge nicht verloren: "Beim Anpfiff zum WM-Eröffnungsspiel 2006 wird ein guter Mann bei uns auf der Bank sitzen."

Nach Informationen des Express soll Beckenbauer aber auch noch weiter Ottmar Hitzfeld zum Umdenken bewegen. "Franz Beckenbauer wird mit ihm noch einmal reden. Er ist nun einmal die beste Lösung. Man sollte ihm jetzt Zeit zum Durchatmen geben", sagte der bayrische Verbandschef Heinrich Schmidhuber dem Blatt nach einem Treffen mit Beckenbauer in Frankfurt/Main.

Für Schmidhuber stehen Kandidaten wie Matthäus und Paul Breitner nicht zur Debatte: "Schmarrn. Die haben sich selbst ins Gespräch gebracht." Nach Ansicht von Schmidhuber könnte sich Beckenbauer bei einer Verpflichtung von Hitzfeld, der am 1. Juli abgesagt hatte, noch einen weiteren Heiligenschein verdienen: "Wenn der Franz ihn tatsächlich noch einmal überredet, ist er nicht nur der Kaiser, sondern der Über-Kaiser."

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