34 Flanken, 38 Torschüsse, kein Tor:Sturmlauf ohne Präzision

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Bei Oliver Kahns Comeback rennt der FC Bayern 90 Minuten vergeblich gegen Frankfurt an. Da den Münchnern außer hohen Bällen wenig einfällt, darf die Eintracht beim 0:0 einen Punkt bejubeln.

Lars Spannagel

Oliver Kahn hat Kollegen, wie sie sich jeder wünscht, der nach längerer Krankheit oder Urlaub zurück an seinen Arbeitsplatz kommt. Wer will dann schon gleich mit vollem Tempo in den harten Alltag einsteigen? Kahns Mitspieler vom FC Bayern gönnten ihrem Torwart einen mehr als behutsamen Wiedereinstieg ins Berufsleben. Beim 0:0 gegen Eintracht Frankfurt musste der von seiner Ellbogenverletzung genesene Kahn eine knappe Stunde lang nicht ein einziges Mal eingreifen. Da es Kahns Kameraden allerdings trotz drückender Überlegenheit versäumten, ein Tor zu schießen, konnten sich die Frankfurter am Ende über einen hart erkämpften Punkt freuen.

Zum Verzweifeln: Bayerns bisheriger Torgarant Luca Toni. (Foto: Foto: ddp)

Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld hatte seine Mannschaft im Vergleich zum Pokalspiel gegen Mönchengladbach auf fünf Positionen umgestellt. Klose stürmte wieder für Podolski, Lell ersetzte Jansen, dafür rückte Lahm auf die linke Abwehrseite. Im Mittelfeld standen van Bommel und Ribéry für Schweinsteiger und Ottl auf dem Platz und im Tor musste Michael Rensing Oliver Kahn weichen. Als noble Geste am Rande überließ Kahn die Kapitänsbinde seinem Vertreter Lucio, zumindest noch für dieses eine Spiel. Bei den Frankfurtern fehlte das bewährte Flanke-Kopfball-Tor-Duo Albert Streit und Sotirios Kyrgiakos sowie Mittelfeldspieler Alexander Meier.

Bereits nach 13 Sekunden musste Frankfurts Torwart Oka Nikolov in höchster Not gegen Luca Toni retten. "Wenn der Ball reingeht, kann das Spiel auch ganz anders ausgehen" sagte Nikolov nach dem Abpfiff. Im Gegensatz zu seinem Gegenüber konnte sich Nikolov in der Folge nicht über mangelnde Beschäftigung beklagen. Die Münchner drängten Frankfurt über 90 Minuten in den eigenen Strafraum, meist war Oliver Kahn der einzige Spieler in der Hälfte der Bayern. Zehn Ecken erarbeiteten sich die Münchner bis zur Pause, die Frankfurter Fans jubelten schon, wenn ihre Mannschaft gegen den überlegenen Gegner einen Abschlag herausholte.

Die zweite Hälfte brachte zunächst keine Veränderung: Zu Beginn gab es eine Großchance für Klose, Ribéry verfehlte das Tor nur knapp. In der 52. Minute schoss die Eintracht das erste Mal in etwa in die Richtung von Oliver Kahns Tor. Der konnte allerdings entspannt zusehen, wie der Ball fünf Meter über die Latte ging. In der 57. Minute musste Kahn dann doch ein einziges Mal zeigen, dass er fit ins Bayern-Tor zurückgekehrt ist - ohne Probleme fing er eine harmlose Frankfurter Flanke ab.

Als noch eine halbe Stunde zu spielen war, schienen die Bayern ein bisschen die Geduld zu verlieren. Van Bommel versuchte sich mehrere Male aus der zweiten Reihe, hohe Flanken auf Toni und Klose fanden ihr Ziel nicht. Die Frankfurter wurden ein bisschen mutiger und erarbeiteten sich zwei Eckbälle, bei denen aber auch keine Torchance heraussprang. Hitzfeld brachte in der 67. Minute Bastian Schweinsteiger für Hamit Altintop, den sonst so kreativen Offensivspielern des FC Bayern fiel aber nach wie vor wenig gegen die gut organisierte Frankfurter Verteidigung ein. Die souveränen Manndecker Chris und Aaron Galindo köpften den Ball Angriff für Angriff aus dem Strafraum. Was die beiden nicht abräumten, sammelte Oka Nikolov ein. Auch die Einwechslung von Jan Schlaudraff für den ermatteten Franck Ribéry brachte keine Besserung ins Angriffsspiel der Münchner.

Acht Minuten vor Abpfiff stand es immer noch 0:0, aber 16:2 nach Ecken. Lukas Podolski kam für Zé Roberto, die Angriffsbemühungen der Münchner wurden immer planloser und hektischer. "Wir haben nicht präzise genug geflankt", fasste Ottmar Hitzfeld zusammen, "der letzte Pass kam nicht an. An diesem Killerinstinkt müssen wir arbeiten." Am Ende wies die Statistik 34 Flanken und 38 Torschüsse der Bayern aus. Die Frankfurter Fans feierten jeden Ball, den ein Eintracht-Verteidiger ins Publikum drosch. Beim Abpfiff standen die Bayern-Spieler einigermaßen ratlos auf dem Rasen, die Eintracht-Anhänger feierten ihre Helden. "Ab der 75. Minute sind die Bayern müde geworden, da habe ich fest mit dem Punkt gerechnet", sagte Oka Nikolov, "ich habe das Spiel genossen." Oliver Kahn zog es vor, seinen außerordentlich ruhigen aber letztlich unbefriedigenden Abend kommentarlos zu beschließen.

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