FCI feiert das 1:1:Kölsch ohne Coach

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Beim Remis in Köln gibt der FC Ingolstadt auswärts die ersten Punkte ab. Die Kneipentour in der Domstadt lässt sich der Aufsteiger davon aber nicht vermiesen. Nur Trainer Hasenhüttl verzichtet.

Von Philipp Selldorf, Köln

Es ging um Alkohol und eine kollektive Partytour durch Kölner Kneipen, nachdem der FC Ingolstadt das vierte Auswärtsspiel der Vereinsgeschichte in der Bundesliga bestritten hatte. Die Belegschaft des Aufsteigers wollte das 1:1 beim 1. FC Köln im sündigen Nachtleben der großen Stadt feiern, in Ingolstadt seien die Gelegenheiten dazu ja nicht ganz so vielfältig, wie Kapitän Marvin Matip zu bedenken gab. Doch der Trainer Ralph Hasenhüttel äußerte Bedenken. Niemals, so lehrte er, sei Alkohol schlechter für den Körper als nach dem Spiel.

Natürlich hat Hasenhüttel dann doch sein Einverständnis gegeben ("Ich bin ja kein Unmensch"), und er hat seinen Spielern sogar noch einen großen Gefallen getan, denn er hat darauf verzichtet, mit ihnen durch die Stadt zu ziehen. Einerseits, weil er meinte, dass der Spaß für seine Fußballer dann deutlich größer sei, andererseits, weil er nicht gern Bier trinkt, nicht mal Kölsch.

"Elf Punkte nach sieben Spielen - das ist der Wahnsinn"

Doch auch in nüchternem Zustand herrschte schon gute Laune in der Ingolstädter Fraktion. "Elf Punkte nach sieben Spielen - was soll man dazu sagen als Aufsteiger? Das ist Wahnsinn!", rief Hasenhüttel aus. Nach drei 1:0-Auswärtssiegen war dieses Remis beim Vorjahresaufsteiger zwar das vermeintlich normalste Resultat, es war aber nach Einschätzung der Beteiligten das schwierigste Spiel in der bisherigen Reihe.

Alle sprachen später vom "Hexenkessel" in Müngersdorf und von dem enormen Druck, den das lebhafte Kölner Publikum auf das Spiel der Gastmannschaft ausübe. Tatsächlich lagen die Ingolstädter schon nach zehn Minuten 0:1 zurück, nachdem Matip im Deckungszentrum den Kölner Torjäger Anthony Modeste einen Moment unbeobachtet gelassen hatte. Die Flanke von Marcel Risse erreichte ungestört ihr Ziel und Modeste konnte den dritten Kopfballtreffer der Saison setzen (zwei verwandelte Elfmeter zieren zusätzlich seine Schützenstatistik).

Kollektiv an die Theke: Ingolstadts Belegschaft belohnte sich für den Puntkgewinn mit Kölsch und bleibt in der Fremde unbesiegt. (Foto: Mika Volkmann/Getty Images)

Überhaupt traten die beiden Urheber der 1:0-Führung beim Gegner als herausragende Unruhestifter in Erscheinung. "Risse war für uns in der ersten Halbzeit kaum zu halten", sagte Hasenhüttel. Sein Kölner Kollege Peter Stöger hatte den üblicherweise als Flügelläufer fungierenden Risse geschickterweise als Rechtsverteidiger getarnt, erst in der zweiten Hälfte vermochten die Ingolstädter seinen Vorwärtsdrang zu bremsen.

Ende Oktober spielt Marvin Matip gegen seinen Bruder

Hätte der FCI nicht schnell eine Antwort auf das 1:0 gegeben, dann hätte die Mannschaft den Abend in der Millionenstadt womöglich bei Wasser und Brot im Teamhotel beendet. Es sah gut aus für die überlegen auftretenden Hausherren. Doch dann marschierte Marvin Matip nach vorn und brachte einen Eckball von Pascal Groß im Kölner Tor unter. Das hat seinem Trainer nicht nur deshalb gefallen, weil das überraschende 1:1 den Kölner Schwung merklich bremste, sondern weil er es als eine Art Zeichen verstand. "Marvin hat seinen Fehler gleich wieder ausgebügelt, er hat das einfach nicht auf sich sitzen lassen wollen", meinte Hasenhüttel.

Tatsächlich bejubelte der Kapitän seinen Treffer so eindringlich, als sei es ihm gerade gelungen, aus dem Staatsgefängnis zu entkommen. Dieses Tor war ja nicht nur der Ausgleich gegen Köln, sondern auch der Anschlusstreffer gegen seinen sechs Jahre jüngeren Bruder Joel, der sich bei Schalke 04 zum heimlichen Mittelstürmer gewandelt hat. "Vielleicht", so räsonierte Matip der Ältere, "gelingt mir bis zum 31. noch der Ausgleich." Bis zum 31.? "Bis zum 31. Oktober, wenn wir gegen Schalke spielen." Offenbar ein Datum, das in der Familie sehr präsent ist.

FCI-Torwart Ramazan ist ganz zufrieden mit sich

Außer bei Matip, der bis auf die besagte Szene eine starke Leistung als Innenverteidiger bot, konnten sich die Ingolstädter vor allem bei ihrem Torwart bedanken. Ramazan Özcan musste keine Wundertaten vollbringen, seine Vorderleute hielten die Kölner effektvoll fern von seinem Tor, aber er strahlte dazu die nötige Ruhe und Gelassenheit aus, und als es dann kurz vor dem Spielende doch noch mal sehr, sehr eng wurde in seinem Zuständigkeitsbereich, brachte er sich so gut in Stellung, dass der Kölner Yuya Ozako aus nächster Nähe nicht an ihm vorbeikam. "Ein Normalsterblicher zieht den Kopf ein, aber er bleibt einfach stehen und macht sich so groß wie möglich", merkte Matip bewundernd an. Auch Ramazan war ziemlich stolz auf Ramazan, "ein bisschen was habe ich schon drauf", stellte er grundsätzlich fest: "Ozako nimmt den Ball sehr gut an, dann habe ich versucht, den Winkel für ihn eng zu machen."

Ein 2:1 für den FC wäre kein unpassendes Ende für diese Partie gewesen. Die Kölner hatten mehr für die Offensive getan, und sie blieben keineswegs einfallslos gegen die stabil organisierte Defensive der Gäste - bloß die Chance zum finalen Abschluss fehlte meistens zu ihrem Glück. Vermutlich war es eine Art Déjà-vu für die FC-Profis - mit ähnlich störrischen Mitteln hatten sie im vorigen Jahr die Punkte eingesammelt, als sie selbst noch Aufsteiger waren. Wobei die taktische Defensive der Ingolstädter kein unansehnliches Bild abgab. "Es ist ja kein Hinten-Einigeln", insistierte Ralph Hasenhüttel. An diesem Abend sah es aus wie ein permanenter Störfunk im Spielbetrieb der Hausherren. "Im Rhythmus-Brechen sind wir richtig gut", freute sich der FCI-Trainer. "An denen werden sich noch ganz andere die Zähne ausbeißen", prophezeite der Kölner Torwart Timo Horn.

© SZ vom 27.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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