FC Southampton:Das große Los

Lesezeit: 1 min

Inzwischen gilt der Klub südlich von London als Vorzeigeprojekt, saturiert in der oberen Mitte der Tabelle, ohne jede Angst, abzusteigen.

Von Klaus Hoeltzenbein

Wer einen Premier-League-Klub besitzt, wie Katharina Liebherr den FC Southampton, der hat das große Los gezogen. Auch wenn er das im Augenblick des Kaufs noch nicht begriffen hatte. Als Michael Liebherr, der Vater Katharinas, den Klub 2009 erwarb, war dies ein Drittligist in der Insolvenz. Liebherr zahlte 20 Millionen Euro, obendrauf ein paar ausstehende Gehälter, doch die Phase, in der sich sein Risiko-Investment in ein Renommierprojekt verwandelte, hat er nicht mehr erlebt. Der Vater starb im August 2010, die Tochter erbte neben Anteilen an der global operierenden Liebherr AG, einem Spezialisten für Kräne, Baufahrzeuge, Werkzeugmaschinen, auch diesen maroden Traditionsklub. Die englischen Medien nannten die anfangs öffentlichkeitsscheue Schweizerin bald eine "Phantom-Lady" und spekulierten über den schnellen Verkauf. "Und die Zuschauer dachten, man gibt auf, steigt ab", sagt Ralph Krueger, "aber das war gar nicht ihr Plan."

Stattdessen kam Krueger, in der Schweiz bestens bekannt und vernetzt, weil er 13 Jahre lang die Eishockey-Nationalmannschaft trainierte. Als er im Frühsommer 2014 als Vorstandschef begann, tat er dies mit dem Auftrag, den Klub unabhängig zu machen von Finanzspritzen der Liebherr-Familie. Dies gelang schon im Transfer-Sommer 2014, in dem die Großklubs in Southampton die Talente teuer abwarben. Als Ronald Koeman, 53, Europameister mit den Niederlanden 1988, zeitgleich das Traineramt übernahm, flüchtete er in Ironie und twitterte am ersten Arbeitstag ein Foto: ein menschenleerer Platz, verstreut ein paar Bälle: "Ready for Training!"

Längst steht Koeman wieder ein attraktiver Kader zur Verfügung, Torwart Fraser Forster und Außenverteidiger Ryan Bertrand zählten zu Englands Aufgebot für das Berliner Länderspiel am Ostersamstag gegen Deutschland, Offensivkräfte wie Shane Long (Irland), Graziano Pelle (Italien) oder Sadio Mané (Senegal) haben Marktwert.

Inzwischen gilt der Klub als Vorzeigeprojekt, saturiert in der oberen Mitte der Tabelle, ohne jede Angst, abzusteigen und damit nicht mehr im Verteiler zu sein, wenn die Premier League ab Sommer ihren Jackpot knackt. Wirksam wird ein Rekord-Fernsehvertrag, der Milliarden in die Liga spült, und der auch die Erben aus der Liebherr-Familie von ihrem Losglück überzeugt.

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: