FC Ingolstadt:Die verflixte achte Minute

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Thomas Linke (r.) präsentiert den bislang teuerste Zugang der FCI-Historie. Der 23-jährige Abwehrspieler Tisserand kam von AS Monaco. (Foto: dpa)

Für rund drei Millionen geholt, fehlen Defensiv-Zugang Marcel Tisserand beim 0:2 gegen Berlin noch die Automatismen - so wie auch seinen Kollegen.

Von Christopher Gerards

Das Spiel war keine acht Minuten alt, da erhielt Marcel Tisserand den ersten Applaus von seinem neuen Trainer. Ein Hertha-Spieler hatte einen langen Pass in die Hälfte des FC Ingolstadt geschlagen, Linksverteidiger Markus Suttner setzte an, um ihn zu klären. Da ertönte ein Schrei. Der Schrei kam von Tisserand, er stand besser zum Ball und beförderte ihn selbst ins Aus. Was FCI-Trainer Markus Kauczinski zu einem aufmunternden Applaus animierte.

Tisserand, 23, ist der bislang teuerste Zugang der FCI-Historie. Ende August für kolportierte drei Millionen Euro Ablöse vom AS Monaco gekommen, trainiert er erst seit Mittwoch mit der Mannschaft. Kurz zuvor noch war der Kongolese auf Länderspielreise, dennoch nahm Kauczinski ihn beim 0:2 gegen Hertha BSC in die Startelf, als einzigen neuen Spieler. Trotz der Niederlage zeigte Tisserand in der Innenverteidigung neben Marvin Matip, dass er dem Ingolstädter Spiel eine neue Zutat beimischen kann. Sie heißt "Diagonalpässe".

In der 65. Minute etwa bediente er Stürmer Mathew Leckie mit einem Diagonalpass quer übers Feld, der fast an die Qualitäten eines Jérôme Boateng erinnerte. Tisserand habe "es sehr, sehr gut gemacht" und das Spiel "auseinandergezogen", urteilte Matip. Wobei er in dieser Beurteilung die Szene in der 8. Minute unterschlug, kurz nach Kauczinskis Lob: Herthas Genki Haraguchi hatte den Ball zwischen den Innenverteidigern auf Ibisevic durchgesteckt - Herthas Torjäger schob zum 1:0 ein. Die Innenverteidiger in der Szene hießen: Marvin Matip - und Marcel Tisserand, der wie Matip nicht gut postiert war.

"Natürlich muss er sich noch ein bisschen dran gewöhnen", sagte Kauczinski über seinen neuen Innenverteidiger. Andererseits habe er "gute Aktionen gehabt". Kauczinski sprach von "Licht und Schatten" und er ergänzte diese Worte um einen entscheidenden Zusatz: "wie bei vielen anderen auch". Denn Tisserands Auftritt ließ sich auf die ganze Ingolstädter Mannschaft übertragen: gute Aktionen. Aber eben noch nicht eingespielt.

Kauczinski hat seiner Mannschaft, die er im Sommer von Ralph Hasenhüttl übernahm, einen neuen Spielstil verordnet. Vorgänger Hasenhüttl hatte ein radikales Pressing bevorzugt, unter Kauczinski weisen die Ingolstädter dagegen auffallend hohe Ballbesitzwerte auf: 52 Prozent gegen den HSV (1:1), 59 Prozent gegen Hertha BSC (0:2). Gegen die Hertha war es jedoch, als läge rund 20, 30 Meter vor dem Berliner Tor eine unsichtbare Grenze. Hinter dieser Grenze versprangen Bälle, rollten Pässe zum Gegner oder stand irgendwer im Abseits. Ein Mal nur kam der FC Ingolstadt in der ersten Hälfte gefährlich vors Tor, Dario Lezcano aber schoss den herausstürmenden Hertha-Torwart Rune Jarstein an (36.).

"Wir haben das Spiel in den ersten 35 Minuten verloren", schlussfolgerte FCI-Kapitän Matip. Erst nach der Halbzeit kam Ingolstadt zu mehr Chancen, vor allem, nachdem mit Lukas Hinterseer nach knapp einer Stunde ein weiterer Angreifer ins Spiel kam. Zu einem Tor reichte es dennoch nicht. In der anstehenden Partie beim FC Bayern kann der FCI nun als Außenseiter ohne Druck aufspielen. Eines jedenfalls weiß Kauczinski schon jetzt: "Wir werden uns nicht hinten reinstellen und eine Kerze anzünden."

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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