FC Bayern:Willkür und Widerstand

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Der Teamgeist ist angeschlagen: Bei den Bayern wirkt das Europacup-Aus nach. Auf Robert Kovac wird die Mannschaft künftig verzichten müssen - sein Wechsel ist perfekt.

Von Andreas Burkert

Auch diesen Dienstagvormittag, zehn Stunden vor dem Rückspiel gegen den FC Chelsea (3:2), hatte der Teambus des FC Bayern im Münchner Glockenbachviertel geparkt. Profis und Trainer saßen im Zoozie'z beisammen, diese Art der Zerstreuung hatte Coach Felix Magath bereits vor dem Achtelfinalduell mit dem FC Arsenal gewählt.

Weil die letzten Stunden vor einem großen Spiel einfach nicht vergehen wollen. Und auf dass eine gesellige Runde den Zusammenhalt fördern möge. Mit dem Zusammenhalt indes, dieser Eindruck wird derzeit verbreitet, ist es bei den Bayern nicht mehr weit her seit dem Europacup-k.o. gegen Chelsea London. Sogar vom eher unerfreulichen Vorgang der "Selbstzerfleischung" ( Bild) ist die Rede.

Den Anlass für diese Behauptung hatte Kapitän Oliver Kahn gegeben, indem er den Kollegen Willy Sagnol für den zweiten Treffer Chelseas verantwortlich gemacht hatte. Der Franzose reagierte säuerlich und deutete an, im Team herrschten Neid und Missgunst.

Wobei nun offenbar auch Magath ein Ziel interner Kritik ist, er ahnt das. "Jeder glaubt, dass er spielen muss", sagte er gestern dieser Zeitung, "das muss ich akzeptieren."

Generell vertraue er aber dem Charakter und der Qualität des Kaders: "Wir hatten Schwierigkeiten zu Saisonbeginn und uns dann gut entwickelt. Ich habe aber nie gesagt, dass diese Entwicklung abgeschlossen ist, das braucht Zeit."

Vertrauen vermisst

Prominenteste Opfer dieses bisweilen unsteten Vorgangs sind zuletzt Owen Hargreaves und Torsten Frings gewesen, die zwar das Hinspiel gegen Chelsea komplett mitmachen durften - am Dienstag jedoch nicht eine Minute.

Der englische Nationalspieler Hargreaves, im ersten Match keineswegs die größte Enttäuschung bei den Verlierern, gehörte nicht einmal dem Kader an. Von einer Strafaktion will Magath in seinem Fall aber nichts wissen. Er sagt: "Es ist doch klar, dass ich bei acht Spielern für zwei freie Positionen im Mittelfeld einen auf die Tribüne setzen muss."

Gegen Magaths willkürlich anmutendes Vorgehen regt sich jedoch Widerstand. Zuletzt hat Zé Roberto offen angesprochen, er vermisse anhaltende Rückendeckung und das Grundvertrauen des Trainers. In Deutschland wisse man doch, was er könne, sagte der bisweilen von Magath ignorierte Brasilianer, "ich bin doch schon lange hier". Er benötige "das Selbstvertrauen - dass der Trainer an mich glaubt".

Auch Torsten Frings, vor der Saison für mehr als neun Millionen Euro aus Dortmund verpflichtet, würde sich über eine feste Aufgabe freuen. Ihn und Magath verband schon zu gemeinsamen Bremer Zeiten nicht besonders viel; in München wartet Frings vergeblich auf jene Wertschätzung, wie er sie in der Nationalelf erfährt.

Magath entgegnet zu den Härtefällen Hargreaves und Frings, er verfahre strikt nach dem Leistungsprinzip. "Wenn jemand die Leistung nicht bringt, dann ist man draußen. Und wenn ich den Anspruch habe, zu den Besten gehören zu wollen, müssen sie das auch zeigen."

"Nicht alles in Frage stellen"

In der Klubführung soll es inzwischen Vorbehalte gegen Magaths Personalführung geben, doch in der Sache vertritt auch Vorstand Karl-Heinz Rummenigge die Ansichten des Trainers. "Wir erwarten von einem Torsten Frings, dass er sich erheblich steigert", sagte er gestern und verwahrte sich - wie auch Magath - gegen das Bild, die Mannschaft drifte auseinander.

"Es ist normal, dass sie jetzt unzufrieden ist", sagte Rummenigge, während Magath entgegnete: "Wir sind Tabellenführer, stehen im Pokal-Halbfinale und sind nun unglücklich gegen Chelsea ausgeschieden - wieso soll sich so eine Mannschaft zerfleischen?"

Magath, das sagt er jedenfalls, plant mit dem Gros des Kaders, einen gravierenden Umbau werde es nicht geben. "Ich sehe keine Notwendigkeit, jetzt alles in Frage zu stellen." Auch Rummenigge pries die "Kontinuität, das ist und bleibt unser Stil".

Zumindest Robert Kovac wird man aber adäquat ersetzen müssen, der Wechsel des Kroaten zu Juventus Turin ist laut Rummenigge "perfekt, das hat uns sein Berater gesagt". Kovac wird demnächst im "Zoozie'z" eine Runde schmeißen müssen.

© SZ vom 15.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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