FC Bayern:Wer soll in die Südkurve?

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Im Fanstreit bei Bayern München geraten die Sachthemen wie die Kartenvergabe für den Block in den Hintergrund.

Markus Schäflein

Es ist nicht mehr ganz einfach, die Äußerungen von Bayern-Manager Uli Hoeneß im Streit mit den Fans zu sortieren. Am Montagabend im Bayerischen Fernsehen hatte Hoeneß die Dachorganisation Club Nr. 12 (C12), in der rund 150 Fanklubs des FC Bayern repräsentiert sind, pauschal in Zusammenhang mit Randalen gebracht. Am Dienstagmittag stellte er in einem internen Gespräch mit Vertretern der Fanorganisation klar, er habe alles nicht so gemeint. "Es wird von beiden Seiten festgehalten, dass es beim Club Nr. 12 keine Anzeichen für Gewaltbereitschaft gibt", teilte der FC Bayern München auf seiner Homepage mit. Und noch am gleichen Abend nahm Hoeneß seine mindestens missverständlichen Aussagen noch im Deutschen Sport-Fernsehen zurück.

Am Mittwoch dann erschien die Sport-Bild mit der Überschrift: "Hoeneß droht mit Rücktritt: Manager fürchtet um sein Leben. Streit mit Gewalt-Fans eskaliert." In dem Artikel wurde Hoeneß zitiert: "Wenn das nicht lösbar ist, höre ich auf. Ich habe keine Lust, demnächst wie der Herr Galliani vom AC Mailand 24 Stunden unter Polizeischutz zu stehen." Da waren die Fans schockiert, dass Hoeneß vermeintlich schon wieder ins Gegenteil umgeschlagen war. Die Erklärung für den vermeintlichen erneuten Sinneswandel war jedoch zunächst einfach: Das Gespräch mit dem Magazin hatte Hoeneß schon vor Dienstag geführt.

Wird also alles wieder gut zwischen Bayern-Führung und C12? "Uli Hoeneß rudert wieder zurück - und wir ihm entgegen", sagt Gregor Weinreich vom C12, "es schaut im Moment wieder ganz gut aus." Aber ein fader Beigeschmack bleibt. Hoeneß kennt die Mechanismen der Medien und weiß, was hängen bleibt, wenn er am Montagabend beim quotenstarken Blickpunkt Sport Anschuldigungen macht und sie am nächsten Tag nur intern und im Spartenkanal DSF wieder zurücknimmt. Zudem war es bereits der dritte öffentliche Angriff auf den C12. "Das ist leider alles kalkuliert, da habe ich nicht mehr den geringsten Zweifel dran", schreibt ein Fan im Internet, "auch wenn das noch mehr weh tut."

Macht der Manager seit Jahren immer wieder zwei Schritte vor und einen zurück - mit dem Ziel, das Ansehen der Fanklub-Dachorganisation zu schädigen, weil sie sich immer wieder als kritisch, unabhängig und anstrengend erweist? Darüber will Weinreich nicht spekulieren: "Ich habe eher den Eindruck, dass er sich persönlich angegriffen gefühlt hat, weil ihm Leute mit der Kritik an der Stimmung in der Arena an den Karren gefahren sind." Weinreich will Hoeneß keine Taktik unterstellen, im Gegenteil, er ist zufrieden, dass der Manager dem C12 wieder entgegenkommt. Zudem freut er sich über Solidarität vieler Fans und 70 neue Mitglieder in den 24 Stunden nach Blickpunkt Sport: "Wir werden zugespamt mit Mitgliedsanträgen."

Angesichts der Medienauftritte von Hoeneß treten die Sachthemen, um die es in den Gesprächen zwischen Führung und Fans geht, in den Hintergrund. "Seit einer halben Ewigkeit" wartet der C12 laut seiner Homepage auf die Genehmigung, hinter der Südkurve im Stadion einen Infostand aufstellen zu dürfen, an dem die Fans Werbung für ihre Auswärtsfahrten machen können. Zudem kritisiert der C12 die Kartenvergabe für die Südkurve. Im Fanblock seien "jede Menge Tageskartenbesitzer, die nicht im Traum daran denken, ihre Mannschaft anzufeuern". Diese Tendenz werde "durch das Viagogo-System noch verstärkt". Viagogo ist ein Internetportal, mit dem der FC Bayern kooperiert. Dort kann ein Zuschauer, der ein Spiel nicht besuchen will, seine Dauerkarte für ein Spiel an einen anderen Interessenten übertragen - der FCB verdient dabei mit.

Auf der C12-Homepage wird Hoeneß dazu zitiert: "Das muss man bei den Stehplätzen wirklich einmal überprüfen, ob und wie man da nachbessern kann. Die Stehplätze sind ja gerade für das junge Publikum, das die Mannschaft auch dann unterstützt, wenn es mal nicht so läuft." Einerseits will Hoeneß die Auswahl, wer in die Südkurve kommt, nicht den Fans überlassen - denn das hält er für einen ersten Schritt zu "italienischen Verhältnissen" im Block. Er weiß aber auch, dass die Mannschaft geschlossene Unterstützung aus der Südkurve braucht. Und das ist der kleinste gemeinsame Nenner.

© SZ vom 22.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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