FC Bayern vor dem Spiel gegen Juve:Dramatischer Alltag

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Uli Hoeneß hält sich beim Thema Rote Karte für unschuldig, auch sonst ruht der Manager des FC Bayern gewohnt fest in seinen Überzeugungen. Trainer Magath sehnt sich nach etwas Ruhe von der Bedrängnis im Drei-Tages-Rhythmus.

Von Philipp Selldorf

Beim Zeitunglesen hatte Uli Hoeneß gestern wieder viel Freude. Nicht weil ihm Überschriften wie "Hoeneß läuft Amok" (Express Köln) so gut gefallen, sondern weil die deutsche Presse allgemein zu der Auffassung gelangte, dass die Bayern im Streit um Lúcios Rote Karte beim Spiel in Mönchengladbach und die daraus folgende Strafe des DFB klein beigegeben hätten.

Hoeneß ist selbstredend anderer Meinung: "Ich muss schon sehr lachen, wenn ich lese, wir hätten den Schwanz eingezogen, weil wir die Strafe akzeptieren. Dabei haben wir genau das erreicht, was wir wollten - ein Spiel Sperre für Lúcio ist das optimale Urteil." Außerdem sei der Spruch des Sportgerichts "eine Ohrfeige für die Schiedsrichter", denn die Mindeststrafe habe der DFB lediglich wegen der Regeln des Weltverbandes verhängt.

"Gar nix" hat Hoeneß verbrochen

Der Manager des FC Bayern ruht auch sonst gewohnt fest in seinen Überzeugungen. Zwar hat ihn der DFB jetzt zu einer Stellungnahme wegen seiner Wutanfälle samt Türenschlagen bei den Besuchen in der Schiedsrichterkabine in Mönchengladbach aufgefordert, aber seine Antwort wird er ohne die Sorge vor einer möglichen Anklage des Kontrollausschusses verfassen.

"Gar nix" habe er verbrochen, sagt Hoeneß, "ich bin bloß etwas lautstark geworden. In ihrem Bericht haben die Schiedsrichter ausdrücklich betont, dass ich niemanden beleidigt habe - wo ist da also der Ansatz für eine Anklage?" Vorsorglich hat er sich über die Lage der Dinge bei Schiedsrichter-Chef Volker Roth erkundigt.

So möchte man fast von den üblichen Münchner Alltagsaufregungen reden, wenn die Empfindlichkeiten des Managers nicht auf tiefere Ursachen schließen ließen. Hoeneß erklärt zwar, er sei vor dem heutigen Spiel gegen Juventus Turin "nicht nervös, weil wir alles selbst in der Hand haben".

Doch seine Fußballer geben ihm mit ihren Launen und Auftritten von schwankender Qualität keinen Anlass zu grenzenlosem Vertrauen. "Es fehlt die Konstanz, das stimmt. Das muss angesprochen werden", stellt Hoeneß vor dem "sehr, sehr wichtigen Spiel" gegen Juventus fest: "Wenn wir das verlieren, haben wir ein Riesenproblem. Wenn wir gewinnen, sind wir durch."

Eine Niederlage würde bedeuten, dass die Bayern am letzten Vorrundenspieltag ihre Visite bei Ajax Amsterdam (8. Dezember) unter Finalbedingungen bestreiten müssten.

Gefragt ist also eine andere Haltung als beim selbstgenügsamen Auftritt im Bundesligaspiel. Michael Ballack versicherte gestern, "dass wir eine andere Bayern-Mannschaft erleben werden. Die Alarmglocken sind angegangen." Ein wenig mehr Sinn für die beim FC Bayern notorisch prekäre Situation würde besonders Ballack nicht schaden.

Magath: Drei Punkte müssen her

Als zentrale Figur des Bayern-Spiels und Orientierungspunkt der Mitspieler ist sein Einfluss maßgebend. In Gladbach ging wenig Geistreiches von ihm aus, allerdings hatte er durch die gerade überstandene Verletzungspause etwas Rückstand.

Mit einem Sieg gegen Juventus würde sich Felix Magath gern ein wenig Freiheit von der im Drei-Tages-Rhythmus wiederkehrenden Bedrängnis verschaffen. "Drei Punkte müssen her, damit wir in diesem Wettbewerb Ruhe haben und uns auf die Liga konzentrieren können", wünscht der Trainer.

Aber dafür braucht man gegen "die derzeit beste Abwehr im bezahlten Fußball" (Magath) mindestens ein Tor, womit das zuständige Angriffsduo Makaay/Pizarro momentan Mühe hat. Und auch hinten bleibt Vorsicht geboten, "wir müssen jede Millisekunde aufpassen", verlangt Torwart Kahn. Die Lage ist also dramatisch - Alltag im Bayern-Land.

© SZ vom 3.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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