FC Bayern:Poltern in Dubai

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Mit einer Kampfansage im CSU-Stil stimmt Uli Hoeneß seinen Klub auf das Duell mit dem FC Schalke ein.

Von Philipp Selldorf

Dubai - Gegen Ende der Hinrunde hat das Fachmagazin kicker eine Umfrage unter den deutschen Profifußballern lanciert, auf deren Ergebnis Uli Hoeneß ziemlich stolz ist.

Fast die Hälfte der befragten Spieler gaben den FC Bayern als bevorzugten Bundesligaverein an, Hoeneß empfindet das als Kompliment und Bestätigung. Allerdings ist das gute Leben, das die Fußballer beim FC Bayern genießen, gelegentlich auch im Wege, wenn es um die personellen Dispositionen des Managers geht.

Verteidiger Tobias Rau zum Beispiel hat gar keine Lust, den Klub zu verlassen, obwohl ihm seine Vorgesetzten inklusive Hoeneß ("Das Experiment Tobias Rau ist gescheitert") mehr als deutlich mitgeteilt haben, dass sie auf ihn verzichten können.

Der 1. FC Nürnberg, der Rau eigentlich übernehmen wollte, hat deswegen wieder Abstand genommen von dem Geschäft. Gekränkten Stolz vermutet Hoeneß dahinter und ist selbst ein wenig beleidigt: "Ich weiß nicht, ob für solche Eitelkeiten Platz ist in diesem Geschäft", sagt er.

Grundsätzlich würde Hoeneß gern ein paar Transfers abschließen, um den großen Kader zu entlasten, auch verdiente Spieler wie Sammy Kuffour oder Thomas Linke sind keineswegs tabu, "aber der Transfermarkt ist halt schwierig geworden", stellt der Manager fest.

Durch die Blume

Doch er wirkt nicht besonders beunruhigt, als er darüber im Trainingsquartier in Dubai Auskunft gibt. Hoeneß lässt das Jahr langsam angehen, auch bei den Vertragsgesprächen mit den Spielern, die bleiben sollen.

Dem Vorstopper Robert Kovac etwa hat er vorerst nur "durch die Blume" mitgeteilt, dass man ihn behalten wolle, und mit Mehmet Scholl hat Hoeneß zwar auch gesprochen, "aber mit dem sind das eher philosophische Gespräche über den Sinn des Lebens".

Am Anfang des Jahres, nachdem er ein paar Tage Ferien gemacht hat, neigt Uli Hoeneß zu solchen Vergnügtheiten. Für die gefährlichsten Konkurrenten in der Bundesliga und andere beliebte Angriffsziele der Münchner - geizige Fernsehmanager zum Beispiel - bedeutet das allerdings Jahr für Jahr, dass sie allerlei Zurechtweisungen und Polemiken zu erwarten haben.

Auch in Dubai pflegt Hoeneß die Tradition der Kampfansage wie die CSU ihre Poltereien beim Treffen in Kreuth. So ließ Hoeneß am Mittwoch den FC Schalke 04 und dessen Manager Rudi Assauer wissen, dass sie viel Ausdauer mitbringen müssten, wenn sie wirklich den FC Bayern herausfordern wollten.

Vor allem aber: Geld, viel Geld und noch mehr Geld. Der Kampf um die Vormacht in der Liga werde ja in erster Linie wirtschaftlich ausgetragen, meint Hoeneß, was dann gleich wie eine Drohung klingt: "Wer mit Bayern München mithalten will, der braucht einen langen Atem. Es liegen einige auf der Strecke rum, die sich die Zähne ausgebissen haben. Da sehe ich Schalke auch gefährdet."

Sportlich betrachtet er die punktgleich auf Platz zwei rangierende Ruhrgebietsinstitution als seriösen Wettstreiter ("wenn sie so weiterspielen wie in den letzten Wochen"), finanziell eher nicht.

85 Millionen Euro hat Schalke als Anleihe aufgenommen, um Bankkredite und Schulden abzulösen, Liquidität zu schaffen und die Mannschaft zu verstärken.

"Wer alles auf Pump macht, geht unter"

Hoeneß wertet das Rechenmodell mit der Anleihe, die Schalke auf viele Jahre zu hohen Abgaben verpflichtet, als fundamentale Schwachstelle: "Wenn das so bleibt, werden sie auf Dauer keine Chance haben. Wer alles auf Pump macht, geht unter. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Nur wer seine Finanzen in Ordnung hat, kann ein Konkurrent sein."

Diesen kleinen ökonomischen Vortrag können die Schalker verkraften, aber für den folgenden Vergleich mit der Hasardeurspolitik von Borussia Dortmund müssen sie wohl Satisfaktion verlangen: "Die Dortmunder haben sich verhoben, weil sie in fünf, sechs Jahren nachholen wollten, was wir in 25 Jahren aufgebaut haben", sagt Hoeneß und zieht den großen Bogen zum Kurs von Schuldendoktor Niebaum: "Ich habe das Gefühl, dass der Rudi Assauer am Ende seiner Karriere auf Teufel komm raus einen Titel holen will und Schalke in ein großes Risiko hetzt."

In diesem Zusammenhang ließ sich Hoeneß nur widerwillig von seiner These abbringen, dass Schalke "seit dem Krieg nichts gewonnen hat". Na ja, "fast seit dem Krieg", konzedierte er dann in Anerkennung der letzten Schalker Meisterschaft im Jahre 1958, um anschließend seine Bedenken über das Sportkonzept der Gelsenkirchener zu äußern.

Mut zur Lücke

Schalke verpflichte doch bloß 30-Jährige, der FCBayern dagegen vertraue der Jugend, "wir holen die Steinhöfers, Hargreaves und Schweinsteigers", setzte der Bayern-Vormann auseinander.

Eine Kritik mit Mut zur Lücke. Von der magischen 30 sind zum Beispiel die Neu-Schalker Azaouagh und Ernst noch viele Bundesligaspielzeiten entfernt, und Bordon, Ailton oder Krstajic sind dem Rentenalter auch noch ziemlich fern.

Aber um solche Kleinigkeiten geht's schließlich gar nicht, nur um ein paar anständige Paukenschläge. Nicht böse sein, Rudi Assauer. "Ich verurteile das überhaupt nicht, da gibt es überhaupt keinen Konflikt".

Und sicherlich war es auch als Liebenswürdigkeit und nicht als Provokation gemeint, als Uli Hoeneß über Schalkes internationale Heimat spottete: "Jeden Abend schließe ich in mein Nachtgebet ein, dass wir nicht im Uefa-Cup spielen müssen."

© SZ vom 13.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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