FC Bayern gegen VfL Bochum:Lahm trifft, Hargreaves erkältet

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Mit einem nicht glanzvollen, aber verdienten Sieg gegen Bochum beendet der FC Bayern eine turbulente Woche.

Manchmal verbergen sich die wahren Geschichten im Kleingedruckten. Manchmal sind die wahren Geschichten sogar so geheim, dass sie selbst im Kleingedruckten nur indirekt stehen. Zu den interessanten Quellen im Fußball gehört der Aufstellungsbogen.

Viel Platz für Spekulationen: Bayern-Manager Hoeneß und -etwas weiter hinten - der angebliche erkältete Owen Hargreaves. (Foto: Foto: dpa)

Aus ihm lässt sich verlässlich entnehmen, wen der Trainer gut und wen er weniger gut findet - und in seltenen Fällen ist der Bogen auch so etwas wie ein politisches Kommuniqué. Ob der Aufstellungsbogen vom Spiel VfL Bochum gegen Bayern München auch zum Politikum taugt? Noch ist das nicht entschieden, auffällig war aber allemal, dass Owen Hargreaves fehlte.

Eine Sommergrippe, echt?

Offiziell hatte ihn pünktlich zum Spiel eine Sommergrippe heimgesucht, aber die Vorgeschichte gab natürlich Anlass zu Spekulationen. Manchester United will ja Hargreaves kaufen, der Spieler will sich offenbar auch kaufen lassen, und kaum hatten die Bayern die Gerüchte per Machtwort beendet, da zitierte am Samstag die Sun Hargreaves' Berater Roman Grill mit den Worten: "Ich glaube nicht, dass das schon zu Ende ist."

Das war die Geschichte, die aus diesem Spiel mehr machte als nur eine handelsübliche Bundesliga-Partie, die der FC Bayern verdient, aber unspektakulär 2:1 (1:0) gewann. Ohnehin wird Bayerns Mittelfeld seit Michael Ballacks Weggang einer genauen Beobachtung unterzogen, und nach den jüngsten diplomatischen Verwicklungen sind die Blicke noch schärfer geworden.

Nun prüften die Beobachter, wie ein Mittelfeld ohne Ballack und Hargreaves aussehen könnte; sie sahen einen Mannschaftsteil, der defensiv allen Anforderungen genügt, offensiv aber eine Option verloren hat. In Bochum besetzten die eher zerstörerisch veranlagten Ottl und Demichelis die Zentrale, auf den Halbpositionen flankiert von Salihamidzic und Schweinsteiger.

Es war ein Mittelfeld, das stabil genug ist gegen eine Elf wie Bochum, aber selbst gegen den VfL machte sich der Mangel an Kreativität bemerkbar.

Nettes Spielchen - von Bochum

In der Anfangsphase waren es sogar der Aufsteiger, der den gepflegteren Ball spielten. Gegen die groß gewachsenen Bayern versuchten es die technisch versierten Misimovic, Ilicevic und Tojan unten rum, und in tieferen Etagen sind Lucio und van Buyten anfällig.

Allerdings fehlte dem VfL die Zuspitzung im Spiel nach vorn; den Brasilianer Edu haben sie eben erst nach Mainz verlauft, und so trat Trainer Marcel Koller im ersten Heimspiel der Saison nur mit einer Spitze an - mit Edus Landsmann Fabio Junior, der oft auf sich allein gestellt war.

So brachten die Bochumer trotz gefälliger Optik nur ein, zwei Schüsschen zuwege, die Oliver Kahn im Bayern-Tor nicht schreckten. Hingegen waren die Bayern in ihrer typischen Manier gefährlicher: Es dauerte nur drei Minuten, bis der aufgerückte van Buyten an die Latte köpfte, und in der 14. Minute war der Innenverteidiger erneut aussichtsreich postiert.

Nach einem Freistoß von Sagnol stand van Buyten plötzlich frei, aber in seinen Schuss warf sich Fabio Junior, der arme Solostürmer, der jetzt auch noch ganz nach hinten geeilt war. Möglicherweise tat er auch seinem Gegenspieler Lucio leid, denn der spielte einen Minute später einen schwer riskanten Rückpass, den Kahn nur mit Mühe erwischte.

Bayern zu gemächlich

Im folgenden entwickelte sich eines jener Bundesliga-Spiele, von denen man schon ein paar zuviel gesehen hat. Die Bayern kontrollierten souverän das Geschehen im Mittelfeld, aber sie spielten zu gemächlich, um die ergebenst zurückgeeilten Bochumer unter Druck zu bringen.

Die Gastgeber standen tief, und den Bayern fehlte einer, der die Situation aufzulösen verstand. Es fehlte der Pass, der eine Defensivknäuel durchtrennt - bis zur 42. Minute, als einer, dem man das nicht unbedingt zugetraut hätte, virtuos in eine Abwehrlücke hineinstach. Salihamidzic' Steilpass übertölpelte Bochums Viererkette, und praktischerweise haben die Bayern einen in ihren Reihen, der auf solche Momente wartet: Roy Makaay, der im Rücken der Abwehr enteilt war und sicher einschoss.

So spielen sie oft, die Bayern, ob mit oder ohne Hargreaves, und als sich die Zuschauer gerade auf das übliche Bayern-Spiel gefasst machten, kopierten plötzlich die Gastgeber den bayerischen Spielzug. VfL-Spielmacher Misimovic, der lange für Bayerns zweite Mannschaft in der Regionalliga glänzte, schob einen Pass in die Gasse, und auch er traf genau die berühmte Schnittstelle: Fabio Junior belohnte sich mit trockenem Torschuss für seine unermüdliche Soloarbeit.

Das 1:1

Es war das 1:1 (52.), und natürlich drängte sich nun die Frage auf: Können die Bayern wieder auf Dominanz umschalten, ohne Ballack, ohne Hargreaves? Sie konnten, sie waren nicht zwingend, aber klar überlegen, und der VfL half freundlich mit: Sagnols Flanke segelte versehentlich über die Abwehr hinweg und fand am entfernten Strafraumeck Philipp Lahm, der unbedrängt nach innen kurvte und das 2:1 erzielte (65.).

Am Ende war es aber weniger der Sieg, der Aufmerksamkeit erregte, vielmehr eine weitere Personalie. Manager Hoeneß kündigte an, dass die Bayern sich kommenden Sommer um Miroslav Klose bemühen werden. Ob er, wenn er kommt, noch Pässe von Owen Hargreaves erhält?

© SZ vom 21.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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