FC Bayern gegen Aue:Arbeitssieg in Sachsen

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Den Bayern ist gestern nicht viel geglückt, doch es reichte. Michael Ballacks Kopfballtor zum späten 1:0 hat dem Verein schließlich doch noch das Pokal-Achtelfinale gesichert.

Seinen freien Sonntag hatte der Familienvater Felix Magath am vergangenen Wochenende geopfert, um knapp 800 Kilometer in seinem schnellen Dienstwagen zu verbringen und auf halber Distanz volle 90 Minuten auf der Tribüne des zugigen Erzgebirgsstadions von Aue.

Bis zum Abpfiff hatte sich der Coach des deutschen Rekordmeisters beim Zweitligaduell mit Greuther Fürth (1:1) ein Bild gemacht von der Mannschaft des Gastgebers und dem stimmungsvollen Ambiente in der sächsischen Kleinarena.

Seine Eindrücke hat er dann zum Wochenstart an sein Team weitergegeben, und offenbar hat es ihrem Trainer zumindest über weite Strecken zugehört. Der FC Bayern sicherte sich jedenfalls gestern Abend mit einem verdienten 1:0 (0:0)-Arbeitssieg die Teilnahme am Achtelfinale des DFB-Pokals. "Erzgebirge hat toll gefightet, deshalb haben wir lange gebraucht, das Tor zu finden", sagte Magath später erleichtert.

Makaay leidet weiter

Der Coach hatte seine Ankündigung wahr gemacht und einigen leicht blessierten Stammkräften eine Schonpause verordnet. So erlebte Zé Roberto, der das Publikum noch beim Erfolg über Duisburg mit Hakenläufen und einem Hackentor verzückt hatte, den Anpfiff auf der Bank. Für ihn rückte Schweinsteiger auf die linke Bahn, während Karimi die rechte Seite besetzte anstelle von Deisler; Schweinsteigers Absenz in der üblichen Viererkette führte zu einem ungewohnten Dreierverbund, denen mit Jeremies und Demichelis gleich zwei Abräumer vorgelagert waren.

Die Bayern hatten zunächst sichtbar Probleme, diese Umstellungen in ihr Spiel einzusortieren, doch viele Chancen gestattete die neu formierte Deckung dem FC Erzgebirge nicht. Ein Volleyversuch des Tschechen Dostalek (12.) sowie ein Freistoß von Trehkopf (36.), der Kahn Mühe bereitete - mehr knifflige Aufgaben sollte die Gästeabwehr bis zur Halbzeit nicht zu überstehen haben.

Doch in der Offensive glückte den Bayern auch nicht viel, abgesehen von der schwungvollen Startphase. In diesen ersten Minuten hatte man den überragenden Innenverteidiger Lúcio ständig in den gegnerischen Strafraum stürmen sehen, bereits nach 200 Sekunden legte er dem Sorgenkind Roy Makaay einen recht simplen Torschuss auf. Doch der niederländische Stürmer, in der Liga seit mehr als 800 Minuten ohne Erfolgserlebnis, schaufelte den Ball mit einem seltsamen Außenristversuch hoch übers Tor. Sein anschließender Gesichtsausdruck ließ auf eine ernsthafte Herbstdepression schließen. Makaays Leiden geht weiter.

Die Erzgebirgler wiederum erholten sich von den ersten Schockmomenten und glichen fortan ihre technische Unterlegenheit mit Engagement aus. Der von 16.500 leidenschaftlich unterstützte Außenseiter beackerten vor allem im Mittelfeld jeden Meter, den Bayern fiel somit das filigrane Kombinieren immer schwerer.

Grandioser Irrtum

Einmal indes mussten die Auer passen, nach Sagnols Flankenball und Karimis Verlängerung köpfte Ballack präzise zum vermeintlichen Führungstreffer ein (37.). Doch das Schiedsrichtergespann um Spielleiter Gagelmann entschied auf Abseitsposition, womit die Herren leider einem grandiosen Irrtum aufgesessen waren. So entließ das sächsische Auditorium seine Helden zur Pause begeistert in die Kabine, denn das Nullnull ließ sie weiter auf die ersehnte Sensation hoffen.

Der Titelverteidiger kam allerdings mitnichten mit weichen Beinen zurück, er bemühte sich vielmehr um einen professionellen Auftritt. Man sah den Bayern an, wie sehr sie auf den erlösenden Führungstreffer aus waren, doch Ballack (50.) und Schweinsteiger (53.) mit seinem Fernschuss scheiterten. So lief die Zeit weiter für die tapfer schuftenden Zweitligaprofis, und nach einer Stunde steigerten sich die Gesänge des Publikums allmählich zu Phongewittern. Denn immer noch stand das Nullnull.

Magath reagierte, er schickte den vermutlich versiertesten Teilzeitarbeiter des Landes in die Spätschicht. Er brachte Scholl. Doch der letzte Pass mochte auch ihm nicht glücken, und so kontrollierten die Bayern dieses immerhin spannende Pokalduell zunehmend verkrampft. Immer wieder suchten sie Ballack mit hohen Bällen, doch Heller parierte seinen Kopfball vor der Linie (77.). Kurz darauf hob Scholl ab zum Seitfallzieher, ihm verwehrte der aufmerksame Keeper Bobel mit einer hübschen Parade das 1:0 (78.).

Aue indes konnte sich nun gar nicht mehr befreien, und so geschah, was geschehen musste: Wieder ein hoher Ball auf den Sachsen Ballack, erneut von Sagnol, und jetzt segelte die Kugel unhaltbar neben den Pfosten ins Netz (80.). Bayern hatte das Glück erzwungen und überstand auch die dezente Schlussoffensive der Auer. Manager Hoeneß monierte später zwar die "halbe Kraft", mit der einige seiner Leute aufgetreten seien. Doch die Stimmung war gerettet für die nächtliche Heimreise, sie erfolgte diesmal im Bus. Magath kannte die Strecke.

© SZ vom 27.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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