FC Bayern:Europa, wir kommen!

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Trotz des Doubles war die vergangene Saison für den deutschen Rekordmeister eine eher bescheidene: In Runde eins der Champions League war Schluss. Das soll in dieser Saison anders werden. Der Gewinn von Meisterschale und DFB-Pokal gehört ja eh' schon zum Pflichtprogramm. Von Thomas Becker

Kurze, schnelle Schritte sind gefragt. Einen Parcours mit vielen flachen Hürden hat der Co-Trainer aufgebaut: flott drüber, Boden gewinnen und flugs über die nächste.

See you. Mittelfeld-Mann Jens Jeremies. (Foto: Foto: dpa)

So sieht das im Training beim FC Bayern derzeit aus: einfache Sachen, nichts Spektakuläres. Das kommt dann schon noch. Kurz vor Saisonbeginn herrscht beim Meister eine unaufgeregte Stimmung.

Und das obwohl noch einiges im Unklaren ist, angefangen beim Personal (Stichworte: Makaay, Zickler, Demichelis, Kuffour, Deisler) bis hin zur wechselhaften Form in der Vorbereitung.

Egal, die Münchner sehen dem Bundesliga-Auftakt gelassen entgegen. Mehr als ein gemächlicher Aufgalopp sind die ersten Partien gegen Frankfurt, Hannover und Bochum wohl kaum. Spannend wird es Ende August, wenn die erste Runde der Champions League ausgelost wird.

Siebenmeilenstiefel

Spätestens dann ist es vorbei mit den kurzen Bundesliga-Trippelschrittchen, dann wird der FC Bayern wieder mit Siebenmeilenstiefeln Richtung europäische Spitze marschieren wollen.

Denn genau da wollen sie sich wieder sehen, da gehören sie hin, so das Glaubensbekenntnis des FC Ruhmreich. Meisterschale plus DFB-Pokal in der vergangenen Saison - okay, ganz nett, aber was wirklich zählt, ist der internationale Wettbewerb.

Von Hoeneß über Hitzfeld bis Rummenigge wurde keiner müde, das letzte Jahr schön zu reden. Doch das Aus in Runde eins der Champions League riss ein gewaltiges Loch ins Selbstverständnis der Sieggewohnten, ließ die Bayern fast trotzig die Bundesliga in nie gekannter Weise dominieren.

Pflichtbewusste Warnung

Im Jahr zwei der Ära Ballack gibt es nun keine Ausreden mehr: Der erneute Double-Gewinn scheint Pflicht, und auch europaweit soll wahrlich nicht nach Runde eins Schluss sein.

Bei den Bayern selbst sagt das natürlich niemand so laut, Kapitän Kahn warnt pflichtbewusst vor der Konkurrenz. Doch wie jedes Jahr klingt der Tenor der Bundesliga-Trainer auch vor der 41. Spielzeit gleich: 14 von 18 tippen auf den FC Bayern als Meister.

Es wird dauern, bis Hitzfeld seine Stammformation gefunden hat, und es wird bei Erfolg in der Champions League wieder heftiger rotiert werden als im vergleichsweise spielearmen Vorjahr. 27 Mann gehören zum Kader (auch Thorsten Fink), eine junge Truppe: Nur sechs Spieler sind älter als 31, dafür aber zwölf Jahrgang 80 und jünger, insgesamt neun spielten früher oder spielen noch heute in der Regionalliga-Mannschaft von Talenteschmid Hermann Gerland.

Die Neuen: Tobias Rau kam aus Wolfsburg, Martin Demichelis von River Plate Buenos Aires. Sie stehen nach dem letztjährigen Umbruch im Mittelfeld für den baldigen Generationswechsel in der Abwehr: Rau ist 21, Demichelis 22, Linke und Lizarazu werden im Dezember 34.

Trainingsrückstand

Beide gelten derzeit aber noch als erste Wahl, ebenso wie Sagnol, der allerdings wie Lizarazu erst vor wenigen Tagen aus dem Sonderurlaub kam. Demichelis, Ende Juni noch argentinischer Meister geworden, hat in der Vorbereitung erst eine Halbzeit gespielt.

Trainingsrückstand hat auch der lange Zeit verletzte Robert Kovac; den von Real Madrid umworbenen Kuffour zwickt es im Oberschenkel, er wird wohl fehlen gegen Frankfurt.

Im Mittelfeld wird es eng: Salihamidzic ist nach Kreuzbandriss wieder fit ebenso wie Scholl, der sehr ehrgeizig wirkt. Deisler: großes Fragezeichen. Das Knie scheint heil, die Schonzeit ist vorüber, die Forderungen der Chefetage klingen immer ungeduldiger.

Ballacks Kommandoton

Obwohl seit Sforzas Abschied niemand mehr die Nummer 10 getragen hat, gibt es einen unumstrittenen Chef: Michael Ballack, gerade erneut zum Fußballer des Jahres gewählt.

Auch im Training benimmt er sich so, wie das Hitzfeld von einem Führungsspieler erwartet: schreit, gestikuliert, brüllt auch schon mal einen Mannschaftskollegen an. Vor allem Neu-Bayer Tobias Rau machte schon mehrfach Bekanntschaft mit Ballacks phonstarkem Kommandoton.

Unsicher bis zum Anpfiff der Saison bleibt die Lage im Bayern-Sturm. Der avisierte Makaay-Transfer nimmt groteske Züge an, Ausgang total offen. Fest steht, dass Verstärkung nötig ist.

Nach Elber und Pizarro, im Vorjahr für 48 Bayern-Tore verantwortlich, kommt nicht mehr viel: Zickler fällt nach Schienbeinbruch ein halbes Jahr aus, der frisch verheiratete Roque "Baby Gol" Santa Cruz darf nach zahllosen Verletzungen derzeit nur traben.

Alternative Rummenigge

Und der letzte auf der Stürmerliste heißt Zvjezdan Misimovic, kann auf die Erfahrung von einem Bundesligaspiel zurückblicken, hat aber nach eigenen Angaben im Trainingslager zweimal das Wettschießen gegen Elber und Pizarro gewonnen.

Als Alternative drängt sich ansonsten nur noch Karl-Heinz Rummenigge auf: Beim 4:4 im Nostalgie-Derby gegen den TSV 1860 traf er zweimal und fluchte ausgiebig über jeden Ball, den er nicht bekam. Nur das mit den kurzen, schnellen Schritten ist nicht mehr so doll.

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