FC Bayern:Der Hakenschläger geht

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Mehmet Scholl will sich nach seiner Verletzung noch ein Mal zurück in die Mannschaft kämpfen. Ein letztes Mal.

Andreas Burkert

Schon vor knapp einem Jahr ist Uli Hoeneß eigentlich der Überzeugung gewesen, dass die Karriere von Mehmet Scholl unmittelbar vor dem Ende stehe. Im Januar 2006 beobachtete er beim Trainingslager des FC Bayern in Dubai, wie Trainer Felix Magath seine Profis Mann gegen Mann über den Platz sprinten ließ; aber nicht einfach nur so - sondern mit einem Medizinball unter dem Arm.

Nur Mehmet Scholl war befreit vom Zusatzgewicht, und dennoch hatte er seine liebe Mühe, mit dem jeweiligen Widersacher mitzuhalten. Nach überstandener Verletzung wollte sich Scholl damals langsam wieder an das körperliche Niveau eines Bundesligaprofis herankämpfen, doch besonders vielversprechend sah das bei ihm nicht aus.

Irgendwann gehe es eben einmal zu Ende, meinte Klubmanager Hoeneß, als er Scholl unter Dubais Sonne zusah; nach der Saison sei ganz sicherlich Schluss.

Elf Monate später gehört Scholl, seit Oktober 36 Jahre alt, immer noch dem Kader des FC Bayern an, im vergangenen Sommer hat er den Vertrag mit seinem Freund Hoeneß noch einmal per Handschlag verlängert. Und in drei Wochen brechen die Münchner wieder auf nach Dubai in ihr warmes Winterquartier, doch sollte Scholl überhaupt mitreisen trotz seines derzeitigen Muskelfaserrisses, so wird es diesmal definitiv sein allerletztes Trainingslager mit den Bayern sein. Denn nächsten Sommer wird er nun endgültig aufhören. Ganz sicher.

Besonderer Abschied

Das ist im Grunde keine aufregende Nachricht, denn niemand ist von einer erneuten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen; nicht einmal Scholl, der sich immer wieder nervende Blessuren zuzog und dann wochenlang aussetzen musste wie auch jetzt - und der trotzdem stets den Anschluss fand und das Publikum dann beglückte mit seiner Technik und Phantasie; und wenn es nur für ein Viertelstündchen war am Ende eines Spiels.

Doch nun naht eben doch unwiderruflich der Abschied des Mittelfeldspielers, der sein Adieu freilich nicht selbst bestätigte; Scholl spricht nicht sehr gern über sich, er ist seit einigen Jahren der Ansicht, sich rar machen zu müssen. Weil er eben nicht mehr sonderlich oft im Mittelpunkt stehe. Also hat Hoeneß die Nachricht überbracht und in Bild auch gleich angekündigt, dem mit 15 Spielzeiten dienstältesten Profi der Bayern einen besonderen Abschied bereiten zu wollen.

Nächsten August soll der Europameister von 1996 in München sein Abschiedsspiel erhalten, und zwar mit einem Match um den neu geschaffenen Beckenbauer-Pokal gegen den großen FC Barcelona. "Mit Scholl verliert der FC Bayern einen Spieler, dem unheimlich viele Sympathien entgegen gebracht werden", sagte Hoeneß. Scholl ist Hoeneß gestern nicht böse gewesen wegen der Indiskretion, überhaupt nicht.

Er freue sich auf die Zeit nach dem Sport, den er 17 Jahre als Beruf ausgeübt hat, sagte Scholl zufrieden. Dass sie ihm zu Ehren Barcas Heldentruppe um Ronaldinho einfliegen lassen, "das habe ich nicht gewusst". Er finde die Idee wunderbar, ergänzte Scholl, "denn das ist viel schöner, als gegen ein Allstar-Team zu spielen".

Verlassen wird die Bayern ihr Rekordmann, denn Scholl feierte diesen Mai seinen achten Meistertitel mit München und hängte damit die früheren Kollegen Augenthaler, Matthäus und Zickler (sieben) ab. "Noch immer mitspielen zu können, als einer der Ersten eingewechselt zu werden", sagte er im Mai auf dem Betzenberg (1:1) nach seinem 377. Ligaspiel, "das ist ein gutes Gefühl."

Auf immerhin 18 Einsätze (und drei Tore) war er 05/06 gekommen, und bisweilen ignorierte der Hakenschläger derart brillant sein Alter, dass Scholl zwischenzeitlich sogar als Joker für Klinsmanns WM-Kader diskutiert wurde. Eine verwegene Schwärmerei ist das gewesen, Scholl wusste das. Diese Saison kam er bislang kaum zum Zug, nur sechs Kurzeinsätze sind für ihn notiert, und der mit insgesamt zwei Monaten Pause verbundene Muskelriss legte nun Scholls vorzeitiges Karriere-Ende nahe. Doch daran denke er nicht, hat der frühere Karlsruher gleich wissen lassen.

Mehmet Scholl will noch ein Mal zurückkehren. Ein letztes Mal.

Was danach kommt, wisse er nicht, sagt er. Aber er hat ja Hoeneß. "Berater" und "Wegbegleiter" könne Scholl werden, zudem in der Jugendabteilung mitarbeiten, "und vielleicht wird er diesen sogar im Vorstand vertreten". Scholl fühlt sich "geehrt von dieser Idee", er will alles auf sich zukommen lassen. "Ich muss nicht mehr spielen, und das ist eigentlich ein gutes Gefühl", hat er im Mai in Kaiserslautern gesagt. Man nahm ihm das damals wirklich ab.

© SZ vom 13.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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