Familie Neureuther und der Gudiberg:Da hüpft das Herz

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Familie Neureuther fährt am Sonntag zum ersten Mal ein Weltcuprennen auf diesem Berg, der Papa kann ihm wichtige Tipps geben.

Fast eine Familienangelegenheit'', sagt der Sohn. ,,Fast ein Klassiker'' sagt der Vater. Sie reden vom Gudiberg, dem Partenkirchener Slalomhang. Fast eine Familienangelegenheit: Weil der Sohn am Sonntag zum ersten Mal ein Weltcuprennen auf diesem Berg fährt, der Vater ihm diesbezüglich hingegen eine Menge voraus hat. Christian Neureuther, 57, kam dort 1974 zu einem seiner sechs Weltcupsiege, trat am Gudiberg zur WM 1978 an und bestritt an gleicher Stelle 1981 auch sein letztes Rennen. Felix Neureuther ist die Rampe neben der Olympiasprungschanze zwar schon oft runtergefahren, aber noch nie in einem Elitewettbewerb. Das war auch nicht möglich, weil der Berg seit Jahren keine Weltcup-Rennstrecke mehr war, sondern Trainingsberg des Olympiastützpunkts. Zum letzten Mal fuhren dort die Frauen 2001, die Männer stellten sich seit 1995 in Partenkirchen nicht mehr vor.

Felix Neureuther: auf der Hausstrecke ein gutes Ergebnis erzielen. (Foto: Foto:)

Fast ein Klassiker: Steil, doch nicht so steil wie in Adelboden; gegliedert, aber ohne massive Geländeübergänge wie in Wengen oder Kitzbühel. Eine der schwierigeren Torlaufstrecken aber schon, sagt der Senior, wichtiger sei ohnedies: ,,Hänge brauchen eine Tradition, und die hat der Gudiberg. Dieser Hang hat so viel gesehen, von den Olympiafahrten von Christl Cranz und Franz Pfnür bis zum Weltcup. Der Gudiberg ist ein Markenzeichen, für die Zuschauer genial einzusehen, von oben bis ins Ziel. Wenn man am Start steht und schaut ins Land hinaus, da hüpft einem das Herz in der Brust.

Vor allem als Einheimischem.'' Wie ihm und dem Junior, der sich immer wünschte, ,,dass hier wieder Slalom gefahren wird. Als bekannt wurde, dass es in diesem Winter passiert, war die Freude riesig. Seit einem dreiviertel Jahr fiebere ich drauf hin. Auf diesem Hang kenne ich jeden Grashalm. Wenn man daheim fahren kann, ist das etwas besonderes''. Der Vater setzt noch einen drauf aus der Erinnerung: ,,Zu Hause ein Rennen gewinnen, auf diesem Hang - das ist einfach das Schönste.'' Felix Neureuther hat von diesem Ereignis nicht viel parat, kennt vom Video nur Vaters legendären Sieg in Kitzbühel 1979, kein Rennen von ihm am Gudiberg. ,,Live ging sowieso nicht - da war ich noch ganz weit weg.'' Drei Jahre, mindestens: Er wurde 1984 geboren, der Senior fuhr sein letztes Rennen 1981 und könne sich schwach dran erinnern, behauptet er.

,,Ich hatte aufgehört und festgestellt, dass aufhören ganz schlecht ist.'' Der Sohn hat weitere Informationen: ,,Der Skiverband wollte den Papa nicht mehr aufstellen - dabei war er bei weitem noch der Beste.'' Jedenfalls beschaffte sich Christian Neureuther für die Abschiedsvorstellung am 11. Januar 1981 eine Startgenehmigung, befreite in der Nacht zuvor die Ski vom Rost, montierte Skibremsen, die inzwischen Vorschrift geworden waren, und musste sich nur geschlagen geben den Herren Steve Mahre, Popangelov, Paul Frommelt, Krizaj und Gros. Danach konnte er getrost aufhören, hatte auch das Alter dafür mit 33.

,,Vielleicht ist es einfach eine Frage der Reife'', sagt er und meint damit den Sohn, der zum ersten mal ein Weltcuprennen auf dem Heim-Berg fahren darf. ,,Es ist ein sehr anspruchvoller Hang'', erklärt Felix Neureuther. ,,Viel schwieriger als bei der WM in Are.'' Auf jenem war er am vorigen Wochenende sowohl im Einzel wie auch im Teamwettbewerb ausgeschieden und sagte anschließend: ,,Der eigentliche Saisonhöhepunkt findet sowieso erst nächsten Sonntag statt.'' Typisch Felix, meint der Vater dazu: ,,Gottseidank hat er diese Art, dadurch kann er mit so was besser umgehen. Natürlich hätte er sich die Medaille holen können, es kann aber auch alles passieren.'' Ihm, dem Vater, ist so was selbst oft passiert. Sonst sei alles ganz anders gewesen, findet er: ,,Der Slalom ist eine komplett neue Disziplin. Meine Ski damals waren 2,07 Meter lang - heute fahren sie 1,65 und Radien, von denen konnten wir nur träumen. Es ist kaum noch was verwandt.'' Außer der Partenkirchner Slalomsippe der Neureuthers. Nur die Mutter, die aus Reit im Winkl rüber kam, ist nicht in der Chronik des Gudibergs verewigt.

Ein Fehler, protestiert Rosi, geborene Mittermaier: ,,Selbstverständlich fuhr ich hier einen Weltcup'', das war 1975 und prägte sich deshalb ein, weil die 14-jährige Regine Mösenlechner Siebte wurde. Rosi Mittermaier schied aus. Ein Jahr später wurde sie Doppel-Olympiasiegerin. Danach begann die Familienangelegenheit.

© SZ vom 23.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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