Eishockey Playoffs:Schießen, einfach schießen

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Don Jackson notiert. Seinen Spielern ditkierte er: Schießt drauf. (Foto: Tobias Hase/dpa)

München fehlt gegen Augsburg noch ein Sieg zum Finaleinzug. Der Erfolg basiert auf einer simplen Taktik.

Von Christian Bernhard

Es ist nicht auszuschließen, dass Don Jackson in den vergangenen zehn Tagen mehrfach jenen Mann zitiert hat, der jedem Eishockey-Interessierten ein Begriff ist: Wayne Gretzky. Der Kanadier - Spitzname "The Great One" - gilt als der größte Spieler, der jemals mit einem Schläger auf dem Eis unterwegs war. Seine Trikotnummer 99 ist ein heiliger Eishockey-Gral. Jackson weiß ganz besonders um Gretzkys Magie. Der heutige Trainer des EHC Red Bull München hatte die Ehre, zu seinen aktiven Zeiten mit Gretzky zusammen zu spielen - und zu feiern: Gemeinsam gewannen sie im Trikot der Edmonton Oilers den Stanley Cup. Gretzkys Satz, der direkt in das weltweite Eishockey-Vokabular eingegangen ist, lautet: "100 Prozent der Schüsse, die du nicht abgibst, verfehlen ihr Ziel."

Jacksons Spieler nehmen sich diesen Satz, der zugleich eine Aufforderung ist, in der Playoff-Halbfinalserie gegen die Augsburger Panther besonders zu Herzen. Sie schießen und schießen und schießen und sorgen damit dafür, dass Augsburgs Torhüter Olivier Roy niemals langweilig wird. Ganz besonders konsequent hält sich Derek Joslin an diese Strategie. Der Kanadier ist zwar Verteidiger, doch das hat in Jacksons variablem und von ständigen Positionswechseln lebenden System wenig zu sagen: In München kommen auch die Abwehrspieler regelmäßig zum Abschluss. So präzise wie Joslin, gelang das zuletzt keinem. Der 32-Jährige erzielte beim Münchner 2:1-Auswärtssieg am Mittwoch beide Treffer, und gab am Freitagabend jenen Schuss ab, den Trevor Parkes mit der Hose entscheidend abfälschte. Das Tor in Minute 35 reichte dem Titelverteidiger der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zum 1:0-Erfolg, wodurch er in der Best-of-seven-Serie 3:2 in Führung zu gehen. Am Sonntag kann der EHC in Augsburg (14 Uhr) den vierten Final-Einzug in Folge schaffen.

Münchens Nationalspieler Frank Mauer, der am Freitag seinen 31. Geburtstag feierte, war "erleichtert" über den knappen Sieg. Sein Team könne froh sein, "dass wir heute mit so einem schmutzigen Tor gewonnen haben", sagte er. Der Angreifer unterstrich das, was sich schon in den vorherigen vier Partien gezeigt hatte: "Man könnte alle fünf Spiele übereinanderlegen", sagte er, "die nehmen sich alle nicht viel." Das Derby war wieder, wie auch die ganze Serie, sehr eng - und endete zum fünften Mal mit nur einem Tor Unterschied. Das hat viel damit zu tun, dass sich beide Mannschaften auf die Abwehrarbeit konzentrieren. "Die Augsburger spielen sehr diszipliniert, machen kaum Fehler und lassen wenig Chancen zu", erklärte Mauer - und erwähnte auch gleich die Vorzüge der eigenen Defensive: "Wir sind auch nah am Mann, arbeiten auch gut zurück und haben Danny, wenn es mal brennt."

Nach zwei dominanten Dritteln, in denen die Gäste aufgrund der aggressiven Münchner Spielweise am Freitag nur zu acht Torschüssen kamen, wurde es im Schlussdrittel mehrfach vor Münchens Nationaltorhüter Danny aus den Birken gefährlich. Die Augsburger entwickelten großen Druck und drängten den EHC oft in dessen Drittel. Doch das Münchner Bollwerk, zu dem auch Joslin seinen Beitrag leistete, hielt stand. Bei den zwei Augsburger Siegen war es jeweils die Abwehr um Panther-Torhüter Roy gewesen, die Jacksons Team an den Rand der Verzweiflung gebracht hatte.

"Das war unser Eishockey, wir haben nur in eine Richtung gespielt", betonte Augsburgs Trainer Mike Stewart mit Blick auf die letzten 20 Minuten. "An dieses Drittel müssen wir am Sonntag anknüpfen." Mauer ärgerte sich über die Passivität seiner Mannschaft. Er wisse selbst nicht, "was da passiert ist", sagte er, das passe "eigentlich nicht zu uns". Das dürfte auch Dominik Kahun so gesehen haben. Der Nationalspieler, der Teil der vergangenen drei Münchner Meister-Mannschaften war, war nach seiner ersten NHL-Saison bei den Chicago Blackhawks in der ausverkauften Münchner Olympia-Eishalle zu Gast und wurde vom Heimpublikum bejubelt, als er auf dem Videowürfel eingeblendet wurde. Kahuns Übersicht und Gedankenschnelligkeit würden dem EHC gegen die aufopferungsvoll agierenden Augsburger definitiv helfen. Weil diese fehlt, müssen die Münchner einfachere Mittel anwenden: Sie schießen und schießen und schießen.

© SZ vom 14.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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