Düsseldorf wählt Calmund:Zurück in der Bütt

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Reiner Calmund eilt zu Hilfe: Mit dessen gewichtiger Persönlichkeit soll Fortuna Düsseldorf heimkehren in die Branchenelite.

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Um 19.15 Uhr am Montag erobert Reiner Calmund die Bühne in der Aula der Heinrich-Heine-Gesamtschule. Die Hauptversammlung des Fußball-Regionalligisten Fortuna Düsseldorf ist gerade erst ein paar Minuten alt, aber Calmund, 57, drängt es jetzt nach vorne.

Reiner Calmund ist wieder in Düsseldorf. (Foto: Foto: dpa)

"Isch will keine Extrawurst jebraten bekommen", sagt er betont rheinisch, "aber et is doch wegen Egidius." Calmund muss nach Aachen zur Benefizgala des DFB-Ehrenpräsidenten Egidius Braun.

Vorher aber rüttelt Calmund 453 Mitglieder der Fortuna noch mit einer kabarettistisch geprägten Brandrede wach.

Er spricht mit bebendem Körper und schüttelnden Fäusten von Konsolidierung und Kommerzialisierung, er streut hier und da eine Pointe ein und drei Stunden später wird er in Abwesenheit in den Aufsichtsrat gewählt.

Dabei hatte er sie noch gewarnt: "Ich bin im Aufsichtsrat nicht für den sportlichen Erfolg verantwortlich!" Den jubelnden Fortunen war das egal. Mit Reiner Calmunds gewichtiger Persönlichkeit soll Düsseldorf heimkehren in die Branchenelite.

Calmund ist die neue Galionsfigur auf einem brüchigen Schiff. Düsseldorf treibt hilflos im weiten Fußballozean. Nicht einmal Weltmeister Thomas Berthold hat den Kurs als Manager korrigieren können. Er wurde entlassen und streitet vor Gericht ums Geld. Um Letzteres geht es auch Calmund, aber nicht für sich.

"Ohne Moos nix los!" trompetet er in die Aula und erntet Applaus, als er die anwesenden Vertreter Düsseldorfer Großkonzerne unmissverständlich zur finanziellen Unterstützung auffordert ("Los, Junge, mach' das Portemonnaie auf!").

Neben fußballerischem Glanz mangelt es dem abstiegsbedrohten und mit 3,1 Millionen Euro verschuldeten Regionalligisten vor allem am Monetären. Nicht einmal der laufende Etat ist gedeckt, eine Million Euro fehlt noch zur Sicherung der Liquidität.

Da halfen bislang weder die Beheimatung in einer solventen Stadt noch der bekannte Vereinsname. "Was nützt ein toller Rennwagen, wenn nur ein Goggomobil-Motor drin steckt?", kalauert Calmund und ruft die Wiedererweckung der Fortuna im neuen Fußballtempel LTU-Arena aus.

Das ist er seinem Freund Jürgen Marbach schuldig. Der Chef der Ferienfluggesellschaft wird später ebenfalls in den Aufsichtsrat gewählt und hat den zweifelnden Calmund erst in letzter Minute zur Kandidatur überredet.

"Die Kosten für die Arena", sagt Calmund, "die sind Wahnsinn!" Die Stadt Düsseldorf droht darin zu ertrinken. Aber Calmund eilt zu Hilfe. "Denn die Düsseldorfer", sagt er begeistert, "die sind noch fußballbekloppter als vor zehn Jahren."

© SZ vom 27.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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