Dritte Fußball-Liga:Nächtliche Signatur

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Plötzlich wieder im Gespräch als „uneingeschränkt nutzbare Hauptspielstätte“: die Wacker-Arena in Burghausen. (Foto: Micha Will/Bongarts/Getty Images)

Der FC Schweinfurt protestiert beim DFB gegen die Drittliga-Lizenz für Türkgücü.

Von Christoph Leischwitz

Zwei Wochen liegt das Zulassungsverfahren für die dritte Liga schon zurück, doch jetzt ist zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und dem Fußball-Regionalligisten 1. FC Schweinfurt 05 ein heftiger Streit entbrannt. Türkgücü München hatte die Zulassung erteilt bekommen. Die Saison war am 23. Spieltag unterbrochen worden, die Münchner führten damals die Tabelle mit neun Punkten Vorsprung an. Die Schweinfurter wären als Tabellenzweiter Nachrücker in die dritte Liga, sofern die Münchner nicht aufsteigen würden. Schweinfurts Geschäftsführer Markus Wolf schickte nun Anfang der Woche einen offenen Brief an den DFB, in dem er sich "sehr verwundert" über die Lizenz für Türkgücü zeigte.

Die Münchner wollen ihre Heimspiele in München austragen, teils im Grünwalder Stadion, teils im Olympiastadion. Beide Stadien sind jedoch nur eingeschränkt nutzbar, weil in Giesing bekanntlich schon 1860 und der FC Bayern II spielen und im Olympiastadion in der Sommersaison lukrative Großkonzerte veranstaltet werden. Daher wendete sich Türkgücü-Geschäftsführer Max Kothny an mehrere bayerische Vereine, unter anderem an die Würzburger Kickers. Diese genehmigten Türkgücü, ihre Arena als die uneingeschränkt nutzbare Heimspielstätte anzugeben, die im Zulassungsverfahren gefordert ist.

Die Stadt Würzburg habe in einer Pressemitteilung allerdings zu erkennen gegeben, dass sie "lediglich von einem Ausweichstadion" ausgehe, schrieb Wolf. Und im Rathaus nehme man zudem an, dass am Dallenberg kein einziges Spiel stattfinden werde. Er forderte daher "den DFB dazu auf, sich eine uneingeschränkte Stadionnutzung der Stadt Würzburg schriftlich einzuholen" - und einen Einblick in die entsprechenden Dokumente. Der DFB äußerte sich dazu nicht, er entgegnete aber: "Dem aufgeworfenen Vorwurf mangelnder Transparenz können wir nicht folgen. Es sollte nachvollziehbar sein, dass der DFB grundsätzlich keine Unterlagen offenlegt, die ihm von den Vereinen im Rahmen des Zulassungsverfahrens anvertraut werden und vertrauliche Daten enthalten - und nicht zuletzt auch den Datenschutz tangieren."

Türkgücü habe Würzburg "sowie noch die Wacker-Arena in Burghausen als uneingeschränkt verfügbare, weitere Spielstätten benannt", erklärte der Verband. Dies sei "fristgerecht im Rahmen des Zulassungsverfahrens" geschehen. Die Verwirrung wurde durch diese Passage nicht geringer: Burghausens Bürgermeister Florian Schneider erklärte am Dienstag in der Passauer Neuen Presse, die Stadt habe mit Türkgücü zwar Gespräche geführt, ein Vertrag sei aber nicht unterschrieben worden. Türkgücü-Geschäftsführer Kothny berichtete der SZ am Mittwoch: "Der Mietvertrag mit Burghausen wurde gestern Nacht unterzeichnet."

So geht es formal also einerseits darum, ob es sich bei der Würzburger Arena tatsächlich um die geforderte uneingeschränkt nutzbare Heimspielstätte handelt - oder um ein "Strohmannstadion", wie Wolf es formulierte. Kothny erklärte in der Abendzeitung, es handele sich nicht um ein städtisches Stadion; aus Kothnys Sicht habe die Kommune daher "gar kein Mitspracherecht". Andererseits geht es seit Dienstagnacht auch um die Frage, was mit der deutlich verspäteten Burghauser Unterschrift anzufangen ist. Kothny hatte stets angestrebt, sich so viele Optionen wie möglich offen zu lassen. Das könnte sich nun auszahlen.

Der Türkgücü-Geschäftsführer erklärte, er finde es "nicht fair, dem sportlich Überlegenen das Messer in den Rücken zu rammen". Wolf entgegnete am Mittwoch gegenüber der SZ, er erkenne angesichts der abgebrochenen Saison keine sportliche Entscheidung: "Wir hatten noch elf Spieltage, und noch ein direktes Duell bei Türkgücü." Das Ansinnen der Schweinfurter, den Aufstieg mittels eines Auswärts-Entscheidungsspiels im Grünwalder Stadion zu entscheiden, sei abgelehnt worden, und außerdem: "Wäre Corona am 2. Oktober gewesen, wären wir Erster gewesen." Das eine habe mit dem anderen aber ohnehin nichts zu tun, findet Wolf: "Ich möchte, dass alle Klubs gleich behandelt werden. Rödinghausen aus der Regionalliga West hat zum Beispiel gar keinen Drittliga-Antrag gestellt, weil sie wussten, dass sie die Auflagen nicht erfüllen können."

Der DFB-Spielausschuss muss in den kommenden Tagen noch "die sportlich erbrachte Qualifikation der Bewerber prüfen", der Verband betonte in seiner Stellungnahme allerdings schon einmal: "Es handelt sich dabei um einen formellen Vorgang."

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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