Dortmund:Paco wie einst Aubameyang

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Der Zugang behauptet sich sofort im übervollen BVB-Kader. Das Problem indes bleibt das gleiche: Nur elf dürfen spielen. Schon am Dienstag in der Champions League hat Trainer Favre wieder die Qual der Wahl.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Mario Götze verließ das Stadion mit einem Becher in der Hand und saugte lässig an einem Strohhalm. Das könnte ein Sellerie-Smoothie gewesen sein oder etwas ähnlich Gesundes. Götze arbeitet gewissenhaft an seinem Comeback, auch wenn er beim Sieg gegen Eintracht Frankfurt wieder nicht hat mitspielen dürfen. Der neue spanische Mittelstürmer Paco Alcácer, der erstmals eingewechselt wurde, sogleich das zweite Tor eingeleitet und das dritte selbst erzielt hatte, verließ das Stadion zwar ohne Smoothie, aber dafür mit leicht unrundem Gang. Er hatte sich eine Zerrung im Oberschenkel zugezogen und droht für das Champions-League-Spiel am kommenden Dienstag in Brügge auszufallen. "Ach, Brügge", schwärmte derweil der Mittelfeldspieler Axel Witsel mit seiner sanften Stimme, mit der man ihn im Nachtprogramm gerne Mannschaftsaufstellungen vorlesen hören würde. Der Ausflug in seine Heimat Belgien elektrisiert den Ballkünstler.

Wer diesmal in der Startelf fehlte? Zum Beispiel Götze, Sancho, Kagawa, Weigl, Rode

Die Dortmunder Sammlung an fußballerischen Virtuosen wird immer länger. Nun gehört also auch noch Francisco "Paco" Alcácer zum Ensemble, ein 25 Jahre junger Torjäger, der beim FC Barcelona nicht am Stammstürmer Luis Suárez vorbeigekommen ist und verliehen werden musste, damit der Verein die ihm verordnete saisonale Gehaltsgrenze von 633 Millionen Euro nicht überschreitet. Nächsten Sommer kann Dortmund den Spieler für etwa 25 Millionen Euro fest verpflichten, was man vermutlich auch tun wird, wenn Alcácer seine Quote weiter pflegt. Das erste Tor schoss er 21 Minuten nach seiner Einwechslung. Der erste Treffer gleich mit dem ersten Torschuss gelang einst auch schwarz-gelben Vereinslegenden wie Márcio Amoroso und Pierre-Emerick Aubameyang.

Der Zentrumsstürmer Alcácer inmitten der juvenilen Flügelspieler Jadon Sancho und Christian Pulisic könnte zu einer spektakulären Sehenswürdigkeit der Bundesliga werden. Fraglich dabei wäre die Besetzung des Mittelfeldzentrums, in dem Marco Reus in der neuen Saison bislang weder beim BVB noch im Nationalteam überzeugt hat. Hier könnte eine Option für Götze entstehen, der dem Trainer Favre aber bislang zu wenig athletisch und zu wenig engagiert ist.

Nur 21 Minuten nach der Einwechslung schon erfolgreich: Dortmunds Francisco „Paco“ Alcácer. (Foto: Martin Meissner/AP)

Ein Balance-Akt wird überdies die Austarierung von Sicherheit und Risiko, denn gegen Frankfurt wirkten die Dortmunder leicht gehemmt beim Wagnis, mit hohem Tempo riskant in die Spitzen zu spielen und zu laufen. Hier könnten schlechte Erinnerungen an die Zeit unter dem Niederländer Peter Bosz nachwirken, als man von Mannschaften wie Apoel Nikosia, Hannover 96 und Schalke 04 schmerzhaft ausgekontert wurde. Favre monierte nach dem 3:1 gegen Frankfurt, man habe nicht mit genug Risiko nach vorne gespielt, aber auch dies sei wie vieles eine Frage der Zeit.

Besonderen Spaß hat die Branche zurzeit, darüber zu flachsen, wer beim BVB alles nicht mitspielt. Das waren abseits der Startelf diesmal Götze, Sancho oder Alcácer sowie abseits der Ersatzbank sogar Shinji Kagawa, Julian Weigl oder Sebastian Rode. "Bei uns könnten 18 Spieler jederzeit von Anfang an spielen", sagt der Sportdirektor Michael Zorc mit einem Anflug von Stolz in der Stimme, dabei ist man Spieler wie Rode, Kagawa oder Jeremy Toljan schlichtweg nicht losgeworden. "Alle sind bereit", sagt Zorc, "aber wir können nur elf aufstellen."

Mit dieser Herausforderung führt der Trainer Favre seinen Kader nun nach Brügge, wo am Dienstag um 21 Uhr Dortmunds erstes Spiel der Champions-League-Saison angepfiffen wird. Zorc erwartet "ein heißes Spiel durch ein enges Stadion mit viel Enthusiasmus", aber der betriebseigene Belgien-Experte Witsel konnte ihn diesbezüglich bereits wieder beruhigen. "Die Atmosphäre ist schon gut dort im Stadion", sagt er, "aber es ist nicht annähernd so ekstatisch wie bei uns in Dortmund." Man müsse die Stärke des belgischen Meisters Brügge zwar respektieren, sagte Witsel, er meinte aber auch selbstbewusst: "Mit unserer Qualität müssen wir dort einfach gewinnen."

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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