Dopingskandal:Spuren nach Deutschland

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Der Skandal um den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes hat die Radsportszene erschüttert. Offenbar sind auch Deutsche an dem Betrugsnetz beteiligt.

Laut der Zeitung El País ist es der spanischen Polizei durch den Austausch von Informationen mit der Staatsanwaltschaft in Bonn gelungen, "einen Arzt eines öffentlichen Krankenhauses in einer deutschen Kleinstadt zu identifizieren", der die Gruppe von Dopingarzt Fuentes sowie offenbar angeschlossenen Betrugszentren in Europa mit einschlägigen Mitteln versorgt haben soll.

Der spanische Dopingarzt Eufemiano Fuentes (Foto: Foto: AP)

Der Renner in der Produktpalette dieses Korrespondenten sei ein "nicht nachweisbares Epo" gewesen. Spanischen Ermittlern zufolge hätten sich insgesamt vier Dopingzellen in Europa in "einer Art Franchise"-Vereinbarung darüber verständigt, exklusiv über dieses Produkt zu verfügen.

Ungeklärt ist weiterhin, wer der deutsche Mitarbeiter in diesem Dopernetz sein soll, Namen und Arbeitsplatz werden von den spanischen Behörden unter Verschluss gehalten. Der Bonner Oberstaatsanwalt Fred Apostel dementierte am Montag diesbezügliche Kontakte mit den spanischen Behörden. Allerdings prüfen die Bonner derzeit selbst auf die Strafanzeige einer Strafrechtsexpertin hin ein Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Fuentes-Kunden Jan Ullrich und Mentor Rudy Pevenage.

Deutsche Arzneimittel in spanischen Kliniken

Fakt ist, dass es auffallend viele Kontakte zwischen deutscher und spanischer Dopingszene gibt. So hatte zum Beispiel der im Umfeld von Fuentes angesiedelte Madrider Arzt Miguel Peraita einschlägigen Mailverkehr mit dem mittlerweile verurteilten Sprint-Trainer Thomas Springstein unterhalten. Auf seiner Website warb Peraita noch Anfang dieses Jahres mit seinen Betreuerleistungen für viele Olympiasieger und Weltmeister - nach einer Anfrage der SZ wurde die Website plötzlich binnen Stunden gelöscht.

Auch die deutsche Hochspringerin Amewu Mensah hatte 2001 die bei ihr gefundene Dopingsubstanz über den Kreis um Doktor Peraita in Madrid erhalten. Und bei den Razzien in Zusammenhang mit der Fuentes-Festnahme waren deutsche Arzneimittel aus Klinikbeständen konfisziert worden. Fuentes' hohe Wertschätzung für den mutmaßlichen Deutschland-Statthalter zeigt schließlich ein nach seiner Verhaftung abgehörtes Telefongespräch, in dem der Dopingarzt seinen Kundenkreis beruhigte oder über einen Mitarbeiter beruhigen ließ: So lange das Zentrum in Madrid geschlossen sei, werde die Versorgung in Deutschland aufrecht erhalten. Womöglich durch den selben mysteriösen Korrespondenten.

Landis war offenbar bei einem deutschen Arzt

Insofern ist die Existenz eines deutschen Mitarbeiters in diesem Doper-Ring äußerst naheliegend. In spanischen Medien war davon erstmals vor gut zwei Wochen die Rede. Da berichtete das Magazin Interviú, dass ein deutscher Arzt über seine Tätigkeit in einem deutschen Spital an verbotene Produkte gelangt und sie an Ignacio Labarta versandt habe, den früheren Sportchef des Radsport-Teams Comunitat Valenciana, der ebenfalls bei der Puerto-Razzia verhaftet worden war.

Laut Interviú wurden die Daten der Person zwecks Befragung an deutsche Stellen übermittelt. Dies ist nicht die einzige Frage, die Spaniens Ermittler umtreibt: Der mysteriöse Arzt könnte derselbe sein, den Floyd Landis in Deutschland besucht haben soll, nachdem er am Mittwoch aus Holland verschwunden war - just als publik wurde, dass es bei der Tour einen Dopingfall gegeben hatte. Laut El País berichteten Kameraden aus seinem Phonak-Team, Landis habe einen Arzt in Deutschland aufgesucht.

© SZ vom 1.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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