Die Oberstdorfer Schanze:Sensible Dame

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Die Oberstdorfer Schanze wurde eigens für die WM renoviert. Heim-Springer Georg Späth weiß genau, wie er sich an ihr verhalten muss - ohne aber zu wissen, ob es tatsächlich funktioniert.

Von Thomas Hahn

Jeder Sprung steht für sich selbst, und deswegen nützt es Georg Späth auch nicht unbedingt etwas, dass die Schanze am Schattenberg nicht nur der Ort ist, an dem er eine WM-Medaille gewinnen will, sondern auch sein Trainingsdomizil. Denn Späth ist Oberstdorfer wie sie, weshalb er sehr genau weiß, wie er sich bei ihr zu verhalten hat.

Heim-Springer Georg Späth kennt die Tücken der Schanze. (Foto: Foto: dpa)

Allerdings ohne sicher sein zu können, dass es funktioniert. Denn diese Schanze ist eine sehr moderne und selbstbewusste Dame, die eigens für die WM renoviert wurde und in ihrer fast manischen Sensibilität selbst kleinste Fehler böse bestraft.

Späth gleitet also vom Startbalken in die Spur und kann nun erst einmal die modernen Züge des Bauwerks genießen. Der steile Anlauf, der die Springer einst mit hohem Tempo in die Senke vor dem Schanzentisch drückte, ist entschärft seit der Erneuerung, und nun schwärmt Späth: "Der Radius ist schön harmonisch, es gibt keinen Knick." Eine ruhige Fahrt hat er also bis zum Absprung, bei dem sich aber die Tücken des Bakkens zeigen.

Denn der Aufsprunghang ist flach und das bedeutet: Wer nach dem Schanzentisch nicht ideal in der Luft steht, hat ganz schnell Boden unter den Füßen. "Man darf nicht zu sehr in den Hang reindrücken oder zu aufrecht sein, man muss genau das Mittelding finden", sagt Späth. "Man kann nicht nur nach vorne rausspringen, man muss schon mit Köpfchen und Gefühl rangehen."

Nach dem Absprung entscheidet der Wind mit, ob es ein guter Tag wird. Die Flugkurve ist hoch, da können die Böen leichter angreifen. Aber wem die Winde günstig sind und wer den Absprung richtig gesetzt hat, dem muss die Fliegerei hier gut gefallen. Weit kann es dann gehen, und weil die steile Flugkurve sich sanft an den Zielhang schmiegt, setzt sie den Springer beim Aufsetzen nicht einmal besonders großen Kräften aus.

"Der Landedruck ist ziemlich gering", sagt Georg Späth. Das mag der Springer, es nützt ihm allerdings gar nichts, wenn er die Probleme weiter oben nicht akkurat bearbeitet hat. "Es ist eine schwierige Schanze", sagt Georg Späth. Die Ergebnisse auf der Anzeigetafel werden erweisen, ob er sie bändigen konnte.

© Süddeutsche Zeitung vom 16.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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